Neues zur „Lieblingsdroge“: Einfluss von Kaffee auf Aktivität, Schlaf und Extrasystolen

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

15. November 2021

Gesunde Personen, die Kaffee trinken, sind körperlich aktiver, haben mehr ventrikuläre Extrasystolen und schlafen weniger, so das Ergebnis der randomisierten Studie CRAVE (Coffee And Real-time Atrial And Ventricular Ectopy) mit 100 Probanden, die Prof. Dr. Gregory Marcus, Kardiologe an der Universität von Kalifornien, San Francisco (USA), bei den Scientific Sessions 2021 der American Heart Association (AHA) vorgestellt hat [1]. Er hat mit seinem Team erstmals in einer randomisierten Studie die aktuellen physiologischen Folgen von Kaffeekonsum untersucht.

Prof. Dr. Gregory Marcus

Diskutantin Prof. Dr. Sana M. Al-Khatib, Duke University Medical Center, Durham (USA), beglückwünschte die Autoren zu dieser Studie. Sie betonte jedoch, dass nur gesunde Personen im mittleren Alter von 38 Jahren, einem mittleren Body-Mass-Index (BMI) von 24 und ohne bekannte Arrhythmien aufgenommen worden waren. Dies sei weit entfernt von den Patienten, die sie täglich in der klinischen Praxis sehen würde.

Die primären Endpunkte vorzeitige Vorhof- und Kammerkontraktionen (PAC, PVC) seien nur Surrogat-Endpunkte, keine harten Endpunkte, und die Studie habe nur eine sehr kurze Nachbeobachtungszeit gehabt. Al-Khatib lobte jedoch den Einsatz moderner Techniken, wie Fitbit-Armbänder, Zio-Patches (Patienten-EKG-Monitor) und Smartphones zur Kommunikation zwischen Studienteilnehmern und Untersuchern.

Häufigstes konsumiertes Getränk weltweit

„Kaffee ist das am häufigsten konsumierte Getränk der Welt, seine gesundheitlichen Auswirkungen sind jedoch unklar“, sagte Marcus einleitend. Verschiedene Untersuchungen weisen auf potenzielle Vorteile des Kaffeetrinkens hin, so soll Kaffee das Diabetesrisiko senken. Möglicherweise beruht dieser Effekt auf einer vermehrten körperlichen Aktivität von Kaffeetrinkern.

Die durch Kaffee induzierten Schlafstörungen könnten sich andererseits nachteilig auf die Gesundheit auswirken. Bislang liegen vorwiegend Beobachtungsstudien vor, in denen Langzeiteffekte untersucht worden sind.

 
Kaffee ist das am häufigsten konsumierte Getränk der Welt, seine gesundheitlichen Auswirkungen sind jedoch unklar. Prof. Dr. Gregory Marcus
 

Marcus und seine Kollegen untersuchten nun randomisiert die akuten Wirkungen des Kaffeekonsums auf den Herzrhythmus, die körperliche Aktivität, den Schlaf und die Glucosespiegel im Blut.

Design der CRAVE-Studie

In die Studie nahmen sie 100 Freiwillige auf, die sich dazu bereit erklärten, an mehr als 2 aufeinanderfolgenden Tagen auf Kaffee zu verzichten, und die ein Smartphone besaßen. Die Teilnehmer durften weder an Vorhofflimmern noch an Herzinsuffizienz leiden, kein ICD und keinen Schrittmacher haben und nicht mit Betablocker, Dihydropyridin-Calciumantagonisten oder Antiarrhythmika behandelt werden.

Die Probanden erhielten ein kontinuierlich aufzeichnendes EKG-Gerät (iRhythm), ein Fitbit-Flex-2-Armband zur Aufzeichnung der Schlafdauer und der Schrittzahl sowie ein Gerät zur kontinuierlichen Glucosemessung (Dexcom). Auf dem Smartphone installierten die Teilnehmer eine App zur Geolokalisierung. Ihre DNA wurde auf mit dem Koffein-Stoffwechsel zusammenhängende Einzelnukleotid-Polymorphismen genotypisiert.

14 Tage lang erhielten sie täglich per SMS die Aufforderung, Kaffee zu trinken oder Kaffee zu meiden. Jede Tasse Kaffee mussten sie durch Knopfdruck am Zio-Patch dokumentieren. Außerdem mussten sie den Kaffeekonsum des Vortags schriftlich angeben.

Bei Vorlage der Quittungen erhielten sie die Kosten für den Kaffee erstattet. Die Besuche in Cafés wurden mit der Geofencing-App überprüft.

Primäre Endpunkte waren die täglichen vorzeitigen Vorhof- und Kammerkontraktionen (PAC, PVC), zu den sekundären Endpunkten gehörten die tägliche Zahl supraventrikulärer (SVT) und ventrikulärer Tachykardien (VT), die Schrittzahl, die Schlafdauer und der mittlere Glucosespiegel.

Ergebnisse der CRAVE-Studie

Die Probanden waren im Mittel 38 Jahre alt und wiesen einen mittleren BMI von 24 kg/m² auf. 51% waren Frauen. 53% konsumierten bisher schon mindestens 1 Tasse Kaffee am Tag.

In der Intention-to-Treat-Analyse war bei Kaffeekonsum:

  • das Risiko für eine vorzeitige Ventrikelkontraktion (PVC) um 54% erhöht (p<0,001),

  • die Probanden gingen 1.058 zusätzliche Fitbit-Schritte am Tag (p=0,001), und

  • sie schliefen pro Nacht 36 Minuten weniger (p<0,001) im Vergleich zu den Tagen ohne Kaffeekonsum.

Auf den Glucosespiegel hatte der Kaffeekonsum keinen Effekt.

Bei Koffein schnell metabolisierenden Probanden war der Effekt auf die PVC besonders ausgeprägt, während der Schlaf bei Langsam-Metabolisierenden stärker beeinflusst war.

Nach Aussage von Marcus belegt diese Untersuchung erneut, dass die akuten täglichen physiologischen Effekte von Kaffee komplex sind. Seiner Meinung nach müssen Personen mit SVT und Vorhofflimmern nicht unbedingt auf Kaffee verzichten.

Bei vorzeitigen Ventrikelkontraktionen oder ventrikulären Arrhythmien könne ein Kaffeeverzicht sinnvoll sein, aber genetische Faktoren würden das Risiko beeinflussen.

Der Vorteil der vermehrten körperlichen Aktivität bei Kaffeegenuss müsse gegen den Nachteil der verkürzten Schlafdauer abgewogen werden.

 

Kommentar

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