So haben Ärzte-Verbände die Hilfe organisiert: Unbürokratische Versorgung von Kriegsflüchtlingen

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

8. März 2022

Der Überfall auf die Ukraine hat in der Ärzteschaft Entsetzen ausgelöst: „Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine macht uns alle fassungslos. Wir können nur erahnen, welches Leid die Menschen in der Ukraine in diesen Tagen durchleben müssen“, sagt Dr. Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes.

 
Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine macht uns alle fassungslos. Dr. Ulrich Weigeldt
 

„Dieser Angriffskrieg ist durch nichts zu rechtfertigen und stürzt Millionen unschuldige Menschen in unvorstellbares Leid“, schreiben der Deutsche Hausärzteverband und seine 18 Landesverbände in einer Stellungnahme.

 
Die Menschen in der Ukraine und die Flüchtlinge brauchen unsere Unterstützung. Für die medizinische Versorgung sind aktuell Geldspenden … besonders wichtig. Marburger Bund
 

„Die Menschen in der Ukraine und die Flüchtlinge brauchen unsere Unterstützung. Für die medizinische Versorgung sind aktuell Geldspenden an große Hilfsorganisationen wie das Deutsche Medikamenten-Hilfswerk action medeor und Ärzte ohne Grenzen besonders wichtig“, teilt der Marburger Bund mit. Benötigt würden schnell zusätzliche Mittel für Verbandsmaterialien, medizinisches Equipment und technische Ausrüstung. Es besteht ein großer Bedarf an Medikamenten, chirurgischem Material sowie notfallmedizinischen Geräten.

KBV sagt unbürokratische Versorgung von Kriegsflüchtlingen zu

Ärztinnen und Ärzte haben eine umfassende Versorgung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Deutschland zugesagt. Die niedergelassenen Mediziner wollen den Geflüchteten mit der gesamten Struktur des kassenärztlichen Systems zur Verfügung stehen, teilt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in einer Resolution mit.

Die Betroffenen sollen mit der gesamten vertragsärztlichen und vertragspsychotherapeutischen Kompetenz bestmöglich und unbürokratisch versorgt werden. KBV und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) bieten der Bundesregierung an, sie in jeder möglichen Hinsicht zu unterstützen. Man bitte um entsprechende Hinweise und Kontaktaufnahme, „damit auch die Niedergelassenen in Deutschland ihren Beitrag zur Linderung der Not der betroffenen Menschen aus der Ukraine leisten können.“

In einer gemeinsamen Stellungnahme hatten die Bundesärztekammer (BÄK) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) den verbrecherischen Angriffskrieg verurteilt. „Die massiven Angriffe zerstören die medizinische Gesundheitsversorgung in den betroffenen Gebieten und gefährden die Gesundheit und das Leben auch der nicht unmittelbar von den Kämpfen betroffenen Bevölkerung. Die Bombardierung von Krankenhäusern ist ein weiterer Beleg für das rücksichtslose und menschenverachtende Vorgehen auch gegen die Zivilbevölkerung.“

 
Die Bombardierung von Krankenhäusern ist ein weiterer Beleg für das rücksichtslose und menschenverachtende Vorgehen auch gegen die Zivilbevölkerung. Bundesärztekammer und Deutsche Krankenhausgesellschaft
 

BÄK und DKG stehen im Kontakt mit der Bundesregierung, um humanitäre Hilfsangebote in Deutschland zu koordinieren, besonders die Aufnahme und bundesweite Verteilung von Verletzten und anderen Patienten, für die in der Ukraine keine medizinische Versorgung mehr möglich ist.

Um möglichst schnell medizinische Hilfe in der Ukraine sowie in den Flüchtlingslagern der Anrainerstaaten leisten zu können, rufen BÄK und DKG zu Spenden auf. Benötigt werden Mittel für Verbandsmaterialien, Medikamente, medizinische und technische Ausrüstung sowie psychologische Unterstützung.

Ärzte organisieren Hilfslieferungen in die Ukraine

Über Ärzte ohne Grenzen laufen Hilfslieferungen in die Ukraine: „Gestern sind drei Lastwagen aus unserem Lager in Brüssel mit insgesamt 120 Kubikmeter medizinischer Ausrüstung aufgebrochen, darunter chirurgische Kits, Unfall-Ausrüstungen, Medikamente für chronische Krankheiten und Verbrauchsmaterial für Großunfälle“, twitterte Ärzte ohne Grenzen am 3. März.

Die Ukrainische Ärztevereinigung in Deutschland organisiert LKWs mit medizinischen Hilfsgütern für die Ukraine zur ukrainisch-polnischen Grenze und bittet um Spenden für die verletzten Soldaten und die Zivilbevölkerung.

Notfallmediziner Dr. Falk Stirkat stellt ebenfalls Hilfstransporte zusammen. Er betont, dass ein großer Bedarf an notfallmedizinischem Equipment besteht. In seinem Podcast weist er auch daraufhin, dass die medizinische Behandlung von chronisch Kranken durch die Flucht in Gefahr gerät. „Das sind ganz normale Menschen, die zum Beispiel ihre Diabetes-Medikamente nicht mehr nehmen können, ihre Blutdruckmedikamente …“

In Zusammenarbeit mit einigen bayerischen Kliniken organisiert Stirkat Hilfslieferungen in die Ukraine. Am vergangenen Wochenende ist eine Lieferung aus Erlangen nach Lemberg gestartet.

Auch Prof. Dr. Michael Schierack, Unfallchirurg und Orthopäde aus Cottbus, machte sich auf den Weg, um zu helfen. Er lud seinen Kleintransporter mit Hilfsgütern voll, um diese an die polnisch-ukrainische Grenze zu bringen, berichtet die Landesärztekammer Brandenburg. Auf dem Rückweg nahm er 2 geflüchtete junge Frauen und ihre Kinder nach Cottbus mit.

Pauschale Ausfuhrgenehmigungen durch das BfArM

Das deutsche Medikamenten-Hilfswerk action medeor lieferte am 1. März 11 Tonnen Material nach Ternopil in der Westukraine; auch das DRK bereitete einen ersten Hilfstransport vor. Apotheker ohne Grenzen berichten, dass bereits am 27. Februar eine erste Hilfslieferung die Grenze zwischen Polen und der Ukraine erreicht hat.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach twitterte am 4. März, dass er veranlasst habe, dass Deutschland eine pauschale Ausfuhrgenehmigung durch das BfArM vorbereite. „Deutschland wird die Versorgung mit Arzneimitteln und Hilfsmitteln für die Menschen in der Ukraine maximal unterstützen. Ich danke allen Helfern und Spendern“, so Lauterbach.

In einem bereits mehr als 10.000-mal gezeichneten Offenen Brief fordern russische Ärzte, Pflegekräfte und Sanitäter von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, die Feindseligkeiten auf dem Territorium der Ukraine einzustellen. Der Krieg werde viele Leben kosten und Schmerzen für alle Beteiligten bringen. „Unsere Verwandten, Freunde, Patienten und Kollegen befinden sich in den angegriffenen Gebieten. Es gibt keine einzige Person unter ihnen, die von dem anhaltenden Blutvergießen profitieren würde.“
 

Kommentar

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