In einer Beobachtungsstudie mit mehr als 90.000 Angehörigen der Gesundheitsberufe aus den USA wurde der Verzehr selbst einer kleinen Menge Olivenöl mit einer geringeren Gesamtsterblichkeit in Verbindung gebracht. Die Arbeit von Dr. Marta Guasch-Ferré und ihren Kollegen wurde im Journal of the American College of Cardiology veröffentlicht [1].
Mehr Olivenöl, niedrigere Mortalität
Im Vergleich zu Männern und Frauen, die selten oder nie Olivenöl konsumierten (niedrigste Zufuhr), hatten diejenigen, die mehr als 0,5 Esslöffel/Tag oder mehr als 7 g/Tag konsumierten (höchste Zufuhr) ein um 19% geringeres Sterberisiko während der 28-jährigen Nachbeobachtungszeit, beginnend mit einem Durchschnittsalter von 56 Jahren.
Darüber hinaus hatten Teilnehmer mit dem höchsten Olivenölkonsum im Vergleich zu Probanden mit dem niedrigsten Olivenölkonsum:
ein um 19% geringeres Sterberisiko bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
ein um 17% geringeres Risiko, an Krebs zu sterben,
ein um 29% geringeres Risiko, an neurodegenerativen Erkrankungen zu sterben, und
ein um 18% geringeres Risiko, an Atemwegserkrankungen zu sterben.
Die Forscher schätzen, dass der Ersatz von 10 g Margarine, Butter, Mayonnaise oder Milchfett pro Tag durch die gleiche Menge Olivenöl mit einem um 8% bis 34% niedrigeren Risiko des Todes aus verschiedenen Gründen assoziiert ist.
Ergebnisse unterstützen Empfehlungen für pflanzliche Fette
„Unsere Ergebnisse unterstützen aktuelle Ernährungsempfehlungen, den Verzehr von Olivenöl und anderen ungesättigten Pflanzenölen anstelle anderer Fette zu erhöhen, um die Gesundheit zu verbessern und das Leben zu verlängern“, fassen die Forscher zusammen.
„Ich würde jedoch nicht sagen, dass Olivenöl der einzige Weg ist, um länger zu leben“, relativiert Guasch-Ferré von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston, Massachusetts, gegenüber Medscape.
„Andere Dinge sind sehr wichtig, wie z.B. nicht zu rauchen, sich körperlich zu betätigen usw.. Aber eine Empfehlung könnte sein, zu versuchen, mehr pflanzliche Lebensmittel zu essen, einschließlich Olivenöl und gesundem Fett“, fügt sie hinzu. Solche Produkte seien auch beim Kochen, als Salatdressing und beim Backen zu verwenden; sie sollten ungesunde Fette ersetzen.
Die Studie lege nahe, dass Menschen „sich mehr pflanzlich ernähren und Fette wie Olivenöl bevorzugen sollten, da sie eine bessere Nährstoffzusammensetzung haben (einen hohen Gehalt an Phenolen und Antioxidantien), anstatt Butter oder Margarine oder andere tierische Fette zu verwenden, die nachweislich gesundheitsschädliche Auswirkungen haben“, fügt Guasch-Ferré hinzu. Dies stimme mit den Empfehlungen aus Ernährungsleitlinien für die USA überein.
„Allerdings muss die Studie in anderen Kohorten und Populationen wiederholt werden, um zu sehen, ob die Ergebnisse ähnlich sind“, fasst Guasch-Ferré zusammen.
Gut konzipierte Studie
In einem begleitenden Editorial schreibt Prof.Dr. Susanna C. Larsson, dass es sich um eine gut konzipierte Studie handele, die eine langfristige Nachbeobachtung und wiederholte Messungen der Nahrungsaufnahme und anderer Risikofaktoren für Krankheiten umfasst habe [2]. Larsson ist außerordentliche Professorin für Epidemiologie am Karolinska Institutet in Stockholm.
„Allerdings war der Unterschied im Olivenölkonsum zwischen Personen mit dem höchsten und mit dem niedrigsten/keinem Olivenölkonsum sehr gering (0,5 Esslöffel), und ein [12%] geringeres Sterberisiko wurde bereits bei einer viel geringeren Aufnahme (0,5 Teelöffel, etwa 1,5 g/Tag) von Olivenöl beobachtet“, bemerkte sie in einer E-Mail an Medscape.
„Es ist kaum zu glauben, dass eine so geringe Menge einen unabhängigen Effekt auf das Sterberisiko haben könnte“, gab Larsson zu bedenken. Wie Guasch-Ferré sagt auch sie, dass „die tägliche Aufnahme von 1 oder 2 Teelöffeln Olivenöl (…) das Sterberisiko wahrscheinlich nicht verändert“.
