Die geburtshilflichen und pädiatrischen Fachgesellschaften, darunter die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), haben ihre Empfehlungen zur Versorgung mit SARS-CoV-2-infizierter Schwangerer und deren Neugeborenen aktualisiert. Neuerungen betreffen unter anderem die vaginale Entbindung und das Stillen der Neugeborenen. Darüber hinaus empfehlen sie die Booster-Impfung mit mRNA-Impfstoffen für Schwangere und Stillende.
Spontangeburt trotz COVID-19-Erkrankung
In dem Update berichten die Autoren, dass eine vaginale Entbindung auch im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion oder COVID-19-Erkrankung durchgeführt werden kann. Eine Geburtseinleitung oder ein Kaiserschnitt sollte bei einer SARS-CoV-2-positiven Schwangeren nur dann durchgeführt werden, wenn sie medizinisch begründet ist, heißt es in der aktualisierten Stellungnahme.
Zudem stelle eine SARS-CoV-2-Infektion bzw. COVID-19-Erkrankung keine Kontraindikation zur Regionalanästhesie (PDA/SpA) dar und sollte zu einem frühen Zeitpunkt erwogen werden. Die Autoren begründen diese Empfehlung damit, dass eine frühe Schmerzlinderung die Belastung von Herz und Lunge unter der Geburt reduzieren könne..
Der Einsatz von Lachgas (N2O) sub partu wird dagegen aufgrund möglicher Aerosolbildung kontrovers diskutiert. Die Society of Obstetric Anesthesia and Perinatology schlägt vor, von einer Analgesie mit Lachgas abzusehen, da unzureichende Daten zur Reinigung, Filterung und potenziellen Aerosolbildung der verwendeten Systeme bestehen.
Eine Trennung von erkrankter Mutter und gesundem Kind sei nicht erforderlich, wenn Hygieneregeln und Maßnahmen zur Vermeidung einer Virusübertragung eingehalten werden, heißt es im Update. Haut-zu-Haut Kontakt zwischen Mutter und Kind (Bonding), solle unter Einhaltung der Hygieneregeln und -maßnahmen ermöglicht werden. Hierzu zählen die Händedesinfektion, Mund-Nasen-Schutz und kein Schleimhautkontakt wie etwa Küssen.
Auch SARS-CoV-2-positive Mütter können stillen
Das Stillen wird auch bei SARS-CoV-2-Infektion der Mutter im internationalen Konsens der Fachgesellschaften befürwortet, da das Risiko einer Übertragung von SARS-CoV-2 durch Muttermilch bei Einhaltung der Hygieneempfehlungen als „sehr gering“ einzustufen sei. Frauen mit nachgewiesener oder vermuteter SARS-CoV-2-Infektion scheinen dennoch geringere Stillraten aufzuweisen. Eine ausführliche Beratung und gemeinsame Entscheidungsfindung werden von den Autoren daher dringend empfohlen.
Neben den bekannten Vorteilen des Stillens sei zudem laut Update ein möglicher passiver Immunschutz durch das Stillen denkbar. Positive Antikörpernachweise bei gleichzeitig negativer Virus-PCR aus Muttermilch von SARS-CoV-2-positiven Schwangeren stützen diese Hypothese. Indessen gilt als Hauptübertragungsweg des Virus auf das Neugeborene während des Stillens die mütterliche Aerosolbildung. Eine praktische Anleitung zu den speziellen Hygieneregeln und -maßnahmen beim Stillen sei daher obligat, unterstreichen die Autoren. Hierzu zählt neben Maßnahmen der Atemhygiene (Mund-Nasen-Schutz), die Hygiene von Händen, Brust und Milchpumpen. Das Abpumpen und anschließende Füttern durch eine gesunde Betreuungsperson sei laut Stellungnahme bei räumlicher Trennung eine mögliche Alternative. Unter den registrierten Geburten im CRONOS-Register wurde in 92,8 Prozent über eine kindliche Ernährung mit eigener Muttermilch berichtet.
Booster für Schwangere und Stillende
Bislang hat sich die Ständige Impfkommission (STIKO) nur für bestimmte Gruppen für eine Booster-Impfung gegen COVID-19 mit einem mRNA-Impfstoff ausgesprochen. Die Deutschen Fachgesellschaften für Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit, darunter auch die DGGG haben sich nun jedoch vorab schon einmal dafür ausgesprochen, eine Booster-Impfung auch in Schwangerschaft und Stillzeit zu empfehlen. Es gebe keinen Grund dafür, schwangere und stillende Frauen von einer Booster-Impfung auszugrenzen. Hinsichtlich des optimalen Zeitpunkts der Verabreichung der 3. Impfung in der Schwangerschaft gebe es jedoch noch keine belastbaren Daten, somit sei die Boosterung je nach Intervall zur 2. Impfung bzw. ab dem 2. Trimenon (analog zu den ersten 2 Impfdosen), möglich.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de .
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Diesen Artikel so zitieren: Aktualisierte Empfehlungen: Vaginale Entbindung und Stillen trotz COVID-19, Boosterung für Schwangere und Stillende - Medscape - 23. Nov 2021.
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