Die Impfung gegen COVID-19 ist für Patienten mit entzündlich-rheumatologischen Erkrankungen wichtig und funktioniert auch unter Therapie mit den üblichen immunmodulatorischen Medikamenten. Das machte Prof. Dr. Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik 3, Rheumatologie und Immunologie am Universitätsklinikum Erlangen, klar. Er sprach auf einer Online-Pressekonferenz im Vorfeld des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) [1].
Neuere Studien zeigten aber auch, dass Immunreaktionen auf die Impfung durchaus abgeschwächt sein könnten, so Schett. „1 von 10 Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zeigt nach der Impfung keinen ausreichenden Impfschutz.“ Vor allem Methotrexat (MTX) und der B-Zell-depletierende Antikörper Rituximab scheinen die Immunantwort auf die Impfung zumindest teilweise zu hemmen. Schett riet deshalb dazu, den Antikörperstatus bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen gegebenenfalls zu überprüfen: „Rheumapatienten mit nicht ausreichendem Immunschutz sollten dann möglichst schnell eine Booster-Impfung erhalten.“
Oft übersehen: Knochenrheuma in jungen Jahren
Knochenrheuma bei Kindern und Jugendlichen wird noch zu wenig beachtet – darauf machte Dr. Annette Holl-Wieden aufmerksam. Sie leitet den klinischen Bereich der Kinder-Rheumatologie und Osteologie am Universitätsklinikum Würzburg.
„Rheumatische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind immer noch zu wenig bekannt und werden auch in ärztlichen Fortbildungen nicht ausreichend behandelt“, sagte Holl-Wieden. „Dies gilt natürlich für eine so seltene Erkrankung wie die chronische nichtbakterielle Osteomyelitis (CNO) umso mehr.“ Viele der betroffenen Kinder hätten einen langen Leidensweg hinter sich, bis die richtige Diagnose gestellt und die Erkrankung wirkungsvoll behandelt werde.
Meist klagen betroffene Kinder über Knochenschmerzen, manchmal fällt eine Schonhaltung oder Fehlstellung auf. Die klinische Untersuchung ist aber in den meisten Fällen unauffällig, und die Entzündungsparameter sind nicht oder nur leicht erhöht. Eine Röntgenaufnahme bleibt oft unauffällig; im MRT zeigen sich hingegen Knochenödeme. „Es ist wichtig, dann ein Ganzkörper-MRT durchzuführen, um nach weiteren Läsionen zu suchen“, betonte Holl-Wieden.
Häufig sind Schlüsselbeine, Wirbelsäule, Becken, Oberschenkel- und Unterschenkelknochen betroffen. In unklaren Fällen sollten Ärzte eine Biopsie durchführen. Wie bei allen rheumatischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter muss eine ganzheitliche Therapie erfolgen, medikamentös mit nichtsteroidalen Antirheumatika, bei schwereren Fällen auch mit Sulfasalazin, MTX, TNF-Blockern oder Bisphosphonaten. Ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist Krankengymnastik, um die Beweglichkeit der Gelenke und der Wirbelsäule zu erhalten. Oft benötigen Patienten auch psychische und psychosoziale Unterstützung.
Neue Therapiekonzepte beim systemischen Lupus Erythematodes
Der systemische Lupus Erythematodes (SLE) hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von einer lebensbedrohlichen Erkrankung mehr und mehr zu einer chronischen Erkrankung mit eingeschränkter Lebensqualität gewandelt; die standardisierte Mortalitätsrate ist von 14 auf etwa 3 gesunken. Doch in den letzten Jahren stagnierte die Entwicklung; neue Behandlungskonzepte seien erforderlich, sagte Prof. Dr. Matthias Schneider, Direktor der Poliklinik und des Funktionsbereichs für Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf.
Sei man bislang den einzelnen Manifestationen hinterhergelaufen und habe etwa die Nierenbeteiligung behandelt, sehe das Vorgehen nun anders aus: „Jetzt beinhalten Therapieempfehlungen eine strikte Kontrolle jeglicher Krankheitsaktivität – ohne dafür Glukokortikoide zu nutzen“, so Schneider.
Weil Patienten mit Kollagenosen in Remission oder niedriger Krankheitsaktivität das bessere Outcome hätten, sei die Konsequenz „ein frühzeitiger und häufigerer Einsatz von krankheitsmodifizierenden Medikamenten, für den SLE sind das in der Regel Immunsuppressiva“, sagt der Experte. Doch es gibt Alternativen. So wurde an der Charité erstmals die Elimination von langlebigen Plasmazellen durch Antikörper untersucht, und an der Universität Erlangen wurde ein Patient aufgrund seines therapierefraktären SLE mit CAR-T-Zellen behandelt: ein Konzept, das aus der Onkologie stammt.
Die FDA hat bei SLE weitere Therapien zugelassen: den Antikörper Anifrolumab und Voclosporin, ein modifiziertes Ciclosporin, das speziell für die Lupusnephritis geprüft wurde. Für die progressive Systemsklerose steht mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Nintedanib jetzt eine antifibrotisch wirksame Substanz zur Verfügung – ein komplett neuer Therapieansatz. „Wir erfahren aktuell eine große Bereicherung für die therapeutischen Optionen der systemischen Bindegewebserkrankungen, die wir sinnvoll in die bestehenden Therapiekonzepte integrieren werden“, sagte Schneider.
Videosprechstunde, Apps und Wearables
Neben der digitalen Sprechstunde rücken digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) und elektronische Technologien (Wearables) sowohl für das Krankheitsmonitoring als auch für die Therapie mehr und mehr in den Fokus. Über Details informierte Dr. Martin Krusche, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Junge Rheumatologie (AGJR) – rheumadocs und Stationsarzt am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Eine prospektive Umfrage zeigt, dass sowohl Rheumapatienten als auch Ärzte großes Interesse an der Nutzung digitaler Lösungen zeigen. Als Vorteile nennen sie vor allem eine flexible zeit- und ortsunabhängige Betreuung. Allerdings habe eine Praxisanalyse 2021 auch gezeigt, dass aufgrund technischer Voraussetzungen und aufgrund der Komplexität der Grunderkrankung solche Technologien nur für einen Teil der Patienten geeignet seien, berichtet Krusche.
Seiner Einschätzung nach hätten digitale Konzepte zwar Potenzial, die rheumatologische Versorgung zu unterstützen. Bisher fehlten aber noch Studiendaten, um Versorgungseffekte genauer zu bestimmen. Nicht zuletzt stellten der Zugang zu entsprechenden digitalen Lösungen (Hardware, Software und leistungsstarke Internetverbindung) und notwendige Digitalkompetenzen („Digital Literacy“) eine Barriere für die Nutzung solcher Anwendungen dar. Hürden müssten abgebaut werden, um digitale Konzepte erfolgreich in der Praxis implementieren zu können, sagte Krusche.
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Medscape Nachrichten © 2021
Diesen Artikel so zitieren: DGRh-Tagung: Neue Therapiekonzepte beim Lupus, beliebte digitale Helfer – und Probleme von Rheumakranken in Corona-Zeiten - Medscape - 13. Sep 2021.
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