TNBC: Änderung der Leitlinien in Sicht? Carboplatin Teil der neoadjuvanten Chemotherapie unabhängig vom BRCA-Status

Neil Osterweil

Interessenkonflikte

24. September 2021

Ergebnisse der Phase-3-Studie BrighTness zeigen, dass pathologische Komplettremissionen und das ereignisfreie Überleben bei Patientinnen mit dreifach-negativem Brustkrebs (TNBC) durch Carboplatin plus Paclitaxel als Ergänzung zur neoadjuvanten Chemotherapie verbessert werden. Der PARP-Inhibitor Veliparib zeigte jedoch keine wünschenswerten Effekte.

Der beobachtete Nutzen wurde erreicht, ohne dass die Inzidenz des myelodysplastischen Syndroms oder anderer sekundärer Malignome wie akuter Leukämien, chronischer myeloischer Leukämien oder Lungenkrebs zunahm.

Details haben Forscher jetzt auf der Jahrestagung 2021 der European Society of Medical Oncology vorgestellt [1].

TNBC: Verschiedene Chemotherapie-Protokolle auf dem Prüfstand

Carboplatin als Ergänzung zu Paclitaxel und zur neoadjuvanten Standardchemotherapie verbesserte die Rate an pathologischen Komplettremissionen (pCR, pathologic complete remission) und auch die ereignisfreien Überlebensraten (EFS, event-free survival) bei Patientinnen mit resezierbarem TNBC mehr als 4 Jahre nach der Operation.

Vorteile der Zugabe von Carboplatin zu Paclitaxel, gefolgt von 4 Zyklen einer AC-Chemotherapie (Doxorubicin und Cyclophosphamid), wurden sowohl bei Patientinnen mit Keimbahn-BRCA-Mutationen als auch bei Frauen mit BRCA-Wildtyp beobachtet.

Ergebnisse aus BrighTNess zeigten jedoch auch, dass die Zugabe von Veliparib (ABT-888), einem Poly(ADP-Ribose)-Polymerase(PARP)-Inhibitor, weder kurz- noch langfristig Vorteile bringt. Zwar erhöhten sich die pCR- und EFS-Raten unter Paclitaxel plus Carboplatin im Vergleich zu Paclitaxel allein signifikant. Es gab jedoch keine signifikanten Unterschiede, wenn Veliparib hinzugefügt wurde: weder bei der pCR noch beim EFS oder beim Gesamtüberleben (OS, overall survival).

 
Diese Ergebnisse unterstützen insgesamt den Nutzen von Carboplatin in der neoadjuvanten Chemotherapie bei Patientinnen mit dreifach-negativem Brustkrebs im Stadium 2 und 3, unabhängig vom BRCA-Keimbahnstatus. Dr. Sibylle Loibl
 

„Diese Ergebnisse unterstützen insgesamt den Nutzen von Carboplatin in der neoadjuvanten Chemotherapie bei Patientinnen mit dreifach-negativem Brustkrebs im Stadium 2 und 3, unabhängig vom BRCA-Keimbahnstatus“, folgert die Hauptautorin Dr. Sibylle Loibl, Geschäftsführerin und Vorsitzende der German Breast Group, einer unabhängigen Forschungsorganisation. Sie präsentierte die neuen Daten beim ESMO 2021.

Welche Patientinnen profitieren von Carboplatin?

Ergebnisse aus BrightNTess zeigten, dass „die neoadjuvante Carboplatin-plus-Paclitaxel-Behandlung der alleinigen Paclitaxel-Behandlung überlegen ist, mit hohen pCR-Raten und Vorteilen bei den ereignisfreien Überlebensraten bei überschaubarer Toxizität und ohne Sicherheitssignale“, kommentierte die eingeladene Diskussionsteilnehmerin Dr. Monica Arnedos. Sie ist Leiterin des Brustkrebsforschungsprogramms am Institut Bergonié in Bordeaux, Frankreich.

Die Ergebnisse räumten auch mit der Vorstellung auf, dass Patientinnen mit BRCA-Keimbahnmutation aufgrund ihrer extremen Empfindlichkeit gegenüber der neoadjuvanten Standardchemotherapie nicht von einer Carboplatin-Behandlung profitieren würden, so Arnedos weiter.

„Die BrighTNess-Studie sagt noch etwas anderes“, betont Arnedos. „Wir haben heute gesehen, dass die pCR das ereignisfreie Überleben unabhängig vom Status der BRCA-Keimbahnmutation verbessert, so dass Patientinnen mit BRCA-Keimbahnmutation neoadjuvantes Carboplatin benötigen.“

Die neuen Daten könnten zu Änderungen in den Brustkrebs-Leitlinien führen, schlug sie vor.

