Abemaciclib bei Hochrisiko- Brustkrebs; Cabozantinib bei RCC-Hirnmetastasen; Darmkrebs: Jüngere ohne Überlebensvorteil

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

2. November 2021

Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir über die monarch-E-Studie, in der die Zugabe von Abemaciclib zur endokrinen Therapie bei Frauen mit Hochrisiko-Mammakarzinom das invasive krankheitsfreie Überleben verlängerte. Eine retrospektive Kohortenstudie ergab, dass Cabozantinib bei Patienten mit Nierenzellkarzinom auch auf Hirnmetastasen eine viel versprechende Wirkung hat. Überrascht waren Forscher aus Boston von dem Befund, dass jüngere Patienten mit einem metastasierten Kolorektalkarzinom keine besseren Überlebenschancen als ältere Patienten haben. Und eine französische Arbeitsgruppe definierte nach Analyse von Registerdaten 3 Faktoren, die das Risiko für sehr schwere immunologische Nebenwirkungen bei einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren erhöhen können.

  • Hochrisiko-Mammakarzinom: Abemaciclib zusätzlich zu endokriner Therapie verlängert IDFS

  • Nierenzellkarzinom: Cabozantinib wirkt auf Hirnmetastasen

  • Metastasiertes Kolorektalkarzinom: Jüngere Patienten überleben nicht länger als ältere Patienten

  • Multiples Myelom: Melflufen in den USA vom Markt genommen

  • Immuncheckpoint-Inhibitoren: Vorsicht bei schlechtem Allgemeinzustand, Lungenkrebs und erhöhtem Neutrophilen-Lymphozyten-Quotienten

Hochrisiko-Mammakarzinom: Abemaciclib zusätzlich zu endokriner Therapie verlängert IDFS

Der CDK4/6-Inhibitor Abemaciclib plus endokrine Therapie verbesserte das Überleben ohne invasive Erkrankung (IDFS) bei Frauen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Hochrisiko-Mammakarzinom und Lymphknotenbefall signifikant im Vergleich zu alleiniger endokriner Therapie. Dies ergab die Analyse des primären Endpunkts der monarch-E-Studie, die von Prof. Dr. Nadia Harbeck, Brustzentrum der LMU München, und Kollegen in Annals of Oncology publiziert worden ist.

An der multizentrischen, randomisierten, offenen Phase-3-Studie nahmen 5.637 Mammakarzinom-Patientinnen mit hohem Risiko teil. Als hohes Risiko war ein resezierter Hormonrezeptor-positiver, HER2-negativer invasiver Brustkrebs im Frühstadium definiert, der mit entweder ≥ 4 pathologisch positiven axillären Lymphknoten (pALN) oder 1 bis 3 pALN plus mindestens einem weiteren definierten Risikomerkmal assoziiert war. In eine weitere Kohorte wurden Frauen mit 1-3 pALN und erhöhtem Ki-67-Index (≥ 20%) eingeschlossen.

Randomisiert erhielten die Patientinnen Abemaciclib (150 mg zweimal täglich bis zu 2 Jahre) plus adjuvante endokrine Therapie (ET, 5 bis 10 Jahre) oder adjuvante endokrine Therapie allein. Primärer Endpunkt war das Überleben ohne invasive Erkrankung (IDFS), zu den wichtigen sekundären Endpunkten gehörten das Überleben ohne distante Metastasen (DRFS), das Gesamtüberleben (OS), die Verträglichkeit und Patient Reported Outcomes (PRO).

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 19 Monaten senkte Abemaciclib plus ET das Risiko für ein IDFS-Ereignis signifikant um 29% im Vergleich zu ET allein. Bei einer zusätzlichen Follow-up-Analyse nach 27 Monaten medianem Follow-up war das Risiko für ein IDFS-Ereignis um 30%, für ein Fernrezidiv-Ereignis (DRFS) um 31% geringer. Die 3-Jahres-IDFS- und DRFS-Raten verbesserten sich mit Abemaciclib um 5,4 bzw. 4,2%punkte.

