Warfarin und Dabigatran können kognitiven Abbau bei Älteren mit Vorhofflimmern verzögern

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

18. November 2021

Bei adäquater Dosierung und guter Adhärenz verhindert eine Behandlung mit Warfarin oder Dabigatran über jeweils 2 Jahre bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern einen kognitiven Abbau vergleichbar gut. Dies wurde nun erstmals in einer prospektiven Studie mit 200 Patienten gezeigt.

Prof. Dr. Bruno Caramelli, Universität Sao Paulo, Brasilien, hat Ergebnisse der randomisierten Studie GIRAF (CoGnitive Impairment Related to Atrial Fibrillation) bei den Scientific Sessions 2021 der American Heart Association (AHA) vorgestellt [1].

Diskutantin Prof. Dr. Tatjana Potpara, Kardiologische Klinik der Universität von Belgrad, wies auf die strengen Einschlusskriterien der Studie hin. Von 5.523 gescreenten Patienten konnten nur 200 in die Studie aufgenommen werden. Im Verlauf der Studie über 2 Jahre waren in der Dabigatran-Gruppe 12,9% und in der Warfarin-Gruppe 14,8% ausgeschieden, die Teilnehmerzahl war also relativ gering.

Prof. Dr. Bruno Caramelli

Potpara schlussfolgerte, dass definitiv mehr Studien für belastbare Aussagen zur Wirkung der verschiedenen Antikoagulanzien auf den kognitiven Abbau erforderlich sind.

Hemmen Antikoagulanzien die Entwicklung einer Demenz?

Caramelli führte aus, dass frühere Studien gezeigt haben, dass Vorhofflimmern mit einem höheren Risiko für die Entwicklung einer Demenz assoziiert ist und dass Antikoagulanzien dieses Risiko verringern können. Unklar ist bislang, ob hierfür direkt wirkende Antikoagulanzien (DOAK) oder Vitamin-K-Antagonisten (VKA) besser geeignet sind – obwohl kürzlich eine aktuelle Kohortenstudie gezeigt hatte, dass sich Demenz und kognitive Störungen bei Gabe von DOAK seltener entwickelt hatten als bei VKA.

Caramelli und seine Kollegen verglichen nun erstmals prospektiv bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern in einer offenen randomisierten Studie die Wirkungen von Dabigatran und Warfarin auf die Kognition.

Bewertung der Kognition mit 4 Verfahren

In 6 Zentren in Brasilien wurden Patienten mit Vorhofflimmern im Alter ab 70 Jahren und einem CHAD2DS2-VASc-Score >1 eingeschlossen. Ausschlusskriterien waren z.B. Klappenerkrankungen, Schlaganfall in der Anamnese, Demenz oder schwere neurologische/psychiatrische Erkrankungen, große Operationen, Blutungen, aktive Krebserkrankungen, linksventrikuläre Auswurffraktion unter 35% und aktive Lebererkrankungen.

Randomisiert erhielten 200 Patienten Dabigatran (110/150 mg zweimal täglich) oder Warfarin (einmal täglich INR 2-3) über 2 Jahre. Zu Beginn der Studie sowie nach 2 Jahren wurden die Patienten durch 2 unabhängige Neurologen anhand von 4 Verfahren bewertet:

  • Montreal Cognitive Assessment (MoCA),

  • Mini-Mental Status Test (MMSE),

  • Neuropsychologische Testbatterie zur Prüfung von Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Sprache und exekutiven Funktionen,

  • Computer-gesteuerte neuropsychologische Erhebung, die Genauigkeit und Reaktionszeit erfasst.

Nach 2 Jahren konnten die Daten von 83 Patienten in der Dabigatran- und von 66 Patienten in der Warfarin-Gruppe analysiert werden.

Keine Unterschiede zwischen Dabigatran und Warfarin

Die Patienten waren im Durchschnitt 74 bis 76 Jahre alt. Die Ausgangswerte waren bei 3 der 4 Skalen bei den Dabigatran-Patienten besser als bei den Warfarin-Patienten. Die Warfarin-Patienten befanden sich etwa 70% der Studienzeit im therapeutischen INR-Bereich.

Nach 2 Jahren gab es bei keinem Test große Veränderungen, ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Studienarmen zugunsten von Warfarin wurde beim MoCA-Score beobachtet (p=0,02). Caramelli meinte jedoch, dass man diesem Befund keine zu große Bedeutung zumessen sollte, dies sei eher ein Zufall.

Auch bei Betrachtung der einzelnen Domänen – wie Gedächtnis, exekutive Funktion, Sprache und Aufmerksamkeit – ergaben sich keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen.

Caramelli betonte, dass es unabhängig von der gewählten Therapie wichtig sei, dass Patienten mit Vorhofflimmern ihre Medikation richtig einnehmen und adhärent sind.

Bei der Auswahl der richtigen Antikoagulation für ältere Patienten mit Vorhofflimmern müsse das höhere Blutungsrisiko von Warfarin bedacht werden. Wenn ein Patient für Blutungen anfällig sei, müsse man eventuell Dabigatran bevorzugt einsetzen.
 

Kommentar

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