Vor diesen Ergebnissen habe es Hinweise darauf gegeben, dass „Platinsalze als neoadjuvante Chemotherapie die pCR-Raten bei triple-negativen Brustkrebspatientinnen erhöhen, aber dies war mit mehr Toxizität und mit höheren Raten von Behandlungsabbrüchen und Dosisreduktionen verbunden, ohne dass es eindeutige Hinweise auf einen langfristigen Nutzen gab“, fasst die Kommentatorin zusammen. „Dies führte dazu, dass es in verschiedenen Brustkrebs-Leitlinien keinen Konsens zur Empfehlung von Platinsalzen in dieser Situation gab.“

Die neuen Daten von BrighTNess zeigen, dass die verbesserten pCR-Raten in beiden platinhaltigen Gruppen der Studie zu einem EFS-Vorteil führten, ein Ergebnis, das mit der KEYNOTE-522-Studie übereinstimmt. In der Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Zugabe von Pembrolizumab (Keytruda®) zur Chemotherapie die pCR bei Patientinnen mit TNBC im Frühstadium verbessert.

Ergebnisse der BrighTNess-Studie deuten darauf hin, dass Patientinnen mit TNBC und mit hohem oder mittlerem Risiko neoadjuvant Paclitaxel und Carboplatin erhalten sollten, gefolgt von einer Standardchemotherapie mit Pembrolizumab, gefolgt von einer Operation, so Arnedos. Danach schließe sich eine adjuvante Therapie mit Pembrolizumab plus Olaparib (Lynparza®) für Patientinnen mit Keimbahn-BRCA-Mutationen oder Capecitabin für Patientinnen ohne Mutationen an.

Details zur BrighTNess-Studie

An der BrighTNess-Studie nahmen 634 Patientinnen mit zuvor unbehandeltem histologisch oder zytologisch bestätigtem TNBC im Stadium 2-3 teil, die für eine potenziell kurative Operation infrage kamen und einen guten Performance-Status aufwiesen. Sie erhielten nach dem Zufallsprinzip entweder Paclitaxel plus Carboplatin und Veliparib, Paclitaxel plus Carboplatin allein oder Paclitaxel allein. Dann folgten 4 Zyklen Chemotherapie mit Doxorubicin und Cyclophosphamid (AC).

Erste Ergebnisse, die 2018 in The Lancet Oncology veröffentlicht worden waren, zeigten, dass die Zugabe von Veliparib zu Carboplatin und Paclitaxel die pCR-Raten im Vergleich zu Paclitaxel allein, nicht aber im Vergleich zu Paclitaxel plus Carboplatin verbesserte. Die Studiendaten sprachen für die Zugabe von Carboplatin zur neoadjuvanten Standardchemotherapie, nicht aber für Veliparib, erklärten die Forscher seinerzeit.

Auf der ESMO-Tagung stellte Loibl nun die Ergebnisse einer längeren Nachbeobachtung vor. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 4,5 Jahren betrug die Hazard Ratio (HR) für das ereignisfreie Überleben mit Paclitaxel/Carboplatin/Veliparib im Vergleich zu Paclitaxel allein 0,63 (p=0,016). In einer Post-hoc-Analyse lag die bereinigte HR bei 0,57 (p=0,018).

In einer Untergruppe mit 309 Patientinnen mit anfänglich kompletter Remission betrug die HR für das EFS im Vergleich zu Patientinnen ohne pCR 0,26 (p<0,0001). Bei Patientinnen mit Keimbahn-BRCA-Mutation lag die HR für das EFS bei denjenigen, die eine pCR hatten, bei 0,14 (p=0,0004), und bei denjenigen mit Keimbahn-Wildtyp-BRCA und einer pCR betrug die HR 0,29 (p<0,0001). Es gab jedoch keine signifikanten Unterschiede beim OS im Median von 4,5 Jahren nach der Operation.

Eine Analyse der Häufigkeit des myelodysplastischen Syndroms, der akuten myeloischen Leukämie oder anderer primärer Zweitmalignome zeige ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, stellte Loibl fest.

Obwohl es höhere Raten von hämatologischen Malignomen nach Zusatz von Carboplatin, mit oder ohne Veliparib, gab, beeinträchtigten diese unerwünschten Ereignisse weder die Behandlung noch den Nutzen von Carboplatin auf den primären pCR-Endpunkt, fügte sie hinzu.

Der Beitrag wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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