Einige Bundesländer, unter anderem Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, haben in ihren Coronavirus-Schutzverordnungen verpflichtende Corona-Tests für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern vorgesehen.
Frage: Darf man eine MFA zu 3x wöchentlichen Tests zwingen? Die Impfung verweigert die MFA.
Hier die Expertenantwort von der Anwaltskanzlei Broglie & Schade:
Beispiel Hessen: Dort lässt die Coronavirus-Schutzverordnung eine Testpflicht zu. So enthält § 9 Abs. 3 der Coronavirus-Schutzverordnung (CoSchuV) des Landes die Verpflichtung bestimmte Arbeitnehmer mindestens 2 Mal pro Woche sowie bei Dienstantritt nach einer Abwesenheit von mehr als 3 Tagen auf das Vorliegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu testen. Genesene und geimpfte Personen sind davon ausgenommen.
Die von der Testpflicht betroffenen Arbeitnehmer sind Personen, die in Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen tätig sind, sowie ambulante Pflegedienste, Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen. § 9 Abs. 4 der CoSchuV beinhaltet die entsprechende Duldungspflicht zur Abstrichnahme.
Eine Testpflicht für nicht von § 9 Abs. 3 CoSchuV umfasste Arbeitnehmer gibt es im Umkehrschluss nicht. Hier gilt weiterhin, dass der Arbeitgeber nur im Einzelfall und unter bestimmten Voraussetzungen einen Corona-Test verlangen kann. Auch eine dreimalig wöchentliche Testung steht § 9 Abs. 3 CoSchuV, welcher nur eine Testpflicht von zwei Mal pro Woche vorsieht, entgegen.
Das sagt das Grundgesetz
Jeder Corona-Test stellt grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG) des Mitarbeiters und in den daraus entstehenden grundrechtlichen Schutz vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand sowie einen Eingriff in die persönliche Integrität und das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG) dar.
Die in eine Verhältnismäßigkeitsprüfung einzustellenden Rechte des betroffenen Arbeitnehmers werden nur dann einem Corona-Test nicht entgegenstehen, wenn im Rahmen der Abwägung die Interessen des Arbeitgebers an der Durchführung eines solchen Tests die Grundrechte des Arbeitnehmers überwiegen. Eine Abwägung hat dabei immer bezogen auf den spezifischen Einzelfall zu erfolgen.
Berücksichtigt werden muss unter anderem, ob der Arbeitnehmer Krankheitssymptome aufweist, oder Kontakt zu einer infizierten Person bestand, das derzeitige Infektionsgeschehen sowie die Art des Tests, da beispielsweise Selbsttests einen weniger invasiven Eingriff darstellen als etwa PCR- oder Antigentests.
Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie der körperlichen Unversehrtheit des zu testenden Arbeitnehmers muss aber wohl dem Gesundheitsschutz anderer Mitarbeiter und Patienten gegenüber zurückstehen, wenn der Arbeitnehmer Corona-typische Symptome wie Husten oder Fieber aufweist, Mindestabstände nicht eingehalten werden können, oder Kontakt zu vulnerablen Patientengruppen/Risikogruppen besteht. Gleiches wird wohl gelten, wenn der Arbeitnehmer enge Kontaktperson eines bestätigten COVID-19-Falls ist.
Urteile zur Testpflicht bisher selten
Eine gerichtliche Entscheidung zur CoSchuV in Hessen gibt es derzeit noch nicht. Jedoch hat der Bayrische Verwaltungsgerichtshof die Bayrische Infektionsschutzverordnung teilweise außer Vollzug gesetzt, welche von Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen eine 3 Mal wöchentliche Testung verlangte (VGH München, Beschluss vom 02.03.2021 – 20 NE 21.353).
Fazit
Für eine verpflichtende 3 Mal wöchentlich stattfindende Testung einer MFA fehlt es somit an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Auch ggf. bestehende Testpflichten im Einzelfall sind stets situationsbezogen und können wohl nicht eine dreimal wöchentliche Testung rechtfertigen – unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer die Impfung ablehnt oder nicht.
Dieser Artikel ist am 12. August 2021 im Original erschienen auf Coliquio.de .
Medscape © 2021
Diesen Artikel so zitieren: MFA verweigert Impfung – aber darf man sie dann 3 Mal pro Woche zu einem Test zwingen? - Medscape - 1. Sep 2021.
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