Eine beim Ultraschall festgestellte Fettleber sollt man nicht bagatellisieren, sagt Prof. Dr. Stephan Martin und erläutert die Folgen.
Transkript des Videos von Prof. Dr. Stephan Martin, Düsseldorf
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
haben Sie sich auch schon einmal einem Patienten nach einer Ultraschall-Untersuchung gesagt: „Alles in Ordnung, Ihre Leber ist zwar verfettet, aber das ist nicht so schlimm“.
Eine Fettleber sehen wir sehr häufig bei Personen mit Übergewicht und einem Typ-2-Diabetes. Wenn wir dann noch erhöhte Leberwerte finden, ist die Ursache in der Regel klar: Der Patient oder die Patientin trinken zu viel Alkohol. Damit tun wir aber sehr vielen Menschen Unrecht, denn bei Übergewicht und Typ-2-Diabetes entstehen solche Leberveränderungen häufig ganz ohne Alkoholeinfluss.
Nichtalkoholische Steatohepatitis
Der Begriff „nichtalkoholische Steatohepatitis“ (NASH) wurde erst 1980 geprägt, um auf Schäden in der Leber von Nichtalkoholikern hinzuweisen, die der alkoholischen Hepatitis zum Verwechseln ähnlich sein können. In der Regel sind diese Veränderungen völlig asymptomatisch.
Die Leberwerte sind auch nicht sehr stark erhöht. Häufig ist die GPT (ALT) höher als die GOT (AST). Der Verlauf der Transaminasen muss jedoch mit Vorsicht betrachtet werden, es können auch schwere Formen von NASH bei nur mäßig erhöhten Transaminasen vorliegen.
In der Histologie finden sich bei der NASH typische Leberzellschäden wie Ballonierung, Verfettung und Nekrosen, aber auch entzündliche Zellinfiltrate und unterschiedlich starke Zeichen von Fibrose.
Neue Daten zur Prognose
Für die Beurteilung der Prognose gab es bisher nur retrospektive Daten. Ganz aktuell ist im New England Journal of Medicine eine große multizentrische Studie erschienen, bei der über 1.700 Personen mit einer Fettleber und nach einer Leberbiopsie prospektiv über 4 Jahre nachbeobachtet wurden [1].
Die Gesamtmortalität lag bei Personen ohne oder mit moderater Fibrose bei 0,32 Todesfällen pro 100 Patientenjahre. Bei Personen mit deutlicher Fibrose war das Sterberisiko um das 2,8-Fache und bei ausgeprägter Fibrose um das 5,5-Fache erhöht, im Vergleich zu denen ohne oder mit moderater Fibrose. Die entsprechenden Todesraten lagen bei 0,89 bzw. 1,76 pro 100 Patientenjahre.
Die Inzidenz von Leber-spezifischen Komplikationen wie Ösophagusvarizen-Blutungen, Aszites, Enzephalopathie oder hepatozelluläres Karzinom stieg ebenfalls signifikant mit dem Fibrose-Grad an.
Interessanterweise traten Typ-2-Diabetes und ein deutlicher Abfall der Nierenfunktion mit steigendem Fibrose-Grad vermehrt auf. Die Rate an kardiovaskulären Ereignissen oder nicht Leber-bedingten Tumoren war jedoch nicht erhöht.
Elastographie zur Diagnose
Was sagen diese Daten uns für die klinische Praxis? Müssen wir alle Patienten mit NASH einer Leberbiopsie zuführen? Das lässt sich sicher nicht vertreten, da eine Leberbiopsie auch in geübten Händen mit einer erhöhten Rate an Komplikationen verbunden ist.
Eine Option ist die sogenannte Elastographie die von unterschiedlichen Firmen sogar intergiert in Ultraschallköpfe angeboten wird.
Eine weitere ganz aktuelle Arbeit zeigt, dass diese Ergebnisse relativ gut mit den histologischen Ergebnissen korrelieren.
Therapeutisch stehen uns nicht sehr viele Optionen zu Verfügung, für SGLT2-Inhibitoren und GLP1-Agonisten gibt es Hinweise, dass sie günstig auf die NASH wirken.
Wir haben mit einer durch eine Low-Carb-Ernährung induzierten Gewichtsabnahme sehr positive Effekte gesehen und führen gerade dazu mit Kollegen aus Wuppertal eine Studie durch.
Basierend auf diesen und anderen Daten kann die Aussage unseren Patienten gegenüber nur lauten: Eine Fettleber ist sicher kein Kavaliersdelikt
Ich hoffe, es war für Sie interessant.
Alles Gute
Ihr Stephan Martin
Medscape © 2022
Diesen Artikel so zitieren: „Eine Fettleber ist kein Kavaliersdelikt“: Auch eine NASH hat Folgen – prospektive Studie hat Komplikationen analysiert - Medscape - 20. Jan 2022.
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