Im neuen Jahr müssen sich die Ärztinnen und Ärzte auf eine Reihe von Neuigkeiten einstellen. So wird das eRezept scharf gestellt, Hausärzte sollen aktiver über die Organspende aufklären, und sie müssen für ihre MFA tiefer in die Tasche greifen. Medscape hat die wichtigsten Änderungen zusammengestellt.
eRezept
Ab 2022 wird das eRezept verbindlich für alle Ärzte und ihre Patienten. Sie müssen das eRezept bei der Verordnung von apothekenpflichtigen Medikamenten nutzen. Bisher geschieht dies noch freiwillig.
Für das eRezept soll es eine App geben, die das Rezept direkt auf dem Smartphone anzeigt. Elektronische Verordnungen für bei Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) versicherte Selbstzahler sind auf freiwilliger Basis auch als eRezept möglich, wenn die Verordnungssoftware die Funktion anbietet.
Die notwendige technische Ausrüstung in der Praxis: Die TI-Anbindung mit dem E-Health-Konnektor als Mindestausstattung (für die Komfortsignatur braucht es den ePA-Konnektor), den elektronischen Heilberufeausweis 2.0, ein PSV-Update und einen Drucker mit einer Auflösung von 300 dpi.
Für Praxen, die technisch nicht in der Lage sind, eRezepte auszustellen, gilt eine Übergangsfrist bis zum Sommer 2022.
Elektronische Patientenakte
Seit Jahresbeginn müssen die Ärzte die elektronische Patientenakte (ePA) ihrer Patienten befüllen, wenn sie dies wünschen. Den Krankenkassen obliegt es, ihren Versicherten die ePA anzubieten. So will es das Patientendatenschutzgesetz.
Der Gebrauch der ePA ist freiwillig. Arztberichte, Befunde, Röntgenbilder – der Patient kann frei entscheiden, wem er welche Unterlagen in der ePA zugänglich machen oder wieder entziehen will.
Ab 1. Januar 2022 können auch der Impfausweis, das gelbe U-Heft für Kinder, das Zahnbonus-Heft und der Mutterpass in der ePA gespeichert werden. Ebenfalls ab 2022 können die Patienten im Falle eines Krankenkassenwechsels ihre Daten aus der ePA übertragen lassen.
Außerdem können die Patienten ab Neujahr 2022 jedes einzelne Dokument der ePA per Smartphone oder Tablett an einzelne Berechtigte adressieren. Darüber hinaus können sie einzelne Dokumente dem Zugriff einzelner ansonsten zugriffberechtigter Ärzte entziehen.
Elektronische AU-Bescheinigung
Seit Oktober 2021 wird die gedruckte Version der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung (AU-Bescheinigung) nach und nach durch die elektronische AU ersetzt.
Ab dem 1. Juli 2022 sollen die Krankenkassen den Arbeitgeber auf elektronischem Wege die AU-Daten ihrer Versicherten zur Verfügung stellen. Wenn also der behandelnde Arzt die Krankmeldung auf digitalem Wege an die zuständige Krankenkasse übermittelt hat, informiert die Kasse den Arbeitgeber ebenfalls digital.
Bis zum 30. Juni 2022 müssen die Arbeitnehmer bei ihren Arbeitgebern allerdings noch die gedruckten Krankmeldungen einreichen, die ihnen zuvor ihre Ärzte gegeben wurde. Und die Ärzte müssen weiterhin den Patienten eine AU-Bescheinigung für deren eigene Unterlagen ausdrucken.
Kommunikation im Gesundheitswesen (KIM)
Beim sicheren E-Mail-Datenaustausch via KIM steht 2022 die nächste Ausbaustufe an. KIM-Nutzer können einander Befunde, Arztbriefe oder Abrechnungen schicken. Bisher können Mails mit einem Umfang von bis zu 25 MB ausgetauscht werden.
In der Ausbaustufe 2 im kommenden Jahr sollen Dateien ohne Größenbegrenzung versandt werden können. Außerdem soll für jeden User eine Dienstkennung eingeführt werden. 2023 wird dann das mobile Senden und Empfangen von Daten ermöglicht.
TI-Messenger
„Beim TI-Messenger (Telematikinfrastruktur-Messenger) rechnen wir 2022 mit den ersten Lösungen am Markt“, teilt die gematik mit. Der Messenger ergänzt die KIM um einen mobilen Kurznachrichtendienst, der datensicher auf ein zentrales Adressbuch zurückgreift.
Ab der zweiten Jahreshälfte 2022 werden die ersten zugelassenen TI-Messenger auf Smartphone, Tablet und Desktop gleichermaßen das Instant Messaging ermöglichen, so die gematik. Der TI-Messenger soll funktionieren wie ein gängiger Kurznachrichtendienst, nur sicherer. Er läuft über die Telematik-Infrastruktur.
