Fall: Starke Intelligenzminderung, Verhaltensauffälligkeiten, Skoliose und Coxa valga – woran leidet diese Frau?

James Robert Brasic

Interessenkonflikte

6. Dezember 2021

Das Syndrom des fragilen X-Chromosoms, oder kurz das „Fragile-X-Syndrom“, ist eine X-chromosomal-dominante genetische Störung und konkurriert je nach Datenquelle mit dem Down-Syndrom um den Rang als häufigste Ursache einer ererbten Intelligenzminderung. Allerdings kommen bei diesem Syndrom autistische Verhaltensweisen in 12% der Fälle vor.

Mädchen sind etwa doppelt so oft betroffen wie Jungen. Die Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten fallen je nach Geschlecht unterschiedlich aus. Aufgrund des X-chromosomalen Erbgangs sind Jungen stärker betroffen und haben eine mittelschwere Intelligenzminderung, während Mädchen eine leichtere Beeinträchtigung aufweisen. In Deutschland sind etwa 1 von 1.200 Jungen und 1 von 2500 Mädchen von dem Syndrom betroffen [23].

Die Mädchen sehen dabei meist normal aus, während betroffene Jungen einige deutliche phänotypische Merkmale aufweisen. Dies macht sich in auffälligen kraniofazialen Befunden wie einer Makrozephalie, einem langen Gesicht, einer markanten Stirn und einem markanten Kinn sowie großen, abstehenden Ohren bemerkbar.

Bei 80% der postpubertären Männer entwickelt sich ein Makroorchismus. Bei Männern mit einer mäßigen Intelligenzminderung fallen eine verzögerte motorische und sprachliche Entwicklung, Hyperaktivität und autistische Verhaltensweisen auf [24,25].

Das Fragile-X-Syndrom wird durch eine Mutation im FMR1-Gen verursacht, das sich auf dem X-Chromosom befindet (Genlokus: Xq27.3). Der Schweregrad hängt von der Zahl der Wiederholungen der CGG-Tripletts im FMR1-Gen ab (Trinukleotidrepeat-Erkrankung). Die Expansion der CGG-Wiederholungen führt zur Unfähigkeit, FMRP zu produzieren. Dieses Protein ist an zerebralen Neuronenfunktionen beteiligt.

Frühzeitige Interventionsprogramme zur Behebung intellektueller Defizite können bei Patienten mit Fragilem-X-Syndrom ein optimales Wachstum und die Entwicklung unterstützen. Zudem wurden Medikamente zur Behandlung von Verhaltensstörungen und zur Verbesserung der Lebensqualität von Betroffenen untersucht [24,25,26].

Die Patientin in diesem Fall nahm an einer Untersuchung teil, bei der Acetylcholin in den Gehirnen von Frauen mit Rett-Syndrom einerseits und bei gesunden Männern und Frauen andererseits bestimmt wurde [27].

Männer mit Rett-Syndrom sind extrem selten. Da sie nur ein X-Chromosom haben, ist der Defekt dieser X-chromosomalen Erkrankung offenbar im Mutterleib meist tödlich und führt zu Fehlgeburten.

Die Dichte der vesikulären Acetylcholin-Transporter im lebenden menschlichen Gehirn kann mithilfe einer SPECT-Untersuchung (Einzelphotonen-Emissions-Computertomografie) erfasst werden [27]. Die Scans dieser Patientin und 3 weiterer Frauen mit Rett-Syndrom zeigten im Gegensatz zu den Scans von 8 gesunden Männern und Frauen eine verminderte zerebrale Aufnahme (s. Abb. 3).

((Abbildung 3))

Die unteren Felder im Bild zeigen die durchschnittlichen Darstellungen der Frauen mit Rett-Syndrom, während die oberen Felder die gemittelten Bilder der gesunden Erwachsenen zeigen (im Bild rechts = rechte Gehirnhälfte, im Bild oben = frontal). Die Tafeln zeigen Querschnitte in Höhe des Zerebellums (links), des Striatums (Mitte) und des Gyrus cinguli (rechts).

Eine verminderte Aufnahme ist im Vermis (linkes unteres Feld), im Striatum (mittleres unteres Feld) und im präzentralen Kortex beidseits (linkes unteres Feld) sowie im mittleren zingulären Feld (rechtes unteres Feld) zu erkennen. Die Veränderungen erreichen jedoch keine statistische Signifikanz, was aber wahrscheinlich auf die sehr kleine Stichprobe zurückzuführen ist [27].

Obwohl die Patientin in der Lage ist, selbst zu essen und ohne Hilfe zu gehen, benötigen die meisten Patientinnen mit Rett-Syndrom Unterstützung beim Essen, Gehen, Ankleiden, bei der Körperpflege und bei anderen grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens. Aufgrund ihrer schweren Intelligenzminderung sind sie lebenslang auf Hilfe und Betreuung angewiesen, wie es auch bei der hier vorgestellten Patientin der Fall ist.

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....