Hautkrebs Spezial: Dämpfer beim Screening, daher mehr dicke Melanome durch Pandemie; neue Diagnose- und Therapieoptionen

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

14. September 2021

Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir kurz über einige Themen, die beim 31. Deutschen Hautkrebskongress diskutiert worden sind, sowie über eine erstmals erarbeitete S3-Leitlinie zur Diagnose und Therapie von Weichgewebesarkomen.

  • Hautkrebskongress: Screening, Videosprechstunde, neue Diagnoseverfahren und neue Therapien

    • Einbruch beim Screening durch Corona-Pandemie

    • Welche Veränderungen an der Haut müssen abgeklärt werden?

    • Künstliche Intelligenz in der Diagnose:

    • Liquid Biopsy in der Diagnose

    • Neue Therapien beim Basalzellkarzinom und Plattenepithelkarzinom der Haut

  • Weichgewebesarkome: Erstmals S3-Leitlinie erschienen

Hautkrebskongress: Screening, Videosprechstunde, neue Diagnoseverfahren und neue Therapien

Die verschiedensten Aspekte zum Hautkrebs wurden beim 31. Deutschen Hautkrebskongress diskutiert, der als Hybridveranstaltung vom 8. bis 11. September 2021 in Hamburg stattfand. Einige Schwerpunkte wurden bei einer Pressekonferenz während des Kongresses vorgestellt.

Einbruch beim Screening durch Corona-Pandemie

Tagungspräsident Dr. Peter Mohr, Facharzt für Dermatologie, Venerologie, Medikamentöse Tumortherapie, Palliativmedizin und Chefarzt des Tumorzentrums der Elbe-Kliniken Stade-Buxtehude, erläuterte, dass sowohl die Häufigkeit des schwarzen als auch des weißen Hautkrebses weiter ansteigt.

In Deutschland seien wir zwar durch die Screening-Untersuchungen prinzipiell gut aufgestellt, allerdings sei es durch die Corona-Pandemie zu einem deutlichen Einbruch gekommen. „So sind im Frühjahr vergangenen Jahres teilweise bis zu 50% weniger Patienten zum Hautkrebsscreening gekommen. Auch in den Monaten danach bis zum Oktober 2020 haben wir nicht das Vorjahresniveau beim Hautkrebsscreening erreicht“, sagte Mohr.

Er schätzt, dass insgesamt übers Jahr hinweg 15 bis 20% weniger Patienten gescreent worden sind, deshalb sieht man nun in den Hautkrebszentren vermehrt dickere Melanome. „Das bedeutet, wie für viele andere Tumoren, dass die Mortalität in den nächsten Jahren um 5 bis 10% erhöht ist.“

Welche Veränderungen an der Haut müssen abgeklärt werden?

Patienten sollten auf jeden Fall zum Hautarzt gehen, wenn sie Veränderungen an der Haut feststellten. In diesen Fällen dürften sie sich auch nicht mit einem Termin in einigen Monaten „abspeisen“ lassen.

Prof. Dr. Carola Berking, Universitätsklinikum Erlangen, Hautklinik – Internistisches Zentrum, wies auf die Möglichkeiten zur Selbstuntersuchung hin. Jeder sollte zur Einschätzung eines Leberflecks die ABCDE-Regel kennen:

  • A = Asymmetrie,

  • B = Begrenzung,

  • C = Colour (Farbe),

  • D = Durchmesser,

  • E = Erhabenheit.

Verändert sich ein Leberfleck in einer dieser Eigenschaften, sollte unverzüglich ein Hautarzt aufgesucht werden.

Als Hinweise auf weißen Hautkrebs nannte Berking Unebenheiten an der Haut, kleine Wunden, neue Gebilde, die nicht weiter stören oder schmerzen und vor allem am Handrücken und im Gesicht auftreten.

Künstliche Intelligenz in der Diagnose

Bei der frühzeitigen Erkennung von Hautkrebs werden komplexe Kamerasysteme und künstliche Intelligenz zunehmend genutzt. Die neuen Systeme seien, so Mohr, in der Diagnose den meisten Dermatologen überlegen oder zumindest ebenbürtig. Auswertesysteme mit künstlicher Intelligenz werden derzeit in Pilotprojekten untersucht.

Vor einem breiten Einsatz ist jedoch noch eine Reihe von Problemen zu lösen. So müssen standardisierte Aufnahmen in extrem guter Qualität zur Verfügung stehen. Ungelöst ist derzeit auch die Frage der Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

Liquid Biopsy in der Diagnose

Mit dem Nachweis von Tumorzellen, die sich ins Blut abgesondert haben, oder von Tumorprodukten wie Proteinen oder im Blut zirkulierenden DNA-Bruchstücken kann mittlerweile bei vielen Tumoren auf die Tumoraktivität und die Tumorzellzahl rückgeschlossen werden.

