Neue Studiendaten aus den USA sprechen für einen signifikanten Einfluss des Darmmikrobioms auf die kognitive Funktion. Sowohl die Diversität als auch das Vorhandensein bestimmter Bakteriengattungen waren in der Querschnittsstudie mit dem Abschneiden bei Kognitionstests assoziiert – auch nach Anpassung um verschiedene Variablen, die bekanntermaßen mit der kognitiven Funktion zusammenhängen.
„In Tierexperimenten und kleinen klinischen Studien hat sich bereits gezeigt, dass das Mikrobiom des Darms wahrscheinlich eine Rolle für die kognitive Funktion spielt“, schreiben Dr. Katie Meyer vom Nutrition Research Institute der University of North Carolina at Chapel Hill in Kannapolis und ihre Kollegen in JAMA Network Open [1]. Aber nur wenige Studien hätten den Zusammenhang in einer großen, diversen Population untersucht.
Diverse Stichprobe aus 4 US-Großstädten
Die US-Autoren verwendeten Daten aus der prospektiven Coronary Artery Risk Development in Young Adults (CARDIA)-Kohorte, an der Einwohner aus US-Großstädten teilnahmen. Sie waren im Schnitt 55,2 Jahre alt, 44,7 % waren Männer und 45,2 % schwarz. Für 597 von ihnen lagen Ergebnisse von Kognitionstests sowie Mikrobiomuntersuchungen aus Stuhlproben vor.
Zu den 6 durchgeführten Kognitionstests gehörten unter anderen das Montreal Cognitive Assessment (MoCA), der Digit Symbol Substitution Test (DSST), der Rey-Auditory Verbal Learning Test (RAVLT) und der Stroop-Test.
Beta-Diversität von Bedeutung
Die bei den Kognitionstests erreichten Scores waren signifikant mit der Beta-Diversität assoziiert. Dabei handelt es sich um ein Maß für den Unterschied in der mikrobiellen Artenvielfalt verschiedener Menschen. Studienteilnehmer mit einer höheren Beta-Diversität schnitten bei 5 der 6 durchgeführten Kognitionstests besser ab.
Die Alpha-Diversität beschreibt die Artenvielfalt innerhalb eines Menschen. Sie erwies sich als nicht signifikant mit der Kognition assoziiert.
Berücksichtigung von Störfaktoren entscheidend
Gattungsspezifische Analysen zeigten zahlreiche Assoziationen zwischen einzelnen Bakteriengattungen und den Ergebnissen der Kognitionstests auf. „Aber nur wenige dieser Assoziationen blieben nach vollständiger Adjustierung um Faktoren, die mit der kognitiven Funktion verbunden sind, erhalten“, schreiben die Autoren um Meyer.
Berücksichtigt wurden soziodemografische Variablen wie Alter, Ethnizität, Geschlecht und Bildung, aber auch gesundheitlich relevante Faktoren (Bewegung, Ernährung, Rauchen und Medikation) sowie Vorerkrankungen (Diabetes, Hypertonie oder ein erhöhter Body-Mass-Index BMI).
Butyratbildner von Vorteil?
Letztlich waren noch die Bakteriengattungen Barnesiella und Akkermansia sowie eine Gruppe von Lachnospiraceae positiv mit dem Abschneiden bei bestimmten Kognitionstests assoziiert. Eine negative Assoziation mit einem der Tests wies die Gattung Sutterella auf.
Die Ergebnisse der gattungsspezifischen Analysen passten zu einem Mechanismus, der vermutlich dem Zusammenhang zwischen Darmmikrobiom und Kognition zugrunde liegen könnte, schreiben Meyer und ihre Koautoren.
Viele der assoziierten Bakteriengattungen gehören nämlich zur Klasse der Clostridia, die die kurzkettige Fettsäure Butyrat bilden. „In Tiermodellen hat sich die Verabreichung von Butyrat als schützend vor vaskulärer Demenz und kognitiver Beeinträchtigung erwiesen.“
Hoffnung auf künftige Möglichkeiten zur Intervention
Mit dieser Studie wächst die Evidenz dafür, dass das Mikrobiom des Darms mit der kognitiven Alterung assoziiert sein könnte, weiter an – und lässt auf künftige praktische Umsetzungsmöglichkeiten hoffen.
„Das Darmmikrobiom ist durch gesundes Verhalten und zielgerichtete Therapien potenziell modifizierbar“, so Meyer und ihre Kollegen. Je mehr Evidenz zur Verfügung stehe, desto eher eröffneten sich Chancen, den kognitiven Verfall im höheren Alter durch gezielte Interventionen auszubremsen.
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Diesen Artikel so zitieren: Darm boostert Hirn: Das richtige Mikrobiom könnte helfen, bis ins hohe Alter kognitiv leistungsfähig zu bleiben - Medscape - 17. Feb 2022.
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