Der Arzt redet, der Patient versteht mal wieder nichts? Ein klarer Fall für die „Teach-Back-Methode“

Dr. Melanie Salz

Interessenkonflikte

16. Februar 2022

Die meisten Ärzte würden wohl von sich behaupten, gut oder ganz brauchbar zu kommunizieren. Tatsächlich werden jedoch bis zu 80% der Informationen nach einem Arztgespräch von Patienten wieder vergessen. Rund die Hälfte wird gar nicht erst verstanden, wie Untersuchungen zeigen. Hier besteht Handlungsbedarf – eine Maßnahme kann die Teach-Back-Methode sein.

Nur wenige Informationen kommen bei Patienten an

Zum Hintergrund: Gesundheitskompetenz bedeutet, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, bewerten und in der Praxis umsetzen zu können. Fast 60% der Menschen in Deutschland nehmen jedoch ihre persönliche Gesundheitskompetenz als eingeschränkt oder unzureichend wahr. Damit sind also nicht nur Personen mit niedrigem Bildungsgrad überfordert, wenn es um das Verständnis und den Umgang mit Diagnosen geht. 

In der Praxis kommt erschwerend Zeitmangel mit hinzu: Patienten werden oft in wenigen Minuten zu viele Informationen in unverständlichem Fachjargon zugemutet. Der Mehrwert solcher Gespräche ist gering: nur wenig kommt bei den Beratenen an, und noch weniger bleibt im Gedächtnis. So weit, so schlecht?

Therapieerfolg: Chancen durch Gesundheitskompetenz

Dabei sind Menschen mit Gesundheitskompetenz in der Lage, Entscheidungen über ihre Gesundheit zu treffen und diese zu beeinflussen. Dies ist entscheidend für jede Therapie und trägt maßgeblich zu besseren Ergebnissen und einem besseren Gesundheitszustand bei. 

Konkret ist das Ziel aller ärztlichen Beratungsgespräche, dass Patienten danach ihre Diagnose kennen und genau wissen, welches Verhalten warum zu einer Verbesserung führt. Dadurch werden Vertrauen und Motivation erhöht, Compliance und Recall-Häufigkeit steigern sich. Besonders chronische Erkrankungen können nur so erfolgreich behandelt werden. Eigentlich ein alter Hut?

Teach-Back-Methode: Aktivere Rolle für Patienten

Teach-Back ist eine wissenschaftlich evaluierte Gesprächsführungstechnik, um herauszufinden, ob wir verstanden werden. Dies gelingt, indem Personen gebeten werden, mit eigenen Worten zu erklären, was ihnen die Ärztin oder der Arzt zuvor gesagt hat. Missverständnisse sollten dabei sofort korrigiert werden. Der Prozess dauert so lange an, bis alle Informationen richtig wiedergegeben wurden. 

Damit nehmen Patienten eine aktivere Rolle ein, was ihnen automatisch zu mehr Sicherheit verhilft und eine gemeinsame Entscheidungsfindung ermöglicht. Schließlich verbessern sich durch mehr Verständnis die Compliance und das Behandlungsergebnis.

Bei einem „Teach-Back-Gespräch“ sollten fünf Schritte nacheinander durchgeführt werden:

Schritt 1: Fokussieren

Überlegen Sie sich, welches die wichtigsten Botschaften Ihres Aufklärungsgesprächs sind. Diese sollten Sie an den Anfang stellen und sich auf das Wesentliche begrenzen. Falls es notwendig ist, viele Informationen zu vermitteln, teilen Sie diese in kleinere Einheiten auf.

Schritt 2: Einschätzen

Finden Sie etwas über den Wissensstand Ihres Gegenübers heraus. Dies gelingt, indem Sie fragen, was die Patientin oder der Patient bereits über die Erkrankung und die Therapie weiß. Gleichzeitig können Sie so individuelle Voraussetzungen und kognitive Fähigkeiten besser einschätzen und Ihr Sprachniveau bei Bedarf anpassen.

Schritt 3: Erklären

Nun können Sie mit Ihrem eigentlichen Vorhaben beginnen, nämlich Ihre wichtigsten Botschaften an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Folgendes ist hier wichtig:

Setzen Sie sich Ihrer Patientin oder Ihrem Patienten auf Augenhöhe und mit zugewandter Körperhaltung gegenüber, am besten an einen Tisch. Vermeiden Sie Fachbegriffe. Formulieren Sie klare, kurze Sätze. Machen Sie Pausen. Benutzen Sie visuelle Medien (z.B. Bilder, Röntgenaufnahmen).

Schritt 4: Fragen

Kommen wir jetzt zum Kernstück der Teach-Back-Methode. Hier zeigt sich, wie viel von Ihren Erklärungen in Erinnerung geblieben ist und ob alles richtig verstanden wurde. Allerdings ist hier Ihr Feingefühl gefragt! Die Kunst ist es, beim Fragen kein Gefühl einer Prüfungssituation entstehen zu lassen. 

Die Fragetechnik sollten Sie individuell an Ihr Gegenüber anpassen. Mögliche Formulierungen könnten sein: „Es ist mir wichtig und es gehört auch zu meinen Aufgaben als Ärztin oder Arzt, Ihnen das alles verständlich zu erklären. Ich möchte deshalb sichergehen, dass mir das gelungen ist.“ Oder: „Jetzt haben wir eine ganze Menge besprochen. Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Punkte?“

Schritt 5: Erneut erklären

Haben Patienten etwas inhaltlich falsch wiedergegeben, ist es wichtig, dies direkt zu korrigieren. Stellen Sie fest, dass Informationen falsch oder unvollständig erklärt wurden, greifen Sie diese nochmal auf. Dabei sollten Sie versuchen, andere Worte zu finden als beim ersten Mal, um Ihr Gegenüber besser zu erreichen.

 

Online-Kurs bei der Bundeszahnärztekammer – nicht nur für Zahnmediziner

Wer neugierig geworden ist und sich die Teach-Back-Technik im Praxisalltag aneignen möchte, kann einen kostenlosen Online-Kurs bei der Bundeszahnärztekammer absolvieren. Hier wird noch genauer auf die einzelnen Schritte eingegangen und die Gesprächstechnik mit Hilfe von Videos anschaulich präsentiert.

Fazit: Zeitinvestition für mehr Erfolg in der Therapie

Die Teach-Back-Methode ist ein hilfreiches Tool für ein gegenseitiges besseres Verständnis im Gespräch mit Patienten. Ärzte benötigen keine Hilfsmittel; die Technik ist logisch und überschaubar. 

Lediglich der größere Zeitaufwand ist ein Nachteil, der aber durch besseres Verständnis auf Patientenseite und mehr Erfolgserlebnisse in der Therapie aufgewogen wird. Teach-Back-Gespräche erfordern Übung, machen aber Spaß.  Und es ist doch Aufgabe aller Ärzte, verstanden zu werden. 

Dieser Beitrag ist im Original erschienen bei Coliquio.de.

 

Kommentar

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