Auch das Ansprechen auf eine Therapie und die Entstehung von Resistenzen ist mit Hilfe der Liquid Biopsy nachweisbar. Die bislang vorliegenden Ergebnisse weisen nach Aussage von Prof. Dr. med. Christoffer Gebhardt, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hauttumorzentrum, darauf hin, dass dieses Verfahren in naher Zukunft Routine werden könnte.

Neue Therapien beim Basalzellkarzinom (BCC) und Plattenepithelkarzinom der Haut (cSCC)

Das häufige BCC lässt sich nach Aussage von Berking meist sehr gut operativ behandeln und heilen. Bei metastasierten oder lokal fortgeschrittenen Formen, bei denen Operation und Bestrahlung nicht mehr greifen, können Hedgehog-Inhibitoren wie Sonidegib eingesetzt werden.

Neue Daten zeigen, dass PD1-Inhibitoren wie Cemiplimab beim BCC ebenfalls sehr gut wirken, und zwar auch bei Resistenz auf Hedgehog-Inhibitoren. Für diese Indikation ist Cemiplimab zugelassen. Berking vermutet, dass der PD1-Hemmer in nächster Zeit auch in der Erstlinientherapie eingesetzt werden kann.

Das Plattenepithelkarzinom streut häufig in die Lymphknoten oder auch in die Lunge. Hier ist Cemiplimab ebenfalls zugelassen. Es wird demnächst in die S3-Leitlinien aufgenommen werden, auch für die Erstlinientherapie bei nicht operablen Tumoren.

Für die Vorstufe des weißen Hautkrebses, die sehr häufige aktinische Keratose, ist seit Mitte Juli Tirbanibulin in Salbenform zugelassen. Tirbanibulin schädigt die Mikrotubuli durch direkte Bindung an Tubulin, was eine Unterbrechung des Zellzyklus und apoptotischen Tod proliferierender Zellen induziert und mit einer Unterbrechung des Src-Tyrosinkinase-Signalwegs assoziiert ist.

Weichgewebesarkome: Erstmals S3-Leitlinie erschienen

Das Leitlinienprogramm Onkologie hat unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft und der German Interdisciplinary Sarcoma Group e.V. (GISG) die S3-Leitlinie Adulte Weichgewebesarkome erarbeitet.

Damit gibt es nun weltweit erstmals evidenzbasierte Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Weichgewebesarkomen, einschließlich der gastrointestinalen Stromatumoren (GIST).

Weichgewebesarkome sind eine sehr heterogene und seltene Gruppe von Tumoren mit unterschiedlichem pathologischem und klinischem Erscheinungsbild. Bei Erwachsenen machen sie weniger als 1% aller Krebserkrankungen weltweit aus, bei Kindern 7%. Als Behandlung kommt am häufigsten die operative Entfernung des Tumors in Betracht, manchmal auch in Kombination mit Strahlen- und Chemotherapie. Zudem werden neben der medikamentösen Therapie auch weitere Verfahren eingesetzt, wie die isolierte hypertherme Extremitätenperfusion (ILP), bei der Gliedmaßen mit 2 Substanzen bei milder Überwärmung durchspült werden.

„Das Ziel der neuen Leitlinie ist, mit evidenzbasierten Empfehlungen die Diagnostik und Therapie zu standardisieren, das Gesamtüberleben der Betroffenen zu verlängern und die Lebensqualität zu steigern“, so Prof. Dr. Peter Hohenberger, Universitätsmedizin Mannheim, einer der Koordinatoren der Leitlinie, in einer Pressemitteilung.

Bei der Behandlung von Sarkomen spielen interdisziplinäre Tumorboards und zertifizierte Sarkomzentren eine wichtige Rolle. Die Patienten sollten möglichst in einem solchen Zentrum behandelt werden.

Für die Therapie von Weichgewebesarkomen ist eine adäquate Diagnostik von besonderer Bedeutung. Sarkome sollen vor einem operativen Eingriff histologisch gesichert werden.

Bei weiter fortgeschrittenen Tumoren sollte den Betroffenen vor einer Operation eine multimodale Therapie, z.B. eine präoperative Strahlentherapie, eine Chemotherapie, eventuell in Kombination mit Tiefenhyperthermie, angeboten werden. Darüber hinaus enthält die S3-Leitlinie auch evidenzbasierte Empfehlungen zur Sequenz von medikamentösen Systemtherapien sowohl für Weichgewebesarkome als auch für GIST.

 

Kommentar

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