Neue Daten: Myokarditis-Risiko und Impfeffektivität – so unterscheiden sich verschiedene Vakzine

Dr. Nicola Siegmund-Schultze

Interessenkonflikte

4. Februar 2022

Eine große Fall-Kontrollstudie aus Hong Kong bestätigt ein relativ erhöhtes Myokarditisrisiko durch die BioNTech/Pfizer-Vakzine BNT161b2 im Vergleich zu Nicht-Geimpften, das absolute Risiko aber bleibt niedrig. Beim Totimpstoff CoronaVac von Sinovac ist das Myokarditisrisiko geringer als beim mRNA-Vakzine von BioNTech/Pfizer. Bei der Induktion neutralisierender Antikörper sind die mRNA-Vakzine und Vektorimpfstoffe deutlich effektiver als der Totimpfstoff von Sinovac. Dies gilt vor allem bei Booster Shots. 

Impfrisiken quantifizieren

Zum Hintergrund: Die Akzeptanz gesundheitspolitischer und medizinischer Prävention von SARS-CoV-2-Infektionen und schweren COVID-19-Erkrankungen ist wesentlich abhängig von Erkenntnissen zu Risiken und Nutzen der Vakzine. Fälle von Myo- und Perikarditis, die als seltene Ereignisse mit mRNA-Vakzinen in Verbindung stehen, werden zur besseren quantitativen Abschätzung des Risikos in großen Studien nach der Zulassung von Impfstoffen evaluiert.

Eine weitere Fragestellung ist, wie effektiv Vakzine gegen Virusvarianten wie Delta und Omikron sind, die sich nach der Entwicklung der Impfstoffe ausgebildet haben und dominant geworden sind. Dies betrifft besonders Auffrischungsimpfungen.

Mehrere Kohorten ausgewertet

Zum Risiko einer Myokarditis trägt liefert eine große Fallkontrollstudie aus Hong-Kong aus Basis von 2,3 Millionen verimpften Dosen von CoronaVac (Sinovac) und 3,5 Millionen verimpften Dosen von BNT161b2 (BioNTech/Pfizer) neue Erkenntnis. 160 Fälle von stationär behandelter Myokarditis wurden gematcht in Bezug auf Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen mit 1.533 ebenfalls stationär therapierten Patienten ohne Myokarditis.  

Zur Effektivität von Auffrischungen nach CoronaVac-Grundimmunisierung: Daten einer Phase-4-Studie mit 1.240 erwachsenen Impflingen aus Brasilien liefern neue Erkenntnisse. Evaluiert wurden unter anderem die Titer neutralisierender Antikörper gegen die Delta- und die Omikronvariante bei Boosterimpfungen mit CoronaVac (homologes Impfschema)

und beim Boostern mit BNT161b2, mit den Vektorimpfstoffen Ad26.COV2-S von Janssen und ChAdOx1 nCoV-19 von AstraZeneca. Primärer Endpunkt war die Anti-Spike-Immunoglobulin G (IgG)-Titer 28 Tage nach den Auffrischungsimpfungen.

Myokarditis ein seltenes Ereignis

Die Inzidenz der Myokarditis lag nach Impfung mit CoronaVac (Impfstoff aus inaktivierten Viren) in der Population von Hong-Kong bei 0,31/100.000 Geimpften und bei 0,57/100.000 bei Personen, die die mRNA-Vakzine von BioNTech erhalten hatten. Eine Multivariatenanalyse bestätigte ein höheres Risiko für Myokarditis bei BNT161b2-Geimpften im Vergleich zu Nicht-Geimpften und zu CoronaVac-Geimpften. 

Das erhöhte Risiko bestand vor allem für Männer und nach der 2. Impfung. Die absoluten Zahlen zu den Risiken aber bestätigen, so die Forscher, dass eine Myokarditis als Folge einer Coronaimpfung sehr selten sei.

Effektivität von Auffrischungsimpfungen

Zur Bedeutung und Effektivität des Boosterns ergab die brasilianische Untersuchung, dass lediglich 14% der mit CoronaVac Geimpften 6 Monate nach der 2. Impfung noch detektierbare virusspezifische Antikörper hatten und lediglich 9% der über 60jährigen Impflinge. 

Heterologe Boosterregime waren deutlich effektiver als eine 3. Impfung mit CoronaVac (homologes Schema). Am höchsten waren die spezifischen IgG-Antikörpertiter 28 Tage nach dem Boostern bei BNT161b2 (Faktor 13,4 verglichen zu CoronaVac) gefolgt von

ChAdOx1 von AstraZeneca (Faktor 7,0) und Ad26.COV2-S von Janssen (Faktor 6,7) jeweils verglichen mit CoronaVac. Alle Impflinge erreichten bei den heterologen Schemata eine Serokonversion, die Immunantworten beim homologen Schema aber waren vor allem bei Älteren > 60 Jahre deutlich niedriger.

Gegen die Delta- und die Omikronvariante wurden nach heterologer Boosterung > 90 % seropositiv, aber nur 35 % nach dem Boostern mit CoronaVac.

Worauf Ärzte achten sollten 

Die Daten zur Myokarditis seien kompatibel mit internationalen Ergebnissen, so die Wissenschaftler. Ein höheres Risiko betreffe vor allem jüngere Männer in den ersten 21 bis 24 Tagen nach Impfung, vor allem nach der zweiten. Die meisten Patienten hätten keine bleibenden Schäden. 

In der Studie zum Boostern nach 2 Dosen eines Totimpfstoffs waren alle heterologen Schemata effektiver als das homologe Schema mit 3 Dosen CoronaVac. Das galt besonders für die Immunantworten gegen die Delta- und die Omikrovariante und für ältere Impflinge.

Der für Grundimmunisierung und Boostern untersuchte Totimpfstoff von Sinovac steht auf der Warteliste der EMA für eine Marktzulassung in Europa. Nuvaxovid, ebenfalls eine „Totvakzine“ auf Proteinbasis, ist inzwischen in Europa zugelassen.

Der Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de

 

Kommentar

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