Vielmehr „müssen Menschen größere Veränderungen in der gesamten Ernährung vornehmen und sich nicht nur auf das Fett konzentrieren. Eine insgesamt gesündere Ernährung mit einem hohen Anteil an nicht raffinierten pflanzlichen Lebensmitteln (Gemüse, Vollkornprodukte, Nüsse), einem geringen bzw. keinem Verzehr von verarbeiteten Lebensmitteln und einer Umstellung auf gesündere Fette (z. B. Olivenöl) ist erforderlich“, so ihre Meinung.
Wichtig sei, dass „diese Studie nichts über die Kausalität aussagen kann, d.h. ob es speziell das Olivenöl ist, das das Sterberisiko senkt, oder ob es viele andere vorteilhafte Faktoren gibt, die zusammenwirken, um die Sterblichkeitsrate bei Menschen mit hohem Olivenölkonsum zu senken“.
Die Forscher räumen ein, es handele sich um eine Beobachtungsstudie, und die die Ergebnisse seien möglicherweise nicht auf andere Bevölkerungsgruppen übertragbar.
Neue Erkenntnisse in Bezug auf Alzheimer und Atemwegserkrankung
Larsson hebt 2 neue Erkenntnisse aus dieser Studie hervor. Das Risiko, an Demenz zu sterben, sei in der höchsten gegenüber der niedrigsten Kategorie des Olivenölkonsums um 27% gesenkt worden. „In Anbetracht des Mangels an Präventionsstrategien für die Alzheimer-Krankheit und der hohen Morbidität und Mortalität im Zusammenhang mit dieser Krankheit ist dieses Ergebnis, sofern es sich bestätigt, von großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit“, sagte sie.
Außerdem wurde ein umgekehrter Zusammenhang zwischen dem Olivenölkonsum und dem Sterberisiko bei Atemwegserkrankungen festgestellt. „Da eine Restverfälschung durch das Rauchen nicht ausgeschlossen werden kann“, sagte Larsson, „ist dieses Ergebnis vorläufig und muss in einer Studie bestätigt werden, die weniger anfällig für Verfälschungen ist, z.B. in einer randomisierten Studie“.
Offene Fragen
Obwohl die aktuelle Studie und frühere Studien ergeben haben, dass der Verzehr von Olivenöl gesundheitliche Vorteile bringen könnte, bleiben für Larsson mehrere Fragen offen.
„Sind die Assoziationen kausal oder nur vorgetäuscht? Schützt der Verzehr von Olivenöl nur vor bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder Vorhofflimmern, wie in anderen Studien gezeigt wurde, oder auch vor anderen schweren Krankheiten und Todesursachen?“ Und weiter: „Welche Menge an Olivenöl ist für eine schützende Wirkung erforderlich?“
Larsson zufolge sei auch zu klären, ob die potenzielle Wirkung mit einfach ungesättigten Fettsäuren oder mit phenolischen Verbindungen zusammenhänge, d.h.: „Ist die Schutzwirkung auf polyphenolreiches, extra natives Olivenöl beschränkt oder sind raffiniertes Olivenöl und andere Pflanzenöle ebenso vorteilhaft?“ Um diese Fragen zu klären, sei weitere Forschung erforderlich, so die Kommentatorin.
„Weitere Studien sind erforderlich“, heißt es auch in der Veröffentlichung, „um den Zusammenhang zwischen Olivenölkonsum und verringerter Sterblichkeit zu bestätigen, die verantwortlichen Mechanismen zu klären und die erforderliche Dosis für diesen Effekt zu ermitteln.“
Native und extra native Olivenöl-Sorten enthalten mehr Polyphenole
Zum Hintergrund: Olivenöl, ein wichtiger Bestandteil der mediterranen Ernährung, ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, insbesondere Ölsäure, sowie an Vitamin E und Polyphenolen, die zu seinen entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften beitragen.
Natives Olivenöl, das durch mechanisches Pressen reifer Oliven gewonnen wird, enthält zahlreiche bioaktive und antioxidative Bestandteile und hat einen Säuregehalt von unter 1,5%.
Extra natives Olivenöl wird auf die gleiche Weise hergestellt, hat aber eine höhere Qualität, einen intensiveren Geschmack und einen geringeren Säuregehalt (unter 1 %).
Raffiniertes Olivenöl enthält weniger sekundäre Pflanzenstoffe, da einige davon bei der Verarbeitung verloren gehen; es besteht in der Regel aus mehr als 80% raffiniertem Öl und zusätzlich nativem Öl, das zur Verbesserung des Geschmacks hinzugefügt wird, und kann auch als „rein“ oder „leicht“ bezeichnet werden.
