Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren“ aktualisiert [1]. Die neue Version, die unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) entstand, gehört zu einem „Living-Guideline-Konzept“, das eine jährliche Leitlinien-Aktualisierung vorsieht.
Die Überarbeitung habe einige wesentliche Änderungen der Leitlinie ergeben, teilt die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) mit. Vor allem neue Studienergebnisse zur operativen Therapie sowie zum Einsatz von PARP-Inhibitoren (Poly-ADP-Ribose-Polymerase-Inhibitoren), zur Strahlentherapie und genetischen Beratung hätten zu geänderten oder neuen Empfehlungen geführt. Die Leitlinie enthält außerdem ein neues Kapitel zu den Charakteristika der serösen Low-grade-Karzinome, die eine Subgruppe der Ovarial-, Tuben und Peritonealkarzinome bilden.
Das Schicksal ein Stück weit selbst in der Hand haben
Dr. Nigel Brockton, Vizepräsident für Forschungsabteilung am American Institute for Cancer Research, erklärte auf Nachfrage, dass schon früher von positiven Folgen körperlicher Aktivität für Müdigkeit und Lebensqualität bei Patienten nach einer Krebstherapie berichtet worden war und dass die in dieser Metaanalyse einbezogenen Studien alle recht klein gewesen seien.
Dennoch hielt er es gegenüber Medscape für „ermutigend“, dass die Assoziation in der Metaanalyse wiederholt werden konnte und dass ein hohes Maß an Übereinstimmung mit der Intervention festzustellen war. „Bei vielen anderen körperlichen Interventionen konnten wir so etwas nicht beobachten.“
Er wies auch darauf hin, dass die Effekte der häuslichen körperlichen Aktivität „stärker“ waren als bei den Beobachtungen zuvor, was darauf hindeute, dass „bei den Patientenergebnissen noch ein großes Verbesserungspotenzial besteht“.
Brockton betonte, dass die Bedeutung von Interventionen wie der häuslichen Aktivität darin liege, dass sie den Betroffenen „das Gefühl vermitteln, ihr Schicksal ein Stück weit selbst in der Hand zu haben, nachdem man sich gewissermaßen vom medizinischen System abgekoppelt hat“.
„Körperliche Aktivität ist ein so elementares Verhalten, dass es sich auch auf andere Aspekte des Lebens auswirkt“, fügte er hinzu. Es ermutige die Menschen etwa dazu, „sich auch gesünder zu ernähren“.
Häufige Beratungen und Monitorings über Online-Programme hätten durch die Corona-Pandemie viel an Akzeptanz gewonnen und seien jetzt „viel besser machbar“, und zwar nicht nur, weil die Patienten jetzt mit solchen Instrumenten besser zurechtkämen, sondern auch, weil die Institutionen ihrem Einsatz gegenüber offener geworden seien. Dies sei darauf zurückzuführen, dass „einige der ethischen Hemmnisse“ beseitigt wurden, so Brockton.
„Bevor so gut wie alles online ging, haderten die Ethikkommissionen mit der Genehmigung von Projekten, die ein Monitoring aus der Ferne beinhalteten“, erklärte er. Dies galt besonders für Studien mit Krebsüberlebenden, bei denen die Verwendung medizinischer Informationen in der Telemedizin aus Sicht des Datenschutzes als problematisch angesehen wurde, fügte er hinzu.
Die Untersuchung im Detail
Für die Metaanalyse durchforschten die Untersucher die Datenbanken PubMed, CINAHL, PsycINFO und Web of Science nach Studien über leichte bis mittelschwere körperliche Aktivität in der häuslichen Umgebung von Krebsüberlebenden nach Beendigung ihrer Therapien.
Die Studien wurden aufgenommen, wenn die körperliche Aktivität nicht persönlich überwacht wurde und kein strukturiertes Trainingsprogramm vorgegeben war, wie z.B. anaerobes Training oder Yoga, und wenn die Kontrollgruppe die übliche Betreuung oder eine nicht physikalische Intervention erhalten hatte.
Von den 1.738 ursprünglich ermittelten Datensätzen sichtete das Team 72 Veröffentlichungen, von denen 11 Studien in die Untersuchung einbezogen wurden. In 9 Publikationen ging es speziell um chronische Müdigkeit, in 2 um Depressionen oder Angstzustände.
Das Durchschnittsalter der überlebenden Krebspatienten lag zwischen 53 und 69 Jahren. Die meisten waren Frauen (94%) und 82% gehörten zur weißen Ethnie.
Bei den meisten hatte es sich um ein Mammakarzinom gehandelt (77%), gefolgt von Ovarialkarzinom (14%), Darmkrebs (4%), Prostatakrebs (4%) und anderen Krebsarten, die nicht näher spezifiziert waren (1%). Bei den Patienten lag der Zeitpunkt der Diagnose oder das Ende der Therapie zwischen 1,7 und 5,9 Jahre vor der Teilnahme an der Studie.
Die häusliche körperliche Aktivität wies eine Mittelwertdifferenz bei der Müdigkeit im Vergleich zur Kontrollgruppe unmittelbar nach der Intervention von 0,22 (p = 0,006), bei der Nachbeobachtung nach 3 Monaten von 0,27 (p = 0,02) und bei der Nachbeobachtung nach 6 bis 9 Monaten von 0,31 (p = 0,009) auf.
Die weitere Analyse zeigte, dass eine häufige Beratung in Verbindung mit häuslicher körperlicher Aktivität mit einer signifikanten Verbesserung der Müdigkeit im Vergleich zu den Kontrollen verbunden war, und zwar mit einer Mittelwertdifferenz von 0,32 (p = 0,002), während der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Müdigkeit in Studien ohne oder mit seltener Beratung nicht signifikant war (Mittelwertdifferenz: 0,05; p = 0,66).
Die körperlichen Interventionen wurden insgesamt von 78% der Teilnehmer in den Studien eingehalten. Für die Beratungen wurde ein Wert zwischen 80% und 98% erreicht.
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
Credits:
Lead Image: Andreaobzerova/Dreamstime
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Diesen Artikel so zitieren: Fatigue nach Krebstherapie: Körperliche Aktivität in häuslicher Umgebung hilft - Medscape - 18. Feb 2022.
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