Der Ki-67-Index erwies sich als prognostischer Faktor für ein Rezidiv. Die Wirkung von Abemaciclib war jedoch unabhängig vom Ki-67-Index.

Nierenzellkarzinom: Cabozantinib wirkt auf Hirnmetastasen

Der Tyrosinkinase-Inhibitor Cabozantinib zeigt eine vielversprechende Aktivität gegen Hirnmetastasen bei Patienten mit Nierenzellkarzinom (RCC), so das Ergebnis einer retrospektiven Kohortenstudie, das eine internationale Arbeitsgruppe in JAMA Oncology berichtet hat.

„In Ermangelung von Leitlinien und prospektiven Daten liefert diese internationale retrospektive Untersuchung den Beweis, dass Cabozantinib im Allgemeinen sicher verabreicht werden kann und in dieser relativ großen Population mit schlechter Prognose aktiv ist“, so das Fazit der Autoren. Weitere Untersuchungen seien jedoch zur Bestätigung der Ergebnisse und besseren Einordnung nötig.

In der Kohortenstudie analysierten sie die Daten von 88 RCC-Patienten mit Hirnmetastasen, die zwischen Januar 2014 und Oktober 2020 in 15 internationalen Zentren behandelt worden waren. Kohorte A umfasste Patienten mit fortschreitenden Hirnmetastasen ohne begleitende auf das Hirn gerichtete lokale Therapie (n = 33), zu Kohorte B gehörten Patienten mit stabilen oder fortschreitenden Hirnmetastasen, die gleichzeitig mit einer auf das Gehirn gerichteten Therapie behandelt wurden (n = 55). Die mediane Nachbeobachtungszeit lag bei 17 Monaten.

Auf Cabozantinib sprachen 55% der Kohorte-A-Patienten und 47% in Kohorte B an. In Kohorte A betrug die extrakranielle Ansprechrate 48%, die mediane Zeit bis zum Therapieversagen 8,9 Monate und das mediane Gesamtüberleben 15 Monate. Die entsprechenden Werte in Kohorte B waren 38%, 9,7 Monate und 16 Monate.

Cabozantinib wurde gut vertragen, es traten keine unerwarteten toxischen Wirkungen oder neurologischen Nebenwirkungen auf.

Metastasiertes Kolorektalkarzinom: Jüngere Patienten überleben nicht länger als ältere Patienten

Obwohl jüngere Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom tendenziell fitter sind und meist eine intensivere Therapie erhalten, sind ihre Überlebensraten nicht besser als bei älteren Patienten. Dies berichten Forscher aus dem Dana Farber Cancer Institute, Boston, im Journal of the National Cancer Institute .

Für die Autoren war das Ergebnis etwas überraschend, weil jüngere Patienten in der Regel weniger begleitende Erkrankungen haben. „Jüngere Patienten sind körperlich aktiver, haben eine höhere Leistungsfähigkeit und können die Aktivitäten des täglichen Lebens besser meistern als ältere Patienten. Sie werden auch eher mit höheren Dosen behandelt und haben weniger schwere Nebenwirkungen “, so die Studienleiterin Dr. Kimmie Ng in einer Pressemitteilung. „Dies ist die erste Studie, die das Überleben von jüngeren mit älteren Patienten vergleicht, die an einer klinischen Studie zur Behandlung von metastasiertem Kolorektalkarzinom teilnehmen.“

Anhand der Daten der CALGB/SWOG 80405-Studie, in der bei Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom eine Erstlinientherapie aus FOLFIRI und mFOLFOX 6 mit Bevacizumab oder Cetuximab untersucht worden war, verglichen die Forscher die Überlebenszeiten von 514 Patienten, die jünger als 50 Jahre waren, mit den Überlebenszeiten von 1.812 Patienten im Alter über 50 Jahren.