Kodierhilfe
Praxen erhalten ab Januar 2022 Unterstützung beim Verschlüsseln von Diagnosen, um die Kodierqualität zu erhöhen. Die Software wird von den Herstellern der jeweiligen Privatärztlichen Verrechnungsstelle (PVS) implementiert. Die Hilfe wird so in die Praxissoftware eingebunden und steht Ärzten und Psychotherapeuten direkt beim Kodieren zur Verfügung.
Damit kommt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) einem Auftrag des Terminservice- und Versorgungsgesetzes nach: Danach muss die KBV verbindliche Vorgaben zum Kodieren erstellen und zum 1. Januar 2022 einführen. Das bedeutet aber keine neuen Kodierregelungen. Das Instrument soll vielmehr helfen, die vorhandenen, aber zum Teil komplizierten Regelungen der ICD-10-GM besser anzuwenden.
Aufklärung über die Organspende
Ab April 2022 sollen Hausärztinnen und Hausärzte eine aktivere Rolle bei der Aufklärung über die Organspende spielen. So sollen die Spenderzahlen erhöht werden.
Hausärzte sollen ihre Patienten „regelmäßig“ darauf hinweisen, dass sie mit Vollendung des 16. Lebensjahrs eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgeben, ändern und widerrufen können und mit Vollendung des 14. Lebensjahrs einer Organ- und Gewebespende widersprechen können.
Die Leistung soll extrabudgetär vergütet werden. So steht es in dem Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsfindung. Um die entsprechenden Kenntnisse zu erlangen, können sich die Ärztinnen und Ärzte bei E-Learning-Portal der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) einloggen und das Lernmodul „Basismodul Hausarzt“ nutzen. Es ist mit 2 CME-Punkten zertifiziert.
Orientierungswert
Der Orientierungswert und damit die Preise ärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen steigen im kommenden Jahr um 1,275% von bisher 11,1244 Cent auf 11,2662 Cent. Dies bedeutet im Jahr 2022 etwa 600 Millionen Euro mehr Honorar. Das hat der Erweiterte Bewertungsausschuss beschlossen.
Dem Beschluss gingen zähe Verhandlungen voraus, bei denen sich KBV und GKV-Spitzenverband auf dem Verhandlungsweg nicht einigen konnten, so die KBV. Schließlich musste der erweiterte Bewertungsausschuss entscheiden.
Arzneimittelausgaben
Bei den Arzneimitteln steigt das erwartete Ausgabevolumen um 5,3%, bei Heilmitteln um 4,49%.
Bei der Steigerung des Ausgabenvolumens für Arzneimittel haben KBV und GKV-Spitzenverband unter anderem den erwarteten Einsatz innovativer Arzneimittel berücksichtigt, so die KBV. Grund für die Steigerung bei Heilmitteln sei die Preisentwicklung.
MFA-Gehälter
Gemäß dem neuen Tarifvertrag für Medizinische Fachangestellte (MFA) steigt das Gehalt der MFAs bis 2023 in 3 Stufen:
Zunächst stiegen die Gehälter zum 1. Januar 2021 um 6%.
Zum 1. Januar 2022 folgen weitere 3%, und
zum 1. Januar 2023 folgt ein Plus von 2,6%.
Der Tarifvertrag gilt bis 31. Dezember 2023.
Azubis erhalten ebenfalls schrittweise mehr Geld:
Seit 1. Januar 2021 erhalten sie im ersten Ausbildungsjahr 800 Euro pro Monat, im 2. Ausbildungsjahr 935 Euro und im 3. Ausbildungsjahr 995 Euro.
Ab 2022 betragen die Ausbildungsvergütungen in den 3 Ausbildungsjahren 900 Euro, 965 Euro und 1.035 Euro pro Monat.
Ab 2023 gibt es für die 3 Ausbildungsjahre 920 Euro, 995 Euro und 1.075 Euro pro Monat.
Im neuen Jahr steigen auch die Sonderzahlungen ab dem 2. Jahr der Betriebszugehörigkeit, und zwar von 65 auf 70% des regelmäßigen Bruttomonatsgehalts.
Corona-Sonderregelungen
Inwieweit die bis Jahresende 2021 geltenden Corona-Sonderregelungen im Jahr 2022 unter der 4. Infektionswelle weiter Gültigkeit behalten werden, lässt sich noch nicht sagen.
Bei den Sonderregelungen dreht es sich zum Beispiel um die Erstattung von Portokosten, wenn unter anderem Überweisungen (Muster 6 und 10) oder Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege (Muster 12) auf dem Postweg verschickt wurden, damit die Patienten nicht in die Praxis kommen müssen. Oder um den unbegrenzten Einsatz von Videosprechstunden. Fallzahl und Leistungsmenge sind bis Jahresende nicht limitiert.
Credits:
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Diesen Artikel so zitieren: Vom eRezept zu Corona-Sonderregeln: Kennen Sie schon diese 11 Neuerungen, auf die sich Ärzte 2022 einstellen müssen? - Medscape - 17. Nov 2021.
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