MEINUNG

Patienten mit Immunsuppression impfen: Wie das funktioniert, berichtet PD Dr. Martin Hartmann im Video

PD Dr. Martin Hartmann

Interessenkonflikte

10. Dezember 2021

Impfungen sind auch für Patienten mit Immunsuppression wichtig. PD Dr. Martin Hartmann rät, an das schlechte Ansprechen zu denken – und etwa bei COVID-19 früher zu boostern. 

Transkript des Videos von PD Dr. Martin Hartmann, Heidelberg

Das Transkript wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit redigiert.

 

Schönen guten Tag,

hier ist Martin Hartmann aus der Hautklinik Heidelberg. Es geht heute um das Thema Impfungen, und zwar speziell um Impfungen bei Immunsuppression.

Jedes Jahr gibt das Robert-Koch-Institut (RKI) neue Impfempfehlungen heraus, traditionell im August im Epidemiologischen Bulletin, demnächst etwas später.

Die einzige Neuerung in diesem Jahr ist, dass bei Menschen über 60 Jahren der quadrivalente Hochdosis-Influenza-Impfstoff verwendet werden sollte, weil die bisherigen Dosierungen häufig nicht ausreichten.

Vorgehen bei Patienten mit Immunsuppression

Wie ist das, wenn eine medikamentöse Immunsuppression geplant ist oder wenn ein Patient immunsupprimiert ist? Auch hier gibt es detaillierte Untersuchungen und Empfehlungen, die vom RKI herausgegeben werden.

Zunächst sollte man sich Gedanken über den Grad der Immunsuppression machen. In den österreichischen Empfehlungen gibt es eine Einteilung in 3 Grade [1]:

  • Als Grad 1 gilt eine leichte Immunsuppression, z B. durch Steroide über weniger als 2 Wochen in einer Dosierung unter 20 mg/Tag oder eine asymptomatische HIV-Infektion mit CD4-Zellen ≥ 500/mm³ oder eine Chemotherapie bei Tumoren, die länger als 3 Monate zurück liegt.

  • Eine Grad-2-Immunsuppression wäre dann eine höher dosierte Steroidtherapie über 20 mg/Tag oder länger als 2 Wochen oder bei den HIV-Patienten eine asymptomatische Infektion mit CD4-Zellen zwischen 200 und 499/mm³ oder eine Therapie mit niedrig dosiertem Methotrexat oder Azathioprin.

  • Eine Grad-3-Immunsuppression liegt bei allen intensiveren Maßnahmen vor, z.B. auch bei HIV-Patienten mit CD4-Zellen unter 200/mm³ oder bei einer Therapie mit Biologika wie TNF-alpha-Inhibitoren oder mit JAK-Inhibitoren, die eine Immunsuppression bewirken.

Impfstatus erheben

Man sollte sich einen Überblick über den Impfstatus des Patienten verschaffen. Hier kann der gelbe Impfpass hilfreich sein. Liegt er nicht vor, besteht auch die Möglichkeit über die Serologie weitere Informationen zu bekommen.

Das kann qualitativ sein, etwa bei den Varizellen, wo man nachschaut, ob Antikörper vorliegen. Bei Masern oder der Hepatitis B gibt es den quantitativen Nachweis. Liegt der Hbs-Antikörper über 100 I.E./ml besteht ein ausreichender Impfschutz. 

Verschiedene Impfstofftypen

Man sollte zwischen Lebend- und Totimpfstoffen unterscheiden. Zu den Lebendimpfstoffen gehören z. B. Masern, Mumps und Röteln sowie Gelbfieber.

Bei Varizellen und Zoster sowie Typhus gibt es Totimpfstoffe.

Impfungen mit Totimpfstoffen sollten 2-4 Wochen vor der immunsuppressiven Therapie abgeschlossen werden. Die Abstände sind im Epidemiologischen Bulletin detailliert beschrieben.

Bei HIV-Patienten sollte erwogen werden, zusätzlich eine Pneumokokken-Impfung durchzuführen mit dem 13-valenten Konjugat-Impfstoff gefolgt von dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff. Auch an die Meningokokken-Impfung sollte gedacht werden.

Quelle: Dr. M. Hartmann

HPV-Impfungen

Die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) sollte nach den Empfehlungen der STIKO mit 18 Jahren abgeschlossen sein, die Amerikaner empfehlen es bis 26 Jahre.

Wenn eine Immunsuppression besteht, vor allem bei HIV-Infektion, sollte das mit dem Patienten diskutiert werden. Das ist sicher bis zum Alter von 26 Jahren sinnvoll. Bis 45 wird die Wirkung schwächer, sie ist etwas abhängig von der Belastung mit HP-Viren in der Zeit zuvor. Dann kann eine Kostenübernahme durch die Kasse angefragt werden, die aber diesem häufig nur zögerlich zustimmt.

Herpes-zoster-Impfung

Sie wird von der STIKO empfohlen bei Patienten über 60 Jahren, bei Vorliegen von Komorbiditäten über 50 Jahren. Nach einer Zulassungserweiterung kann man nun die Impfung bei erhöhtem Risiko ab einem Alter von 18 Jahren durchführen. Hier ist die Kostenübernahme durch die Krankenkassen in der Regel komplikationslos möglich.

Der Herpes-zoster-Impfstoff sollte also zweimal vor der Immunsuppression oder bei HIV-Infektion möglichst bald gegeben werden.

Ansprechen auf Impfungen bei Immunsuppression

Hier hat man bei der COVID-19-Impfung nachgewiesen, dass bis zu 50% der Patienten keine ausreichenden neutralisierenden Antikörper bilden. Eine 3. Impfung ist nicht erst nach 6 Monaten zu erwägen, sondern sie sollte möglichst bald durchgeführt werden. Denkbar sind sogar noch weitere Impfungen.

Bisherige Untersuchungen zeigen, dass die dreimalige Impfung in der Regel gut vertragen wird. Nebenwirkungen bei mRNA-Impfstoffen waren vor allem Kopfschmerzen und lokale Reaktionen an der Injektionsstelle.

Wenn man systematisch vorgeht, ist das Impfen bei Immunsuppression gar nicht so kompliziert.

Quelle: Dr. M. Hartmann

Das war’s. Danke fürs Zuschauen.
 

Kommentar

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