Für den Beweis, dass ein ärztliches Aufklärungsgespräch durchgeführt wurde, ist es nicht erforderlich, dass sich der Arzt an das Gespräch konkret erinnert. Der Nachweis einer „ständigen Übung“ genügt, wenn die Angaben des Arztes in sich schlüssig sind und durch die Dokumentation im Wesentlichen bestätigt werden. Das hat das Oberlandesgericht Dresden am 29. Juni 2021 entschieden [1].
So kam es zur Entscheidung
Im Januar 2013 sollte in einem Krankenhaus in Sachsen einem Patienten ein Shaldon-Katheter eingesetzt werden. Dies misslang jedoch.
Unter anderem mit der Begründung, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung vor der Anlage des Katheters nicht erfolgt sei, klagte der Patient auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Der Arzt konnte sich zwischenzeitlich nicht mehr an das konkrete Aufklärungsgespräch erinnern, schilderte aber den üblichen Ablauf. Zudem befand sich ein vom Patienten unterschriebener Aufklärungsbogen in den Unterlagen.
Das sagt das Gericht
Dem Patienten stehen keine Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen der behaupteten unterbliebenen Aufklärung zu. Denn eine solche habe vorgelegen.
Es seien keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen zu stellen, um nachzuweisen, dass das Aufklärungsgespräch geführt wurde. Es sei deshalb z.B. nicht erforderlich, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch erinnert. Angesichts der Vielzahl von Informations- und Aufklärungsgesprächen, die Ärztinnen und Ärzte täglich durchführen, könne dies nicht erwartet werden.
Das Gericht könne seine Überzeugungsbildung auch dann auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risiko- bzw. Eingriffsaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig ist, die entsprechende Aufklärung seiner praktizierten ständigen Übung entspricht und seine Angaben durch die ärztliche Dokumentation im Wesentlichen bestätigt wird. So lag der Fall hier.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Coliquio.de .
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Diesen Artikel so zitieren: Erinnerungslücke? Wenn Sie nachträglich ein Aufklärungsgespräch beweisen müssen, genügt der Nachweis „ständiger Übung“ - Medscape - 17. Nov 2021.
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