Bestimmte Fehler, wie z.B. die Amputation des falschen Beines, sollten in der Medizin einfach nicht passieren. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit hat eine Liste solcher unverzeihlichen Fehler („schwerwiegenden Ereignisse, die wir sicher verhindern wollen“ – APS SEVer) zusammengestellt [1].
3 klare Kriterien
Das soll ein erster Schritt zu einer verbesserten Sicherheitskultur sein, in der alle Beteiligten gemeinsam daran arbeiten, Risiken zu identifizieren und bestmöglich zu beherrschen. Per Definition müssen APS SEVer folgende Kriterien erfüllen:
a) Sie müssen verhinderbar sein, wenn Sicherheitsbarrieren einrichtungsspezifisch wirksam implementiert sind.
b) Sie können (zumindest potenziell) zu schwerwiegenden Schäden bis hin zum Tod führen.
c) Sie sind eindeutig identifizierbar.
Grundlage der APS-SEVer-Liste waren etablierte Anwendungen aus dem US-amerikanischen und britischen Gesundheitswesen, wie die Liste der Serious Reportable Events (SRE) oder die Never Event List des NHS. Dazu kamen Experteneinschätzungen zur Verhinderbarkeit und praktische Erfahrungen der Mitglieder des APS-Beirats. Auf dieser Basis wurden die folgenden APS SEVer definiert.
Zusammenhang mit operativen Prozeduren
Operationen oder andere invasive Prozeduren am falschen Patienten oder an der falschen Körperstelle
unbeabsichtigtes Belassen eines Fremdkörpers im Körper
künstliche Befruchtung mit falscher Samen- und/oder Eizelle
unentdeckte ösophageale Intubation
Zusammenhang mit Arzneimittel-, Hämotherapie und Transplantation
Fehlapplikationen von Medikamenten genannt – z.B. die intrathekale Gabe eines intravenös zu applizierenden Chemotherapeutikums, die parenterale Gabe eines enteral/oral zu verabreichenden Medikamentes oder die intraarterielle Gabe eines intravenös zu applizierenden Wirkstoffes
irrtümliche i.v.-Gabe von Kaliumchloridlösung anstelle des Medikaments
Gabe überhöhter Insulindosen aufgrund einer fehlerhaft durchgeführten Applikation
Überdosierung von Methotrexat bei nicht-onkologischen Patienten (täglich statt wöchentlich)
Verwendung kontaminierter Arzneimittel oder Biologika
Fehlinfusionen nicht-AB0-kompatibler Blutprodukte
Zusammenhang mit dem Behandlungsprozess
Beschickung einer Naso/Orogastralsonde ohne vorherigen Ausschluss einer Fehllage
vermeidbare Luftembolien
Verbrennungen/Verbrühungen im Rahmen des Pflegeprozesses
unsachgemäße freiheitsentziehende Maßnahmen im Behandlungs- oder Pflegeprozess
unangemessene Versorgung mit Sauerstoff
Technische oder organisatorische Fehler
unsachgemäßer Gebrauch von Medizinprodukten (aufgrund von Mängeln oder fehlender Einweisung)
Entlassung von unmündigen oder nicht geschäftsfähigen Personen ohne Sicherstellung einer angemessenen Betreuung
irreversibler Verlust einer nicht wiedergewinnbaren Gewebeprobe
mangelnde Weitergabe interventionsrelevanter Untersuchungsbefunde
Anziehen eines magnetisierbaren Objekts im Kernspintomographen
Patientenversorgung durch Personen, die nur vortäuschen einem Gesundheitsfach- oder Heilberuf anzugehören
Vergessen stationärer Patienten in Behandlungs- oder Untersuchungsbereichen
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Coliquio.de .
Credits:
© Aaron Amat
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Diesen Artikel so zitieren: Worst-Case-Szenarios: 22 medizinische Fehler, die einfach nicht passieren dürfen - Medscape - 20. Okt 2021.
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