Bluttest auf Lungenkrebs-Risiko; CAR-Makrophagen gegen solide Tumoren? Pankreaskarzinom: Aktualisierte S3-Leitlinie

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

18. Januar 2022

Im Onko-Blog dieser Woche geht es um einen neuen Bluttest, mit dem sich das Risiko für das Auftreten eines Lungenkarzinoms besser beurteilen lassen soll. In der aktualisierten S3-Leitlinie zum Pankreaskarzinom wird für Operationen eine Mindestmengen an ausgeführten Eingriffen empfohlen. Das IQWiG hat die Daten zu Daratumumab neu bewertet und sieht nun einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason beim neu diagnostizierten multiplen Myelom. CAR-Makrophagen werden als neue Therapiestrategie bei soliden Tumoren untersucht – die Hoffnung ist, dass sie ähnlich wirksam sind wie CAR-T-Zellen bei hämatologischen Tumoren.

  • Lungenkrebs: Bluttest zur Vorhersage, wer von CT-Screening profitieren könnte

  • Pankreaskarzinom: Aktualisierte S3-Leitlinie empfiehlt Mindestmengen bei Operationen

  • Nasopharynxkarzinom: Thalidomid zur Prävention der Therapie-bedingten oralen Mukositis

  • Multiples Myelom: Neubewertung von Daratumumab ergibt Anhaltspunkt für beträchtlichen Zusatznutzen

  • Immuncheckpoint-Inhibitoren: Hautreaktionen als prognostisch günstiger Marker?

  • Immuntherapie: CAR-Makrophagen als neue Therapiestrategie bei soliden Tumoren?

Lungenkrebs: Bluttest zur Vorhersage, wer von CT-Screening profitieren könnte

Ein Bluttest basierend auf 4 Marker-Proteinen kann in Kombination mit einem Risiko-Vorhersagemodell (PLCOm2012) die Beurteilung des Lungenkrebs-Risikos verbessern und damit bei der Erkennung der Personen helfen, die von einem Screening mit Niedrigdosis-CT-Scan profitieren könnten.

Die US Preventive Services Task Force (USPSTF) empfiehlt in den USA, dass Erwachsene mit hohem Lungenkrebsrisiko jedes Jahr mit einem Niedrigdosis-CT-Scan untersucht werden.

In Deutschland wird das Screening derzeit noch nicht empfohlen. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat aber Anfang Dezember 2021 einen Bericht publiziert, in dem es zu dem Schluss kommt, dass eine strukturierte Lungenkrebs-Früherkennung mit Untersuchungen per Niedrigdosis-CT bei Rauchern und ehemaligen Rauchern die Sterblichkeit durch Lungenkrebs reduzieren kann. Allerdings sei das Risiko einer Überdiagnose nicht zu vernachlässigen, auch wenn sich die genaue Anzahl schwer beziffern lasse und zwischen den Studien variiere.

Eine Arbeitsgruppe aus Houston (Texas, USA) hat nun, wie im Journal of Clinical Oncology berichtet, einen Test auf 4 Biomarker im Blut zur Risikovorhersage entwickelt, und zwar auf den Präkursor von Surfactant Protein B, CA 125, karzinoembryonales Antigen und Zytokeratin-19-Fragment. Die Ergebnisse des Bluttests in Kombination mit einem Risikovorhersage-Modell (PLCOm2012) ergaben im Vergleich mit den USPSTF-Screening-Kriterien eine verbesserte Sensitivität (88,4% versus 78,5%) und einer verbesserte Spezifität (56,2% versus 49,3%).

Die neue Kombination hätte damit bei Teilnehmern mit mehr als 10 Packungs-Jahren für das jährliche Screening 9,2% mehr Lungenkrebs-Fälle erkannt und die Screening-Rate bei Nicht-Fällen um 13,7% verringert.

Pankreaskarzinom: Aktualisierte S3-Leitlinie empfiehlt Mindestmengen bei Operationen

Die aktualisierte S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom enthält unter anderem neue Empfehlungen zur Diagnostik, kurativen und palliativen Therapie des Bauchspeicheldrüsenkrebses sowie zu Mindestmengen bei operativen Eingriffen. Sie entstand unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und unter Mitwirkung von 29 Fachgesellschaften und Organisationen.

Eine Operation ist derzeit die einzige Therapieoption beim Pankreaskarzinom, die eine Aussicht auf Heilung bietet. Doch dieser Eingriff ist hochkomplex und erfordert neben einem exzellenten Operateur auch ein sehr erfahrenes Team für die postoperative Betreuung.

„Studien zeigen, dass Patienten, die an Kliniken oder Zentren mit höheren Fallzahlen operiert werden, eine bessere Prognose haben. Deshalb wird in der S3-Leitlinie erstmals eine Mindestfallzahl von 20 Pankreasresektionen pro Jahr für Krankenhäuser empfohlen“, so Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Universitätsklinikum Ulm, in einer Pressemitteilung.

In der Leitlinie wurden darüber hinaus die Empfehlungen zu genetischen Untersuchungen für Angehörige mit familiärem Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs sowie die Therapiekonzepte für fortgeschrittene und metastasierte Tumoren aktualisiert.

