Als häufigste Ursache eines Pneumomediastinums wird eine Alveolarruptur angenommen, die durch einen erhöhten intraalveolären Druck oder eine Schädigung der Alveolarwände zustande kommt. Das Druckgefälle zwischen dem intraalveolären und dem interstitiellen Raum führt dann zu einem Luftaustritt aus kleinen Alveolaröffnungen und rupturierten Alveolen in die perivaskulären Räume, was wiederum ein interstitielles Emphysem erzeugt.
Der Druckgradient begünstigt schließlich die Ausbreitung der Luft entlang der Gefäßscheiden in Richtung Hilus. Die Luft kann dann in das subkutane Gewebe und die tiefen Halsräume gelangen und sich schließlich auch im Perikardraum ausbreiten, wo sie ein Pneumoperikard erzeugt. Ein solcher Übertritt von freier Luft in den Perikardraum ist eine häufige Komplikation des Barotraumas bei Neugeborenen, bei Erwachsenen mit ihren sehr eng aneinander liegenden Perikardblättern jedoch selten [1,2,3,7].
Ein erhöhter intraalveolärer Druck kann auf verschiedene Wege zustande kommen, so etwa durch eine Atemwegsobstruktion (z.B. Schleimpfropfen bei Asthmatikern, Fremdkörper), mechanische Beatmung, stumpfes Trauma, Husten, Erbrechen oder das Valsalva-Manöver (z.B. bei der Geburt). Erkrankungen, die zu einer Schädigung der Alveolarwände führen können, sind die Pneumonie, das Emphysem, eine Lungenfibrose und auch das akute Atemnotsyndrom (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS) [1,2,3,4]. In jüngerer Vergangenheit wurde auch COVID-19 mit der Entwicklung eines Pneumomediastinums in Verbindung gebracht [8,9].
Um die Diagnose spontanes Pneumomediastinum stellen zu können, müssen die möglichen Ursachen eines sekundären Pneumomediastinums ausgeschlossen sein. Da diese potenziell lebensbedrohlich sind, ist dieser Ausschlussprozess besonders wichtig. Gab es vor Kurzem vielleicht einen zahnärztlichen Eingriff oder Eingriffe im oberen Verdauungstrakt?
Der Patient wird zudem auch auf mögliche Grunderkrankungen hin untersucht, die für ein Pneumomediastinum prädisponierend sind, wie z.B. Infektionen mit Gasbildnern am Kopf, in der Halsregion oder im Abdomen, oder auch Neoplasien, welche die Integrität der Ösophagusschleimhaut beeinträchtigen. So muss eine Ösophagusruptur ggf. auch durch einen Ösophagusbreischluck ausgeschlossen werden. Ereignisse oder Bedingungen, die bekanntermaßen ein spontanes Pneumomediastinum auslösen können, sind Erbrechen (insbesondere Würgen), Asthmaexazerbation, starker Husten oder körperliche Aktivität [1,3,5,7].
Ein Zusammenhang zwischen Pneumomediastinum und Drogeninhalation wurde ebenfalls festgestellt. Theoretisch geht man davon aus, dass dies durch ein Barotrauma verursacht wird, das durch langes, kräftiges Luftanhalten entsteht. Kokain- und Cannabiskonsumenten führen während der tiefen Drogeninhalation (häufig mithilfe von Wasserpfeifen) ein Valsalva-ähnliches Manöver durch, das zu einem Anstieg des intraalveolären Drucks führt und auch eine Alveolarruptur nach sich ziehen kann, vor allem wenn ein dabei auftretender Hustenreiz bewusst geblockt wird, was einen weiteren hohen Druckanstieg bedeutet. Es gibt keine Hinweise auf einen direkten pharmakologischen Effekt der Drogen auf die Entwicklung eines Spontanpneumomediastinums [1,2,3,4].
Die Betroffenen klagen meist über Brustschmerzen, Dyspnoe und Nackenschmerzen oder -spannungen. Der Brustschmerz ist jedoch das häufigste Symptom. Er präsentiert sich klassischerweise als akuter, retrosternaler, pleuritischer Schmerz, der eventuell auch in den Nacken, den Rücken oder in die Schultern ausstrahlen kann. Seltenere Symptome sind Odynophagie, Dysphagie, Dysphonie, Husten, Rücken- oder Unterleibsschmerzen.
Bei der körperlichen Untersuchung kann es auch Anzeichen für Atemnot geben und ein subkutanes Emphysem sowie das für ein Pneumomediastinum pathognomonische Hamman-Zeichen gefunden werden (auskultierbares knirschend-knackendes, meist systolisches Geräusch über dem Herzen). Die Prävalenz des Hamman-Zeichens wird sehr unterschiedlich beziffert. Für ein subkutanes Emphysem, vor allem in der Halsregion, werden allerdings Zahlen zwischen 40 und 100% der Fälle angegeben [1,2,3,4,5,7].
Die Differenzialdiagnose des Spontanpneumomediastinums ist breit gefächert. Dazu gehören muskuloskelettale Erkrankungen, ein akutes Koronarsyndrom, Perikarditis, Pneumothorax, Lungenembolie, Ruptur des Tracheobronchialbaums und das Boerhaave-Syndrom. Die Ruptur des Tracheobronchialbaums und das Boerhaave-Syndrom sind potenziell lebensbedrohliche Zustände. Letzteres kann bei Verdacht mit einem Ösophagusbreischluck ausgeschlossen werden, während der Verdacht auf eine Tracheobronchialbaum-Ruptur mithilfe der Bronchoskopie abgeklärt wird [1,2,3].
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Diesen Artikel so zitieren: Fall: Stechende Brustschmerzen treiben diesen jungen Mann in die Notaufnahme – lag es am Cannabis-Konsum? Wie helfen Sie ihm? - Medscape - 28. Okt 2021.
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