Bei Patienten mit mehrjährig anhaltender, aktiver Colitis ulcerosa induziert der orale Transfer eines fäkalen Mikrobioms (FMT) eine dauerhafte, glukokortikoidfreie Remission. Das ist das Ergebnis einer kleineren, aber methodisch hochwertigen randomisierten Studie.
Der FMT über oral applizierbare Kapseln wird von den Patienten gut akzeptiert und auch gut vertragen. Dem Mikrobiom-Transfer war eine antibiotische Induktionsbehandlung vorausgegangen [1,2].
Offene Fragen zum Stuhltransfer
Zum Hintergrund: Die Prävalenz der Colitis ulcerosa, einer immunvermittelten chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, nimmt weltweit zu, möglicherweise durch umweltbedingte Veränderungen des Darmmikrobioms.
Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass der FMT von gesunden Spendern prinzipiell wirksam ist. Allerdings erfolgte der Stuhltransfer in diesen Studien endoskopisch. Die Gabe musste mehrfach wiederholt werden. Selbst dann waren steroidfreie Remissionen meist nicht andauernd, sondern hielten im Durchschnitt 6 Monate an.
Design der Studie
Es handelte sich um eine prospektiv randomisierte, placebokontrollierte und doppelblinde Studie an 2 klinischen Zentren in Australien. Eingeschlossen wurden Patienten zwischen 18 und 75 Jahren mit klinisch und endoskopisch aktiver chronischer Colitis ulcerosa und einem Gesamt-Mayo-Score von 4–10 sowie einem endoskopischen Mayo-Subscore ≥1.
Sie waren durchschnittlich 37 Jahre alt bei einer durchschnittlichen Dauer der Erkrankung von 4 bis 5 Jahre. Als durchschnittliche Krankheitsaktivität geben die Autoren 5-7 im Mayo-Score an. Der endoskopische Mayo-Subscore lag bei 2; die Lokalisation war zu 71% linksseitig, 20-25 % hatten eine Pancolitis.
Als Induktionstherapie erhielten Patienten 2 Wochen lang Amoxicillin, Metronidazol und Doxycyclin. Sie wurden 1:1 in eine Gruppe, die für 8 Wochen täglich lyophilisiertes Mikrobiom in Kapseln einnahm und eine 2. Gruppe mit Placebokapseln.
Primärer Endpunkt war die glukokortikoidfreie klinische Remission mit einem Gesamt-Mayo-Scorewert ≤2, allen Subscores ≤1 und einem um mindestens 1 Punkt reduzierten endoskopischen Subscore, jeweils zu Woche 8.
Responder wurden in eine Gruppe mit Fortsetzung der Therapie bis Woche 48 und in eine 2. Gruppe mit Behandlungsabbruch randomisiert.
Hauptergebnisse: Miklrobiomtransfer führt zu steroidfreier Remission
35 Patienten wurden randomisiert, davon 15 in die Verumgruppe und 20 in den Placeboarm.
In der Woche 8 befanden sich 8 der 15 Patienten mit FMT (53%) in steroidfreier klinischer Remission und 3 von 20 Patienten unter Placebo (15%; absolute Differenz zugunsten von Verum 38,3%; p=0,027).
Unerwünschte Effekte während der Behandlung traten bei 67% der Patienten in der FMT-Gruppe und bei 85 % unter Placebo auf. Sie waren generell mild und gingen spontan zurück.
10 Patienten aus der FMT-Gruppe mit einer endoskopischen oder klinischen Response wurden in eine Gruppe mit weiterer Einnahme der FMT-Kapseln randomisiert (n=4) und in eine 2. Gruppe (n=6), die die Behandlung abbrach. Alle 4 Patienten, die weiterhin FMT-Kapseln einnahmen, waren auch zu Woche 56 noch in endoskopischer, klinischer und histologischer Remission.
Ein Schritt hin zu neuen Therapien
Die Ergebnisse der methodisch hochwertigen LOTUS-Studie sind ein wichtiger Schritt hin zur Weiterentwicklung von biologischen Produkten für die Behandlung der chronisch aktiven Colitis ulcerosa, heißt es im begleitenden Editorial. Orale Kapseln mit lyophilisiertem Mikrobiom lösten die logistischen Probleme der Aufbewahrung und einer mehrfachen Anwendung. Außerdem würde diese Applikationsform von den Patienten gut akzeptiert. Die im Verhältnis zu früheren Studien guten Ergebnisse legen nach Meinung der Kommentatoren nahe, dass eine vorbereitende Behandlung mit Antibiotika zum Erfolg beigetragen hat. Nun gelte es, die Wirksamkeit dieses Therapieansatzes in größeren klinischen Studien weiter zu untersuchen.
Dieser Beitrag ist im Original bei Univadis erschienen.
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Diesen Artikel so zitieren: Chronisch-aktive Colitis ulcerosa: Remission durch oralen Mikrobiomtransfer – ein Schritt hin zu neuen Therapien - Medscape - 16. Dez 2021.
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