PD-L1-positives Zervixkarzinom: Pembrolizumab verbessert Gesamt- und progressionsfreies Überleben – bald Therapiestandard?

Neil Osterweil

Interessenkonflikte

24. September 2021

Der neue Therapiestandard für Frauen mit persistierendem, rezidivierendem oder primär metastasiertem Gebärmutterhalskrebs sollte Pembrolizumab in Kombination mit einer Chemotherapie und mit Bevacizumab sein, falls sich Biomarker nachweisen ließen.

Dies erklärte Dr. Raza Mirza, Onkologe am Universitätskrankenhaus Kopenhagen in Dänemark. Er war eingeladen, um bei der Jahrestagung 2021 der European Society of Medical Oncology die KEYNOTE-826-Studie zu diskutieren [1]. Zeitgleich wurden die Ergebnisse im NEJM veröffentlicht [2].

Vorteile von Pembrolizumab in Kombinationstherapien

Die Studie zeigte, dass der Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab (Keytruda®) als Ergänzung der Standard-Chemotherapie – mit oder ohne Bevacizumab – das Risiko sowohl für das Fortschreiten der Erkrankung als auch für Tod im Vergleich zur Chemotherapie allein um etwa ein Drittel senkte.

 
Insgesamt deuten die Daten von KEYNOTE-826 darauf hin, dass Pembrolizumab in Kombination mit einer platinbasierten Chemotherapie mit oder ohne Bevacizumab eine neue Standardtherapie für die Erstbehandlung sein könnte. Dr. Nicoletta Colombo
 

Dieser Vorteil zeige sich sowohl in der Gesamtpopulation der Studie als auch bei Patientinnen mit stärkerer Expression des Programmed-Death-Ligand-1 (PD-L1), nicht jedoch bei Patientinnen mit Biomarker-negativen Tumoren, berichtete Studienleiterin Dr. Nicoletta Colombo von der Universität Mailand-Bicocca, Italien.

„Insgesamt deuten die Daten von KEYNOTE-826 darauf hin, dass Pembrolizumab in Kombination mit einer platinbasierten Chemotherapie mit oder ohne Bevacizumab eine neue Standardtherapie für die Erstbehandlung sein könnte“, so ihre Zusammenfassung.

Welche Vorteile bringt die Kombination von Immun- und Chemotherapien?

Zum Hintergrund: Seit 2014 erhalten Patientinnen mit rezidiviertem, persistierendem oder metastasiertem Zervixkarzinom standardmäßig eine Chemotherapie mit dem Platin-haltigen Wirkstoff Paclitaxel plus Bevacizumab, basierend auf Ergebnissen der GOG 240-Studie.

Immuntherapien mit PD-1-Inhibitoren haben sich als Monotherapie in der Zweitlinientherapie oder späterer/weiterer Behandlung von Frauen mit Gebärmutterhalskrebs als wirksam erwiesen. Aber bisher gebe es keine ab es keine Daten über die Zugabe dieser Wirkstoffe zur Chemotherapie, so Colombo.

Mirza wies darauf hin, dass es gute Gründe für den Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren, die gegen PD-1 gerichtet seien, bei Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs gebe, da PD-L1 nachweislich ein konsistenter Biomarker für eine Infektion des Gebärmutterhalses mit humanen Papillomaviren (HPV) sei. Das Virus sei für mehr als 90% aller Zervixkarzinome verantwortlich.

„PD-L1 wird bei Gebärmutterhalskrebs signifikant hochreguliert und ist durch Immunhistochemie nachweisbar“, sagte er. „Die Expression von PD-L1 reduziert die Immunantwort, da es an PD-1 auf T-Zell-Lymphozyten binden kann und dadurch deren Funktion hemmt.“ Mirza weiter: „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein gezielter Eingriff in den PD-1/PD-L1-Signalweg therapeutisch wirksam sein könnte und bei der Behandlung von Zervixkarzinomen in Betracht gezogen werden sollte.“

Ergebnisse von KEYNOTE-826 im Detail

An der Doppelblindstudie nahmen 617 Patientinnen teil. Sie wurden nach dem Status der metastasierten Erkrankung bei der Diagnose stratifiziert. Ihr PD-L1 Combined Positive Score (CPS) war entweder < 1, 1 bis < 10 oder ≥ 10. Sie wurden in jeder dieser Subgruppen 1:1 randomisiert, um Pembrolizumab 200 mg oder Placebo alle 3 Wochen für bis zu 35 Zyklen plus eine platinbasierte Chemotherapie zu erhalten, wobei Bevacizumab nach Ermessen des Prüfarztes hinzugefügt wurde.