Das mediane Überleben von jüngeren Patienten mit 27,07 Monate und älteren Patienten mit 26,12 Monate unterschied sich nicht signifikant. Auch das progressionsfreie Überleben war in beiden Gruppen mit 10,87 Monaten bzw. 10,55 Monaten ähnlich. Patienten unter 35 Jahren überlebten mit 21,9 Monaten am kürzesten im Vergleich zu älteren Patienten mit 26,12 Monaten.

Multiples Myelom: Melflufen in den USA vom Markt genommen

Nur wenige Monate nachdem die Food and Drug Administration (FDA) Melflufen (Melphalan flufenamid) beschleunigt für die Behandlung des mehrfach rezidivierten multiplen Myeloms zugelassen hat, nahm es nun der Hersteller wieder aus dem Handel, weil die FDA eine Unterbrechung der laufenden klinischen Studien angeordnet hat. In der Phase-3-Studie OCEAN war unter dem neuen Medikament eine höhere Sterblichkeit im Vergleich zu Dexamethason und Pomalidomid beobachtet worden.

In der OCEAN-Studie wurden Melflufen plus Dexamethason mit Pomalidomid plus Dexamethason bei knapp 500 Patienten mit  dreifach refraktärem multiplem Myelom verglichen. Die Studie erreichte den primären Endpunkt, das progressionsfreie Überleben wurden mit einer Hazard-Ratio von 0,792 (p = 0,0311) verbessert. Im sekundären Endpunkt Gesamtüberleben erwies sich jedoch die Vergleichstherapie mit einer Hazard-Ratio (HR) von 1,104 als besser, wobei sich bei den einzelnen Subgruppen große Unterschiede in der HR zeigten.

Der Hersteller Oncopeptides hat sich nun zur Marktrücknahme entschlossen, weil die FDA die OCEAN-Studie nicht als konfirmatorische Studie für die Phase-2-Studie HORIZON einstuft, die Grundlage für die beschleunigte Zulassung der Substanz war.

Immuncheckpoint-Inhibitoren: Vorsicht bei schlechtem Allgemeinzustand, Lungenkrebs und erhöhtem Neutrophilen-Lymphozyten-Quotienten

Bei Patienten mit schlechtem Performance-Status (≥ 2), erhöhtem Neutrophilen-Lymphozyten-Quotient und Lungenkrebs ist das Risiko bei einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren sehr schwere immunologisch bedingte Nebenwirkungen (irAE) vom Schweregrad IV bis V zu erleiden erhöht. Diese Ergebnisse einer prospektiven Studie mit Daten des französischen Registers Registre des Effets Indésirables Sévères des Anticorps Monoclonaux Immunomodulateurs en Cancérologie (REISAMIC) können nach Meinung der Autoren helfen, einen Risikoscore zur Erkennung von besonders gefährdeten Patienten zu entwickeln.

Wie die französische Arbeitsgruppe im European Journal of Cancer mitteilte, fand sie, dass von 1.187 prospektiv verfolgten Patienten im REISAMIC 380 (32,0%) mindestens eine irAE erlitten und bei 34 (1,86%) eine sehr schwere irAE vom Grad IV bis V aufgetreten war. Hiervon waren 33 mit einer PD1- oder PD-L1-Inhibitor-Monotherapie und 1 Patient mit einer Kombination aus PD1- und CTLA4-Hemmer behandelt worden. Die Zeit bis zum Auftreten der sehr schweren Nebenwirkungen war mit 41 Tagen kürzer als bei den Nebenwirkungen vom Grad I bis III mit 91 Tagen. Als prädiktive Faktoren für das Auftreten von sehr schweren irAE ergaben sich ein schlechter Performance-Status von ≥ 2, ein erhöhter Neutrophilen-Lymphozyten-Quotient und die Behandlung eines Lungenkarzinoms.

 

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