Umfrage: 10 Krebsmittel, denen Onkologen den „größten Nutzen“ zuschreiben

Elena Riboldi, Agenzia Zoe

Interessenkonflikte

7. Oktober 2021

Auf der WHO-Liste der unentbehrlichen Arzneimittel (Essential Medicines List, EML) sind inzwischen eine zunehmende Zahl von Onkologika. Doch stimmen diese Krebstherapeutika mit denen überein, die praktizierende Onkologen weltweit für sinnvoll erachten?

Auf der Sondersitzung „WHO-Zugang zu sinnvollen Arzneimitteln“ während der virtuellen Jahrestagung der European Society of Medial Oncology (ESMO) wurde das Desert-Island-Projekt vorgestellt [1]: Es ermittelt die Medikamente, die Onkologen, die an vorderster Front tätig sind, für eine sinnvolle Krebsbehandlung für unerlässlich halten.

 
Wir konnten eine gute Übereinstimmung mit der EML der WHO feststellen: 19 der 20 wichtigsten Arzneimittel sind bereits in der EML enthalten. Prof. Dr. Christopher Booth
 

Eine elektronische Umfrage wurde entwickelt und an ein weltweites Netz von Onkologen verschickt. „Die Hauptfrage der Umfrage war eigentlich ein hypothetisches Szenario, von dem wir das Konzept der ‚einsamen Insel‘ übernommen haben“, erklärte Prof. Dr. Christopher Booth, Professor für Onkologie und öffentliche Gesundheitswissenschaften am Queen's University Cancer Research Institute in Kingston, Kanada.

Folgende Frage wurde gestellt: „Stellen Sie sich vor, Ihre Regierung hat Ihnen die Aufgabe übertragen, Krebsmedikamente für Ihr Land auszuwählen. Sie dürfen maximal 10 Medikamente auswählen, die für die Behandlung aller Krebsarten zur Verfügung stehen sollen. Welche Medikamente würden Sie der Regierung empfehlen, um den größten Nutzen für die meisten Patienten zu erzielen? Gehen Sie dabei davon aus, dass die Kosten keine Rolle spielen und dass Sie Zugang zu den notwendigen Medikamenten für die unterstützende Behandlung sowie zu Diagnostik und Labordienstleistungen haben.“

An der Umfrage nahmen fast 1.000 Onkologen aus mehr als 80 Ländern teil. Die Ergebnisse wurden zeitgleich mit dem Vortrag in Lancet Oncology veröffentlicht [2].

Die 10 wichtigsten Krebstherapeutika

„Als wir eine Rangfolge der am häufigsten als wichtig eingestuften Arzneimittel aufstellten und die 20 am häufigsten genannten Medikamente betrachteten, waren 60% zytotoxische Wirkstoffe und 20% hormonelle Wirkstoffe“, sagte Booth. „2 Drittel dieser Medikamente wurden vor mehr als 20 Jahren von der FDA zugelassen.“

Die 10 Krebstherapeutika, die praktizierende Ärzte am wichtigsten finden, sind:

  • Doxorubicin

  • Cisplatin

  • Paclitaxel

  • Pembrolizumab

  • Trastuzumab

  • Carboplatin

  • 5-Fluorouracil

  • Tamoxifen

  • Capecitabin 

  • Cyclophosphamid

„Wir konnten eine gute Übereinstimmung mit der EML der WHO feststellen: 19 der 20 wichtigsten Arzneimittel sind bereits in der EML enthalten“, erklärte Booth.

Verfügbarkeit der Medikamente

Die Liste der Top-20-Medikamente ist weitgehend einheitlich, unabhängig von der Wirtschaftslage des Landes, nicht aber die tatsächliche Verfügbarkeit von Krebstherapeutika.

Der Anteil der Befragten, die angaben, dass jedes der Top-20-Medikamente allgemein verfügbar ist, betrug 9-54% in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen (LMICs), 22-88% in Ländern mit gehobenem Einkommen (UMICs) und 68-94% in Ländern mit hohem Einkommen (HICs).

Das Risiko „katastrophaler“ Ausgaben (mehr als 40% der Ausgaben für Nahrungsmittel) lag bei 13-68% in LMICs, 2-41% in UMICs und 1-9% in HICs.

„Trotz der Tatsache, dass es sich um alte, preiswerte Medikamente handelt, gibt es in den LMICs auffallende Hindernisse für den Zugang, und in den UMICs und bis zu einem gewissen Grad auch in den HICs bestehen immer noch erhebliche Barrieren mit dem Risiko erheblicher Zuzahlungen und finanzieller Katastrophen“, betonte Booth.

Er stellte abschließend fest: „Wir sehen eine sehr begrenzte Verfügbarkeit selbst grundlegender generischer Therapien für die Grundversorgung bei Krebserkrankungen. Dies wirft die Frage auf, inwieweit wir die Aufnahme neuer und teurer Arzneimittel in die EML überhaupt in Betracht ziehen können, wenn wir wissen, dass diese grundlegenden preiswerten Arzneimittel oft nicht verfügbar sind.“

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
 

Kommentar

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