Haarige Forschung: Ein pflanzlicher Extrakt scheint die androgenetische Alopezie zu bessern – doch große Studien fehlen

Michael Simm

Interessenkonflikte

10. Januar 2022

ALRV5XR, ein Gemisch aus Pflanzenextrakten, Vitaminen und Mineralien, wurde über 24 Wochen Dauer einer kleinen Gruppe von Männern mit androgenetischem Haarausfall verabreicht. Dabei erhöhte sich die relative Dichte des Terminalhaares im Vergleich zu Placebo um 16,4%, wie Forscher in The Lancet berichten [1]

Neue Strategie gegen Haarausfall

Zum Hintergrund: Die androgenetische Alopezie (AGA) ist die häufigste Ursache von Haarausfall bei Männern. Sie stellt aus kosmetischen Gründen für viele Betroffene eine große Belastung dar. Die zugelassenen Präparate Minoxidil und Finasterid können weiteren Haarausfall stoppen, haben als mögliche Nebenwirkung jedoch Hautreizungen bzw. Libidoverlust. 

Jetzt haben Forscher ALRV5XR ein neues Mittel getestet, das „entwickelt wurde, um multiple am Haarwachstum beteiligte molekulare Signalwege und die Stammzellbiologie der Haarfollikel ins Visier zu nehmen“, wie sie schreiben. Laut ihrer Publikation handelt es sich nicht um ein Biologikum, sondern um eine „Formulierung standardisierter botanischer Extrakte, Vitamine und Mineralien“.

Studie mit 46 Teilnehmern

Um die Wirksamkeit zu untersuchen, haben Forscher 46 gesunde Männer zwischen 22 und 65 Jahren in ihre Doppelt verblindete, Placebo-kontrollierte Studie von 24 Wochen Dauer aufgenommen.

Teilnehmer erhielten Tabletten, Shampoo, Conditioner und ein Follikelserum für die tägliche Anwendung. Die Evaluation erfolgte verblindet zu Studienbeginn, nach 12 und nach 24 Wochen mittels Einschätzung eines Dermatologen und Phototrichogrammen. Außerdem wurden Blutproben analysiert.

Signifikant höhere Dichte des Terminalhaares unter Verum

17 Probanden unter Verum und 19 unter Placebo vervollständigten die Studie, aber nur 11 aus jeder Gruppe konnte bezüglich der Veränderung der Terminalhaardichte evaluiert werden.

Nach 24 Wochen war die Terminalhaardichte unter Verum im Vergleich zu Placebo absolut um 21,0 Terminalhaare/cm2 gewachsen (95%-Konfidenzintervall 9,2-32,8, p = 0,0014). Die relative Dichte des Terminalhaares erhöhte sich unter Verum im Vergleich zu Placebo um 16,4 % (95%-KI 7,4-25,5; p = 0,0012). 

Das Chancenverhältnis (OR) für ein Ansprechen auf die Therapie, definiert als keine oder eine positive Veränderung, betrug 87,4. Die Haardichte vergrößerte sich bei den Respondern linear und zwar unabhängig vom Ausmaß des Haarausfalls, dem Haartyp, der Ethnie, dem Alter oder dem Körpermasseindex.

Die Studienarznei war gut verträglich; die Autoren beobachteten keine Nebenwirkungen.

Unabhängige Bestätigung der Ergebnisse notwendig

Obwohl effektiv nur Daten von 22 Probanden ausgewertet worden sind, sehen die Studienautoren ein klinisch signifikantes Nachwachsen des Terminalhaares. Sowohl die Wirksamkeit als auch die Ansprechrate sei um ein Vielfaches größer als in den publizierten Studien mit Standardtherapien, schreiben sie. 

Dass der Effekt über 24 Wochen anhalte, lege nahe, dass Struktur und Funktion nicht-produktiver Follikel wiederhergestellt würden und dass ein normaler Haar-Phänotyp mit einer langanhaltenden Therapie erreichbar sei. 

Eine unabhängige Replikation der Ergebnisse, Studien mit einer weitaus höheren Zahl von Probanden und auch längerer Laufzeit werden zeigen müssen, ob diese Einschätzung realistisch ist.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

 

Kommentar

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