Metaanalyse bekräftigt: GLP-1-Rezeptoragonisten wirken bei Diabetikern günstig auf Herz und Niere – und senken Mortalität

Lorraine L. Janeczko

Interessenkonflikte

19. Oktober 2021

Unabhängig von ihrer genauen molekularen Struktur wirken sich GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-Analoga) günstig auf Herz und Nieren aus und senken die Gesamtmortalität bei Typ-2-Diabetikern. Das zeigt ein neuer systematischer Review mit Metaanalyse.

„Die kardioprotektiven Effekte von humanen und Exenatid-basierten GLP-1-Rezeptoragonisten sowie der Rückgang an stationären Aufnahmen wegen Herzinsuffizienz oder verschlechterter Nierenfunktion machen sie zu einer wichtigen Behandlungsoption bei Typ-2-Diabetikern, durch die sich die Morbidität und die Mortalität senken lassen“, schreiben die Autoren in The Lancet Diabetes and Endocrinology  [1].

Prof. Dr. Naveed Sattar und sein Team von der Universität im schottischen Glasgow suchten in der Literatur nach randomisierten kontrollierten Studien mit mindestens 500 erwachsenen Typ-2-Diabetikern. Zu den primären Endpunkten gehörten kardiovaskulär bedingte Todesfälle, nicht tödliche Schlaganfälle und nicht tödliche Herzinfarkte. Es wurden in der Studie sowohl injizierbare als auch orale GLP-1-Rezeptoragonisten berücksichtigt.

 
Diese Studie bekräftigt, was wir bereits über die vielen positiven Seiten der GLP-1-Rezeptoragonisten wissen, und liefert weitere Belege für ihren Einsatz beim Typ-2-Diabetes. Dr. Tannaz Moin
 

Diese Einschlusskriterien erfüllten 8 Studien mit insgesamt über 60.000 Patienten. Zudem wurden neuere Daten aus der AMPLITUDE-O-Studie in die Analyse einbezogen.

Insgesamt verringerten GLP-1-Rezeptoragonisten die Zahl schwerer kardialer Ereignisse (MACE) um 14% (Hazard Ratio [HR] 0,86, p<0,0001), wobei es keine signifikanten Unterschiede zwischen den strukturell homologen Agonisten und den 8 anderen Untergruppen gab.

GLP-1-Rezeptoragonisten verringerten auch die Gesamtmortalität um 12% (HR 0,88; p=0,0001), die stationären Aufnahmen wegen Herzinsuffizienz um 11% (HR 0,89; p=0,013) und wegen verschiedener Nierenerkrankungen um 21% (HR 0,79; p<0,0001), ohne dass sich das Risiko für eine schwere Hypoglykämie, Bauchspeicheldrüsenprobleme oder eine Retinopathie erhöht hätte.

 
Die Daten untermauern weiterhin die Bedeutung der GLP-1-Rezeptoragonisten als Antidiabetika-Klasse mit starken kardioprotektiven Eigenschaften. Prof. Dr. E. Dale Abel
 

Dr. Tannaz Moin von der David Geffen School of Medicine der University of California in Los Angeles, die zu den Therapiemöglichkeiten bei Diabetes forscht, sagte: „GLP-1-Rezeptoragonisten haben uns einen neuen Therapieansatz für eine verbesserte Blutzuckerkontrolle und andere Vorteile wie Gewichtsabnahme und eine gewisse kardiovaskuläre Protektion bei Diabetes beschert.“

„Diese Studie bekräftigt, was wir bereits über die vielen positiven Seiten der GLP-1-Rezeptoragonisten wissen, und liefert weitere Belege für ihren Einsatz beim Typ-2-Diabetes“, schrieb Moin, die nicht an der Studie beteiligt war, per E-Mail an Reuters Health. „Es ist beruhigend zu sehen, dass es keinen Unterschied bei der Häufigkeit von Nebenwirkungen wie schwerer Hypoglykämie, Pankreatitis und Retinopathie zwischen der Behandlung mit GLP-1-Rezeptoragonisten und Placebo gab.“

„Dieser Review hat mehrere Stärken, wie etwa die Anzahl der eingeschlossenen qualitativ hochwertigen Studien und die Schätzungen der gepoolten Effekte über mehrere relevante Untergruppen“, sagte sie weiter. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass keine Überprüfung auf einen eventuellen Publikations-Bias und auf gastrointestinale Nebenwirkungen erfolgt ist.

 
GLP1-Rezeptoragonisten werden aktuell in der klinischen Praxis noch immer viel zu selten eingesetzt. Dr. Darren K. McGuire, Dr. Neha J. Pagidipati
 

Prof. Dr. E. Dale Abel, Professor für Innere Medizin an der University of Iowa Carver College of Medicine in Iowa City, äußerte sich gegenüber Reuters Health per E-Mail: „Die Daten untermauern weiterhin die Bedeutung der GLP-1-Rezeptoragonisten als Antidiabetika-Klasse mit starken kardioprotektiven Eigenschaften.“

„Die Entdeckung eines Benefits bei Herzinsuffizienz und chronischer Nierenerkrankung war aufgrund der Ergebnisse aus früheren Studien unerwartet“, sagte Abel, der ebenfalls nicht an der Studie beteiligt war. „Es hat den Anschein, dass die positiven Effekte in diesen Bereichen geringer ausfallen als in Untersuchungen zu SGLT2-Hemmern, die sich in kleineren Studien recht robust darstellten.“

Abel gab zu bedenken, dass es sich um eine Metaanalyse handele, bei der die Gesamtergebnisse aufgrund der Resultate der zuletzt hinzugefügten Studien verzerrt worden sein könnten. Sie seien zwar sehr aussagekräftig, bewiesen jedoch nicht, dass die beschriebenen positiven Effekte für alle Klassen gleichermaßen gelten würden.

In einem begleitenden Editorial schrieben Dr. Darren K. McGuire vom University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas und Dr. Neha J. Pagidipati vom Duke University Medical Center in Durham, North Carolina [2]: „GLP1-Rezeptoragonisten werden aktuell in der klinischen Praxis noch immer viel zu selten eingesetzt. Ein Teil dieser Unterversorgung ist zweifellos dem Kostenfaktor geschuldet, da diese Medikamente ausnehmend teuer sind und einem Großteil der Typ-2-Diabetiker praktisch nicht zur Verfügung stehen.“

Sie empfehlen daher, dass „die systematische Aufklärung über diese wirksamen Substanzen und ihre Einsatzmöglichkeiten für Kliniker, Forscher und Geldgeber gleichermaßen Priorität haben sollte.“

Sattar antwortete bisher nicht auf Bitten um eine Stellungnahme.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
 

Kommentar

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