Auch bei Herzinsuffizienz mit Auswurffraktion über 50% lohnt SGLT2-Inhibition, zeigt Subgruppen-Analyse mehrerer Studien 

Dawn O'Shea 

Interessenkonflikte

9. Dezember 2021

Ergebnisse eines systematischen Reviews und einer Metaanalyse, die im European Journal of Preventive Cardiology veröffentlicht worden sind, deuten darauf hin, dass SGLT2-Hemmer vielleicht der lang ersehnte „Heilige Gral“ bei der Behandlung einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) mit links-ventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF) >50% sein könnten [1]

Damit wären SGLT2-Inhibitoren die ersten Medikamente mit echtem Nutzen bei diesen Patienten. Nach Ansicht der Studienautoren würden sich damit die „Behandlungsmöglichkeiten für diese Gruppe revolutionieren“.

Details der Metaanalyse

Ein Team des Norfolk and Norwich University Hospitals, des Imperial College London, des Cambridge University Hospitals und der University of East Anglia führte systematische Literaturrecherchen in PubMed, Embase, Cochrane und im Web of Science durch, um Studien zu finden, welche die Begriffe „SGLT2“ oder „Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Hemmer“, „Canagliflozin“, „Dapagliflozin“, „Empagliflozin“, „Ertugliflozin“ oder „Herzinsuffizienz“ enthalten. Es wurden nur Studien mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 6 Monaten eingeschlossen. Primäre Endpunkte waren kardiovaskuläre Todesfälle und Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz.

Von 9.493 Artikeln wurden 167 Studien einem Volltextscreening unterzogen, woraufhin insgesamt 5 Studien mit 9.726 Teilnehmern eingeschlossen wurden. Insgesamt erhielten 5.046 Patienten einen SGLT2-Inhibitor und 4.680 ein Placebo.

Ergebnisse der Metaanalyse

Die Auswertung der Studien ergab, dass SGLT2-Inhibitoren im Vergleich zu Placebo mit einer signifikanten Verringerung des kombinierten Endpunkts der Zahl der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Zahl der Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz (Hazard Ration [HR] 0,78; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,69 bis 0,87; I2 0%) verbunden war. Das galt auch rein für Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz (HR 0,71; 95%-KI 0,61 bis 0,84; I2 0%). 

Es gab jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen Verum und Placebo bezüglich der kardiovaskulären Todesfälle (HR 1,01; 95%-KI 0,80 bis 1,28; I2 23%) und der Gesamtmortalität (HR 1,01; 95%-KI 0,89 bis 1,14; I2 0%).

Subgruppenanalyse zeigt Benefit bei LVEF über 50%

Da einige Studien auch Patienten mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) von 40 bis 50 % einschlossen, was nicht der Definition von HFpEF gemäß den jüngsten ESC-Leitlinien für Herzinsuffizienz entspricht, führten die Forscher eine gezielte, vorab spezifizierte Subgruppen-Analyse durch. Hier wurden Studien mit insgesamt 5.928 Patienten eingeschlossen. Alle Teilnehmer hatten eine LVEF von über 50%. 

Auf Grundlage dieser Daten waren SGLT2-Inhibitoren mit einer 23-prozentigen Verringerung des Risikos von Tod oder Herzinsuffizienz verbunden (HR 0,77; 95%-KI 0,66 bis 0,91; I2 22 %); dies blieb auch nach einer Sensitivitätsanalyse signifikant.

Dies ist die erste Metaanalyse, die SGLT2-Hemmer bei HFpEF untersucht. Die Erkenntnis, dass SGLT2-Inhibitoren in dieser Kohorte von Vorteil sind, deutet darauf hin, dass SGLT2-Inhibitoren die ersten Medikamente sein könnten, die das Potenzial haben, bei HFpEF einen prognostischen Vorteil zu bieten. Allerdings sind weitere große Studien erforderlich, um die Wirkung der SGLT2-Inhibitoren bei einer ausreichenden Zahl von Patienten mit HFpEF zu untersuchen.

Studienautoren sehen Chancen, die Versorgung zu verbessern 

Der Hauptautor der Studie, Prof. Dr. Vassilios Vassiliou von der University of East Anglia Norwich Medical School und ehrenamtlicher Kardiologe am Norfolk and Norwich University Hospital, sagt, HFpEF habe sich als schwierig zu behandelnde Erkrankung erwiesen, da alle getesteten Medikament keinen Nutzen gezeigt hätten. 

Während frühere Studien ergeben hätten, dass SGLT2-Inhibitoren bei Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion von Vorteil seien, zeige die aktuelle Studie, dass diese Therapien auch Herzinsuffizienz-Patienten mit erhaltener Ejektionsfraktion helfen könnten, betonte er.

Die Autoren erklären zu ihren Resultaten: „Die verschiedenen Subtypen von HFpEF und ihre Behandlung geben Ärzten seit mehreren Jahren Rätsel auf. Die hohe Morbiditäts- und Mortalitätsrate, die sie mit sich bringt, sowie die diagnostischen und therapeutischen Herausforderungen haben sie zu einer der schwierigsten klinischen Entitäten gemacht. SGLT2-Inhibitoren scheinen etwas Licht ins Dunkel zu bringen, denn ihr kardiometabolisches Profil wirkt sich positiv auf die komplexen pathophysiologischen Mechanismen aus, die bei HFpEF eine Rolle spielen.“ 

 
SGLT2-Inhibitoren scheinen etwas Licht ins Dunkel zu bringen, denn ihr kardiometabolisches Profil wirkt sich positiv auf die komplexen pathophysiologischen Mechanismen aus, die bei HFpEF eine Rolle spielen. Prof. Dr. Vassilios Vassiliou
 

Der Wunsch, die Komplexität der Behandlung von HFpEF zu entwirren, sei aber längst noch nicht vorbei, so die Autoren, die darauf hinweisen, dass weitere Forschung erforderlich sei. Man könnte jedoch argumentieren, dass mit den SGLT2-Inhibitoren „das Ziel jetzt sichtbar ist und Ithaka näher ist, als es jemals war“. [In der Mythologie erreichte Odysseus erst nach 10-jähriger Irrfahrt seine Heimat, die Insel Ithaka; Anm. d. Übers.]

Der Beitrag wurde von Michael van den Heuvel aus  www.medscape.co.uk  übersetzt und adaptiert. 

 

Kommentar

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