Bedrohliche Prognose für Demenz: Bis 2050 werden 3 Mal mehr Patienten erkranken – wenn Risikofaktoren nicht reduziert werden

Kelli Whitlock Burton

Interessenkonflikte

12. Januar 2022

Die Zahl der über 40-Jährigen, die an Demenz erkranken, wird sich bis 2050 weltweit fast verdreifachen und in den Vereinigten Staaten verdoppeln, wenn keine Maßnahmen gegen die Risikofaktoren ergriffen werden. Dies zeigen neue Forschungsergebnisse, die in The Lancet Public Health veröffentlicht worden sind [1].

Die Ergebnisse dieser Studie aus 195 Ländern und Gebieten zeigen, dass im Jahr 2050 weltweit 153 Millionen Menschen an Demenz erkrankt sein werden – gegenüber 57 Millionen im Jahr 2019. In den Vereinigten Staaten wird die Zahl der Demenzkranken voraussichtlich um 100% steigen, von geschätzten 5,3 Millionen im Jahr 2019 auf 10,5 Millionen im Jahr 2050.

Der Anstieg ist größtenteils auf das Wachstum und die Alterung der Bevölkerung zurückzuführen. Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass ein besserer Zugang zu Bildung und die Bekämpfung von Risikofaktoren – wie Fettleibigkeit, hoher Blutzucker und Rauchen – den Anstieg der Fälle abschwächen könnten.

Die Studie prognostiziert einen Anstieg der Demenzerkrankungen in allen untersuchten Ländern. Der stärkste Anstieg wird in Nordafrika und im Nahen Osten (367%) sowie in Afrika südlich der Sahara (357%) erwartet. Am geringsten wird der Anstieg in den Ländern mit hohem Einkommen im asiatisch-pazifischen Raum (53%) und in Westeuropa (74%) ausfallen.

Obwohl die USA den 37. niedrigsten prozentualen Anstieg aller untersuchten Länder aufweisen, „ist dieser erwartete Anstieg immer noch groß und erfordert die Aufmerksamkeit von Politikern und Entscheidungsträgern“, sagt Dr. Emma Nichols vom Institute for Health Metrics and Evaluation an der University of Washington in Seattle gegenüber Medscape.

Prognosen zur Demenzprävalenz: Anstieg am höchsten in Katar, am niedrigsten in Japan

Für die Studie verwendeten die Forscher länderspezifische Schätzungen der Demenzprävalenz aus der Global Burden of Disease Study 2019 (GBD 2019), um die Demenzprävalenz global, nach Weltregionen und auf Länderebene zu prognostizieren.

Außerdem nutzten sie Informationen über die voraussichtliche Entwicklung von 4 wichtigen Demenz-Risikofaktoren (hoher Body-Mass-Index, hoher Nüchtern-Glukosewert, Rauchen und niedriges Bildungsniveau), um abzuschätzen, wie sich Veränderungen bei diesen Risikofaktoren auf die Demenzprävalenz zwischen 2019 und 2050 auswirken könnten.

Trotz des prognostizierten starken Anstiegs der Zahl der Menschen mit Demenz blieb die altersstandardisierte Prävalenz für beide Geschlechter zwischen 2019 und 2050 mit einer globalen prozentualen Veränderung von 0,1% (-7,5 bis 10,8) stabil.

Die Demenzprävalenz war bei Frauen höher als bei Männern und nahm mit dem Alter zu, wobei sie sich sowohl 2019 als auch 2050 bis zum Alter von 85 Jahren etwa alle 5 Jahre verdoppelte (Verhältnis Frauen/Männer: 1,67 [1,52-1,85]).

Die prognostizierte Zunahme der Fälle ist weitgehend auf das Wachstum und die Alterung der Bevölkerung zurückzuführen, wenngleich deren relative Bedeutung je nach Weltregion variiert. Das Bevölkerungswachstum trug am meisten zum Anstieg in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara bei, während die Alterung der Bevölkerung am meisten zum Anstieg in Ostasien beitrug.