Raffiniertes Olivenöl enthalte „immer noch eine gute Menge an gesunden Fettsäuren, aber weniger bioaktive Verbindungen“, so Guasch-Ferré.
Bislang hat noch keine große prospektive Studie den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Olivenöl und der Gesamtmortalität sowie der ursachenspezifischen Mortalität in der US-Bevölkerung untersucht, wo der Olivenölkonsum im Vergleich zu den Mittelmeerländern gering ist.
Details der Studie
Die Forscher identifizierten 60.582 Frauen in der Nurses' Health Study und 31.801 Männer in der Health Professionals Follow-up Study, die 1990 nicht an kardiovaskulären Erkrankungen oder Krebs litten. Im Jahr 1990 wurden auch zum 1. Mal Ernährungsgewohnheiten abgefragt.
Die Teilnehmer füllten alle 4 Jahre Fragebögen aus, in denen sie nach der Verwendung von Olivenöl (als Salatdressing, zum Backen, Braten, Sautieren und als Brotaufstrich), zu anderen Pflanzenölen (z. B. Mais-, Distel-, Soja- und Rapsöl) und zu Margarine, Butter und Milchfett befragt wurden. Anhand dieser Informationen ermittelten Forscher den durchschnittlichen Verbrauch dieser Fette in den Folgejahren.
Von 1990 bis 2019 stieg der Konsum von Olivenöl von 1,6 g/Tag auf 4 g/Tag. Margarine habe in den 1990er-Jahren gesättigte Fette und Transfette enthalten, während für Margarine in jüngerer Zeit vorteilhaftes Olivenöl oder Pflanzenfett verwendet werde, so Guasch-Ferré.
Der Basiskonsum von Olivenöl in dieser US-Bevölkerung unterscheide sich bemerkenswert von dem der spanischen Bevölkerung laut PREDIMED-Studie (Prevención con Dieta Mediterránea) mit durchschnittlich 20 bis 22 g/Tag extra nativem Olivenöl und 16 bis 18 g/Tag raffiniertem oder gemischtem Olivenöl, so Larsson.
Da der Olivenölverbrauch in dieser US-Studie so niedrig war, unterschieden die Forscher nicht zwischen nativem/extra nativem Olivenöl und raffiniertem/verarbeitetem Olivenöl.
Die Teilnehmer waren im Allgemeinen gesünder als die durchschnittliche US-Bevölkerung; im Durchschnitt hatten sie einen Body-Mass-Index von 25,3 bis 25,8 kg/m2 und aßen 4,8 bis 7,2 Portionen Obst bzw. Gemüse pro Tag.
Probanden mit dem höchsten Olivenölkonsum waren körperlich aktiver, ernährten sich gesünder, hatten mit größerer Wahrscheinlichkeit südeuropäische oder mediterrane Vorfahren und rauchten seltener.
Während der 28-jährigen Nachbeobachtungszeit starben 36.856 Teilnehmer. Forscher klassifizierten die Todesfälle in 5 Kategorien:
Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
Krebs,
neurodegenerative Erkrankungen (einschließlich Alzheimer, Parkinson und Multipler Sklerose),
Atemwegserkrankungen (wie chronisch obstruktive Lungenerkrankungen) und
alle anderen Ursachen (einschließlich Selbstmord, Verletzungen, Infektionen, Diabetes und Nierenerkrankungen).
Nach Bereinigung um mehrere Störfaktoren hatten Teilnehmer im höchsten Quartil des Olivenölkonsums im Vergleich zu Teilnehmern, die selten oder nie Olivenöl zu sich nahmen, ein geringeres Risiko:
für die Gesamtmortalität (Hazard Ratio [HR] 0,81; 95%-KI 0,78-0,84),
für die kardiovaskuläre Mortalität (HR 0,81; 95%-KI 0,75-0,87), für Krebs (HR 0,83; 95%-KI 0,78-0,89),
für neurodegenerativen Erkrankungen (HR 0,71; 95%-KI 0,64-0,78) und
für Atemwegserkrankungen (HR 0,82; 95%-KI 0,72-0,93).
In den Modellen, in denen Forscher Olivenöl durch Pflanzenöl ersetzten, kam es zu keinem Rückgang der Sterblichkeit, was darauf hindeutet, dass Pflanzenöle möglicherweise ähnliche gesundheitliche Vorteile wie Olivenöl bieten.
Der Beitrag wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Medscape Nachrichten © 2022
Diesen Artikel so zitieren: „Kaum zu glauben“: Große Ernährungsstudie zeigt Assoziation von 0,5 g Olivenöl pro Tag mit niedrigerer Mortalität - Medscape - 18. Jan 2022.
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