Primärprävention mit ASS: Kein Einfluss auf Demenz und kognitive Störungen bei Typ-2-Diabetes

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

22. November 2021

Die tägliche Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (100 mg) über 7 Jahre beeinflusst nicht das Risiko für die Entwicklung einer Demenz oder von kognitiven Störungen bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes. Prof. Dr. Jane Armitage, Universität von Oxford, berichtete bei den Scientific Sessions 2021 der American Heart Association (AHA) über eine Auswertung der ASCEND-Studie, nach der die kognitiven Scores unter Acetylsalicylsäure und Placebo vergleichbar waren [1]

Die Studienergebnisse deuteten jedoch nach Aussage von Armitage darauf hin, dass Acetylsalicylsäure in Bezug auf die Kognition sehr wahrscheinlich keine negativen Wirkungen habe, es jedoch durchaus Hinweise auf einen Nutzen gebe. „Studien mit mehr Demenzfällen sind erforderlich, um beurteilen zu können, ob die Einnahme von Acetylsalicylsäure über 5 bis 7 Jahre einen moderaten Nutzen von 15 bis 18% hat“, schlussfolgerte Armitage.

Die Stärken der Studie sind nach Meinung der Diskutantin Prof. Dr. Amytis Towfighi, Keck School of Medicine, University of Southern California und Director, Neurological Services, Los Angeles County Department of Health Services, u.a. die große Stichprobe von über 15.000 Patienten sowie ein fast kompletter und ein langer Follow-up. Offen sei noch, ob möglicherweise Subgruppen, z.B. Frauen, eher von der Acetylsalicylsäure-Einnahme profitieren. 

 
Studien mit mehr Demenzfällen sind erforderlich, um beurteilen zu können, ob die Einnahme von Acetylsalicylsäure über 5 bis 7 Jahre einen moderaten Nutzen von 15 bis 18% hat. Prof. Dr. Jane Armitage
 

ASS und Demenzrisiko

Die tägliche Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) in niedriger Dosierung senkt das Risiko kardiovaskulärer thrombotischer Ereignisse. Sie ist jedoch mit einem erhöhten Risiko von Blutungen assoziiert. Der Nutzen durch Verhinderung eines ischämischen Schlaganfalls oder von transitorischen ischämischen Attacken muss gegen das erhöhte Risiko intrakranialer Blutungen und von Mikroblutungen abgewogen werden. 

Bislang durchgeführte Studien zum Nutzen von ASS auf die Entwicklung von Demenz und kognitiven Störungen haben keine eindeutigen Effekte gezeigt. Wie Towfighi erläuterte, liegen bislang 4 randomisierte kontrollierte Studien zum Einfluss von ASS und nichtsteroidalen Antiphlogistika auf die Entwicklung kognitiver Störungen vor. 

In der ASPREE-Studie (Aspirin in Reducing Events in the Elderly) konnte an über 19.000 Patienten mit ASS versus Placebo ebenfalls kein Effekt auf die Entwicklung einer Demenz gesehen werden. Die anderen 3 Studien mit Celecoxib, Naproxen und Rofecoxib waren wegen Sicherheitsproblemen vorzeitig beendet worden. 

Eine japanische Studie mit 2.536 Diabetikern, die mit ASS 81 oder 100 mg/Tag oder Placebo behandelt worden sind, zeigte, dass das Risiko für die Entwicklung einer Demenz insgesamt nicht verringert wurde, dass das Risiko durch ASS aber bei Frauen stärker gesenkt wurde (Hazard Ratio [HR] 0,56) als bei Männern (HR 1,28). 

ASCEND-Studie – ASS ohne signifikanten Effekt

In die britische ASCEND-Studie waren 15.840 Diabetiker im Alter ab 40 Jahren ohne kardiovaskuläre Erkrankungen aufgenommen worden. Sie erhielten randomisiert 100 mg ASS pro Tag, Placebo sowie 1 g Omega-3-Fettsäuren täglich. Im Durchschnitt dauerte die Studie 7,4 Jahre. Die Ergebnisse der Hauptstudie sind 2018 im  New England Journal of Medicine  publiziert worden (wie  Medscape berichtete).

Die aktuelle Analyse der ASS- und Placebo-Gruppen erfasste eine zusätzliche Beobachtungszeit von 1,8 Jahren. Für die Bewertung gab es eine breite und eine enge Demenz-Definition. Die enge Definition umfasste nur die Demenz selbst, die breite Definition beinhaltete kognitive Beeinträchtigungen, Delirium, Einnahme von Medikamenten und Überweisung an eine Spezialeinrichtung. 

Armitage wies darauf hin, dass nach Beobachtungsanalysen das Demenzrisiko mit nichttödlichen vaskulären Ereignissen (Risk Ratio [RR] 2,40) oder starken Blutungen zunahm (RR 1,96). 

Sowohl bei der breiten Demenz als auch bei der eng definierten Demenz zeigte sich kein signifikanter Effekt der Einnahme von ASS. Eine breite Demenz entwickelten 7,1% der Patienten unter ASS und 7,8% unter Placebo (RR 0,91), eine eng definierte Demenz 3,3% bzw. 3,7% (RR 0,89). 

Die am Ende der Studie getestete kognitive Funktion zeigte eine leichte, aber nicht signifikante Besserung unter ASS. 

 

Kommentar

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