Fall: Dieser 47-Jährige sieht Doppelbilder, hat Kribbelgefühle in den Extremitäten und Gehstörungen. Wie helfen Sie ihm?

Sujatha R. Borra, Rahul R. Borra, Darshan Rola, Neal T. Patel

Interessenkonflikte

10. Januar 2022

Diskussion

Anhand des Krankheitsbildes des Patienten wurde eine umfassende Differenzialdiagnose erstellt. Am plausibelsten waren das Guillain-Barré-Syndrom, das Miller-Fisher-Syndrom, die Charcot-Marie-Tooth-Krankheit (CMT), die Myasthenia gravis und eine Clostridium-botulinum-Vergiftung.

Die Symptome des Patienten ließen den Verdacht auf eine demyelinisierende Erkrankung aufkommen. Das Fehlen einschlägiger positiver Befunde sowohl bei den Labortests als auch bei den bildgebenden Untersuchungen deutete darauf hin, dass die vorangegangene leichte Atemwegsinfektion zu dem Krankheitsbild beigetragen haben könnte.

Im EMG an den Beinen war die Nervenleitgeschwindigkeit beidseits vermindert. Diese Befunde wiesen zusammen mit den vorliegenden Symptomen und der Atemwegsinfektion in der Anamnese auf das Miller-Fisher-Syndrom hin. Dabei handelt es sich um eine seltene Variante des Guillain-Barré-Syndroms.

Um diese Diagnose zu bestätigen, wurde eine serologische Untersuchung durchgeführt. Die Ergebnisse waren positiv für die Anti-GQ1b-IgG-Antikörper, die pathognomonisch für das Miller-Fisher-Syndrom sind.

Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine akute demyelinisierende Neuropathie, die typischerweise nach einem akuten bakteriellen oder viralen Infekt auftritt. Am ehesten prädisponierend wirkt eine bakterielle Darmentzündung mit Campylobacter jejuni, doch auch Influenzaviren, das Zytomegalievirus, Mycoplasma pneumoniae und das Epstein-Barr-Virus können das Syndrom auslösen. Obwohl Infektionen mit diesen Erregern recht häufig sind, ist das Guillain-Barré-Syndrom eher selten. Die Inzidenz in Deutschland liegt bei 1,6 bis 1,9 pro 100.000 Einwohner, was somit etwa 1300 bis 1600 Fällen jährlich entspricht. Männer sind 1,5-mal häufiger vom Guillain-Barré-Syndrom betroffen als Frauen [2].

In der Regel kommt es innerhalb von 2 bis 4 Wochen nach dem Auftreten der ersten Symptome zur spontanen Remission. Steigt die Lähmung weiter in Richtung Zwerchfell auf, sollte sofort eine Plasmapherese durchgeführt oder Immunglobuline i.v. gegeben werden. Beide Behandlungen sind gleichermaßen wirksam.

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....