So sollten Sie vorgehen: Betriebsbedingte Kündigung bei Praxisschließung – Tipps vom Virchowbund

Virchowbund

Interessenkonflikte

8. Dezember 2021

Wer als Praxisinhaber in den nächsten Jahren in Rente geht, ohne einen Nachfolger für die Praxis zu haben, muss wohl oder übel dem Praxispersonal kündigen. Die eigene Arztpraxis zu schließen und das Personal zu entlassen, fällt nicht leicht. Von der emotionalen Belastung abgesehen gibt es einiges, was Sie aus rechtlicher Sicht beachten müssen. Der Verband der niedergelassenen Ärzte (Virchowbund) hilft Ihnen dabei, Fehler zu vermeiden [1].

Kündigungsfristen

Die Mindest-Kündigungsfristen sind in § 622 BGB geregelt:

Für eine Kündigung durch Arbeitgebender beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen:

  • 2 Jahre bestanden hat, 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats,

  • 5 Jahre bestanden hat, 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  • 8 Jahre bestanden hat, 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  • 10 Jahre bestanden hat, 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  • 12 Jahre bestanden hat, 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  • 15 Jahre bestanden hat, 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  • 20 Jahre bestanden hat, 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Mehr über Kündigungsfristen und Gründe finden Sie auf der Virchowbund-Themenseite Kündigung.

Sie müssen einzelne Medizinische Fachangestellte (MFA) ggf. schon 7 Monate vor der geplanten Praxisaufgabe kündigen – auch, wenn Sie noch hoffen, einen Praxisnachfolger oder eine Praxisnachfolgerin zu finden oder sogar in noch laufenden Verhandlungen zur Praxisübernahme stehen. Denn im schlimmsten Fall müssen Sie sonst Ihren Mitarbeitenden auch nach Ihrer Praxisabgabe das Gehalt fortzahlen, bis die Kündigungsfrist abgelaufen ist.

Möglich ist auch, einvernehmlich einen Aufhebungsvertrag mit den Mitarbeitenden zu schließen. Eine juristisch geprüfte Vorlage für den Aufhebungsvertrag können Sie unter den Musterverträgen des Virchowbundes herunterladen. Lassen Sie sich bei Fragen dazu auch durch den Verband rechtlich beraten.

Mitarbeitergespräch

Eine Kündigung spricht sich meist schnell unter den Angestellten herum. Darum sollten Sie vor der ersten Kündigung ein Gespräch mit allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen führen. Bitten Sie Ihr Personal, gegenüber den Patienten und Anderen Stillschweigen zu wahren.

Sie werden nicht verhindern können, dass sich einige Mitarbeiterinnen schnell einen neuen Job suchen und von sich aus kündigen. Da Medizinische Fachangestellte bundesweit gesucht werden, besteht das Risiko, dass Sie in den letzten Monaten Personalengpässe haben. Die Kündigung zu spät auszusprechen, würde Sie aber viel Geld kosten.

Kündigungsschutz

Als Kündigungsgrund müssen Sie die Beendigung Ihrer ärztlichen Tätigkeit und Schließung der Praxis angeben. Das ist ein zulässiger ordentlicher Kündigungsgrund, also dürften in der Regel keine arbeitsrechtlichen Streitigkeiten auftreten.

Wichtig ist, dass Sie den Mitarbeitenden verständlich machen, dass Sie trotz intensiven Bemühens keine Nachfolge finden konnten.

Bei einigen Personen müssen Sie einen besonderen Kündigungsschutz beachten. Das betrifft:

  • Schwangere,

  • Mitarbeiter in Elternzeit oder Pflegezeit,

  • Auszubildende,

  • Schwerbehinderte.

In den meisten Fällen müssen Sie vor der Kündigung die Zustimmung einer Behörde (z.B. Landesamt für Arbeitsschutz, Integrationsamt, Landesärztekammer) einholen. Bitte kalkulieren Sie dafür ausreichend Zeit ein. Kündigen Sie erst, wenn die Zustimmung vorliegt.

Bei Auszubildenden sollten Sie sich dafür einsetzen, dass Ihr Azubi die Ausbildung in einer Praxis eines Kollegen bzw. einer Kollegin abschließen kann.

Zum Thema Praxisabgabe bietet der Verband der niedergelassenen Ärzte viele weitere Tipps und Unterstützung.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf  Coliquio.de.
 

Kommentar

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