Die Länder mit der höchsten erwarteten prozentualen Veränderung der Gesamtzahl der Demenzfälle zwischen 2019 und 2050 sind:

  • Katar (1.926%)

  • Vereinigte Arabische Emirate (1.795%)

  • Bahrain (1.084%)

  • Oman (943%)

  • Saudi-Arabien (898%)

  • Kuwait (850%)

  • Irak (559%)

  • Malediven (554%)

  • Jordanien (522%)

  • Äquatorialguinea (498%)

Länder mit der geringsten erwarteten prozentualen Veränderung der Gesamtzahl der Demenzfälle zwischen 2019 und 2050:

  • Japan (27%)

  • Bulgarien (37%)

  • Serbien (38%)

  • Litauen (44%)

  • Griechenland (45%)

  • Lettland (47%)

  • Kroatien (55%)

  • Ukraine (55%)

  • Italien (56%)

  • Finnland (58%)

Veränderbare Risikofaktoren: Bildung, Adipositas, Blutzucker, Rauchen

Die Forscher berechneten auch, wie sich Veränderungen bei den Risikofaktoren auf die Demenzprävalenz auswirken könnten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass ein verbesserter Zugang zu Bildung die Prävalenz bis 2050 weltweit um schätzungsweise 6,2 Millionen Fälle reduzieren würde.

Dieser Rückgang würde jedoch durch die erwartete Zunahme von Fettleibigkeit, hohem Blutzucker und Rauchen aufgehoben, was nach Schätzungen der Forscher zu zusätzlichen 6,8 Millionen Demenzfällen führen würde.

Die Projektionen basieren auf den erwarteten Trends der Bevölkerungsalterung, des Bevölkerungswachstums und der Entwicklung der Risikofaktoren, „aber die Projektionen könnten sich ändern, wenn wirksame Maßnahmen für modifizierbare Risikofaktoren entwickelt und eingesetzt werden“, so Nichols. 

 
Die Projektionen könnten sich ändern, wenn wirksame Maßnahmen für modifizierbare Risikofaktoren entwickelt und eingesetzt werden. Dr. Emma Nichols
 

Im Jahr 2020 veröffentlichte die Lancet Commission on Dementia Prevention, Intervention and Care eine Aktualisierung ihres Berichts aus dem Jahr 2017, in dem sie 12 modifizierbare Risikofaktoren identifizierte, die 40% der Demenzfälle verzögern oder verhindern könnten (Medscape berichtete) . Bei den Risikofaktoren handelt es sich um: 

  • niedrige Bildung, 

  • Bluthochdruck, 

  • Hörminderung, 

  • Rauchen, 

  • Fettleibigkeit im mittleren Lebensalter, 

  • Depression, 

  • Bewegungsmangel, 

  • Diabetes, 

  • soziale Isolation, 

  • übermäßiger Alkoholkonsum, 

  • Kopfverletzungen und 

  • Luftverschmutzung.

„Die Länder, einschließlich die USA, sollten sich um die Entwicklung wirksamer Interventionen für veränderbare Risikofaktoren bemühen, aber auch in die Ressourcen investieren, die für die Unterstützung von Demenzkranken und ihren Pflegern erforderlich sind“, so Nichols. 

 
Die Länder … sollten sich um die Entwicklung wirksamer Interventionen für veränderbare Risikofaktoren bemühen, aber auch in die Ressourcen investieren, die für die Unterstützung von Demenzkranken und ihren Pflegern erforderlich sind. Dr. Emma Nichols
 

Sie fügte hinzu, dass zusätzliche Unterstützung für die Forschung und Ressourcen für die Entwicklung von therapeutischen Interventionen ebenfalls gerechtfertigt sind.

Zu stark vereinfachte Mechanismen?

In einem begleitenden Kommentar weisen Dr. Michaël Schwarzinger und Dr. Carole Dufouil von der Universitätsklinik Bordeaux, Frankreich, darauf hin, dass die Bemühungen der Autoren, auf der GBD 2019 aufzubauen, die zugrundeliegenden Mechanismen, die Demenz verursachen, zu sehr vereinfachen [2].

Die Autoren „liefern irgendwie apokalyptische Projektionen, die sinnvolle Änderungen des Lebensstils im Laufe des Lebens nicht berücksichtigen“, schreiben sie. 

 
Die Autoren liefern irgendwie apokalyptische Projektionen, die sinnvolle Änderungen des Lebensstils im Laufe des Lebens nicht berücksichtigen. Dr. Michaël Schwarzinger, Dr. Carole Dufouil
 

„Es besteht ein erheblicher und dringender Bedarf, das Konzept der öffentlichen Gesundheit in Bezug auf Demenz zu stärken, um die Menschen und die Entscheidungsträger besser über die geeigneten Mittel zu informieren, mit denen sich diese düsteren Prognosen hinauszögern oder vermeiden lassen“, fügen die Kommentatoren hinzu.

 

Kommentar

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