Nasopharynxkarzinom: Thalidomid zur Prävention der Therapie-bedingten oralen Mukositis

Die orale Gabe von Thalidomid senkt bei Patienten mit einem Nasopharynxkarzinom die Inzidenz einer durch Chemoradiotherapie (CRT) ausgelösten oralen Mukositis und beeinflusst die Kurzzeitwirkung der CRT nicht. Dies zeigte eine in Cancer publizierte offene multizentrische Studie aus China mit 160 Patienten.

Die Patienten mit lokal fortgeschrittenem Nasopharynxkarzinom wurden mit einer Cisplatin-basierten Chemotherapie plus Bestrahlung behandelt und zu regelmäßiger Mundhygiene angeleitet. Randomisiert nahmen 80 Patienten zusätzlich 75 mg Thalidomid zur Nacht über den Zeitraum der Chemoradiotherapie ein.

Im Median dauerte es in der Thalidomid-Gruppe 30, in der Kontrollgruppe 14 Tage bis zum Auftreten einer oralen Mukositis. Insgesamt kam es unter Thalidomid seltener zu einer oralen Mukositis (87,5% vs. 97,5%) und seltener zu einer schweren Form (27,5% versus 46,3%). Thalidomid reduzierte zudem Mund- und Rachenschmerzen und Gewichtsverlust.

Im Vergleich zur Kontrollgruppe war die Häufigkeit von Übelkeit, Erbrechen und Schlaflosigkeit signifikant verringert, während die Häufigkeit von Schwindel und Obstipation in der Verum-Gruppe deutlich erhöht war. Die objektiven Ansprechraten 3 Monate nach der Chemoradiotherapie waren in den beiden Gruppen ähnlich.

Multiples Myelom: Neubewertung von Daratumumab ergibt Anhaltspunkt für beträchtlichen Zusatznutzen

Eine erneute Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun ergeben, dass es für Daratumumab in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason bei Erwachsenen mit einem neu diagnostizierten Multiplen Myelom, für die eine autologe Stammzelltransplantation nicht geeignet ist, einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen gibt.

Der Hersteller hatte aufgrund neuer Daten aus der Studie MAIA eine erneute Nutzenbewertung beantragt.

Wie das IQWIG mitteilt, hat sich mit den neuen Daten die Bewertung geändert: Positive Effekte von jeweils beträchtlichem Ausmaß zeigen sich nun nicht nur beim Symptom Schmerzen, sondern auch beim Gesamtüberleben.

Ein geringer Zusatznutzen zeigt sich zudem bei 2 Skalen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität, ein beträchtlicher Zusatznutzen bei 2 spezifischen Nebenwirkungen. Negative Effekte, überwiegend mit beträchtlichem Ausmaß, gibt es ausschließlich in einigen Endpunkten der Kategorie Nebenwirkungen.

Insgesamt überwiegen damit die positiven Effekte. Für Erwachsene mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom, für die eine autologe Stammzelltransplantation nicht geeignet ist, gibt es somit einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Daratumumab plus Lenalidomid plus Dexamethason gegenüber Lenalidomid plus Dexamethason.

Immuncheckpoint-Inhibitoren: Hautreaktionen als prognostisch günstiger Marker?

Immunvermittelte Nebenwirkungen an der Haut sind bei Patienten, die mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt werden, mit einem besseren Ansprechen auf die Therapie und dem Überleben assoziiert. Eine Arbeitsgruppe aus Boston fand dies in einer retrospektiven Kohortenstudie, deren Ergebnisse sie sie in JAMA Dermatology mitteilte.

Mit Hilfe des TriNetX Diamond Network verglich die Arbeitsgruppe die Daten von 7.008 Krebs-Patienten, die unter Immuncheckpoint-Inhibitoren immunvermittelte Nebenwirkungen an der Haut entwickelt hatten, mit 7.008 entsprechenden Kontrollpersonen.

Juckreiz, Arzneimittel-bedingter Ausschlag, trockene Haut, unspezifische Hautausschläge und immunvermittelte kutane Nebenwirkungen schützten mit einem Signifikanzniveau von 0,05 vor Sterblichkeit. Psoriasis und Lichen planus/lichenoide Dermatitis hatten ebenfalls einen protektiven Effekt.

In weiteren Studien sollten die Assoziationen zwischen kutanen immunvermittelten Hautreaktionen und Überleben und der Effekt einer Unterbrechung oder eines Abbruchs der Therapie näher untersucht werden.

Immuntherapie: CAR-Makrophagen als neue Therapiestrategie bei soliden Tumoren?

Vorläufige Ergebnissen einer ersten klinischen Studie am Menschen mit chimären Antigenrezeptor-Makrophagen (CAR-M) weisen darauf hin, dass sie möglicherweise zur Behandlung von HER2-positiven soliden Tumoren geeignet sind, so eine Pressemitteilung der Universität von Pennsylvania.

Die seit einiger Zeit eingesetzte CAR-T-Zell-Therapie ist primär bei hämatologischen, nicht jedoch bei soliden Tumoren wirksam.

Bei der CAR-M-Therapie werden primäre Monozyten aus dem Blut des Patienten isoliert und mit dem gewünschten Antigen-spezifischen chimären Rezeptor, z.B. Anti-HER2, modifiziert. Die CAR-M-modifizierten Zellen werden dem Patienten reinfundiert. Sie können immunologisch „kalte“ sowie nicht nachweisbare Tumoren erreichen und sie so aktivieren, dass sie auf die Therapie besser ansprechen.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....