Die beiden primären Endpunkte progressionsfreies Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) wurden jeweils sequenziell bei Patientinnen mit einem PD-L1 CPS ≥ 1 in der Intention-to-Treat- (ITT) oder „All-Comers“-Population und bei Patientinnen mit einem PD-L1 CPS ≥ 10 getestet.

Deren Charakteristika waren zwischen den Behandlungsgruppen ausgeglichen, mit Ausnahme eines etwas höheren Anteils von Frauen mit Plattenepithel-Histologie in der Pembrolizumab-Gruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe (76,3% versus 68,3%).

Effekte auf das PFS- und das OS

Colombo und ihre Kollegen stellten fest, dass die zusätzliche Gabe von Pembrolizumab in den meisten Subgruppen mit einem verbesserten PFS einherging. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 22 Monaten lag das 12-Monats-PFS in der Biomarker-selektierten Population (alle Patientinnen mit einem PD-L1 CPS ≥ 1) bei 45,5% unter Pembrolizumab gegenüber 34,1 % unter Placebo. Daraus ergab sich eine Hazard Ratio (HR) für eine Progression unter Pembrolizumab von 0,62 (p<0,001).

Die jeweiligen PFS-Raten in der ITT-Population betrugen 44,7% (Verum) und 33,5% (Placebo), mit einer HR für Progression von 0,65 (P < 0,001) unter dem Checkpoint-Inhibitor. Bei Patientinnen mit PD-L1 CPS ≥ 10 lagen die entsprechenden PFS-Raten und die HR bei 44,6%, 33,5% und 0,58 (p<0,001).

Auch die OS-Raten hätten sich signifikant verbessert, stellte Colombo fest. Das 12-Monats- und 24-Monats-OS bei allen Patientinnen mit PD-L1 CPS ≥ 1 betrug 75,3 % bzw. 53 % unter Pembrolizumab, verglichen mit 63,1% bzw. 41,7% bei Patientinnen, die Placebo erhielten. Als HR für den Tod unter Pembrolizumab geben die Autoren 0,64 (p<0,001) an.

In der Gesamtpopulation (ITT) betrugen die 12- und 24-Monats-Überlebensraten 74,8% bzw. 50,4% unter Pembrolizumab gegenüber 63,6% bzw. 40,4% unter Placebo. Dieser Unterschied entsprach einer HR für Tod unter Anti-PD-1 von 0,67 (p<0,001).

Bei Patientinnen mit höheren PD-L1-Werten (CPS ≥ 10) betrugen die jeweiligen OS-Raten 75,7% und 54,4% mit Pembrolizumab gegenüber 61,5% und 44,6 % mit Placebo (HR 0,61, p<0,001).

Mirza betonte, dass man „keine Wirksamkeit von Pembrolizumab in der Biomarker-negativen Population feststellen konnte“, mit einer HR für PFS von 0,94 und einer HR für OS von 1,0 in dieser Subgruppe.

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse von Grad ≥ 3 waren Anämien, die bei 30,3% unter Pembrolizumab im Vergleich zu 26,9% unter Placebo auftraten, und Neutropenien, die bei 12,4% bzw. 9,7% beobachtet wurden. Eine Patientin in der Pembrolizumab-Gruppe starb an einem immunbedingten Ereignis, einer Enzephalitis.

Offene Fragen zu Pembrolizumab

Trotz seines Enthusiasmus für die Therapie wies Mirza darauf hin, dass die Stichprobengrößen in Bezug auf die Histologie unausgewogen gewesen sei und dass die fehlende Stratifizierung nach Tumorhistologie zu einer möglichen Verzerrung geführt haben könne.

In anderen Studien hätten Checkpoint-Inhibitoren nur eine bescheidene Aktivität gegen Adenokarzinome gezeigt, die in der Placebogruppe von KEYNOTE-826 häufiger aufgetreten seien – möglicherweise Grund für einen Bias zugunsten von Pembrolizumab.

Der Artikel wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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