Diskussion
Die Hidradenitis suppurativa ist eine chronisch-rezidivierende entzündliche Erkrankung der Talgdrüsen und der Terminalhaarfollikel. Sie befällt in der Regel Körperregionen, die reich an apokrinen Drüsen sind. Als auslösendes Ereignis wird ein Verschluss des Follikelinfundibulums mit nachfolgender Follikelruptur vermutet, die mit einer heftigen Entzündungsreaktion einhergeht. Die Rolle von Mikroorganismen für den Pathomechanismus ist umstritten. Möglicherweise spielen Bakterien eine Rolle bei der Auslösung einer autoinflammatorischen Reaktion über das unspezifische Immunsystem [1,2,3,4,5,6,7].
Die Hidradenitis suppurativa ist Teil der follikulären Okklusionstetrade, zu der auch die dissezierende Zellulitis der Kopfhaut, die Akne conglobata und der Sinus pilonidalis gehören. Um den formal pathogenetisch irrigen Begriff Hidradenitis suppurativa zu ersetzen, wurde der Terminus „Acne inversa“ eingeführt, der heute jedoch auch als inkorrekt gilt, doch konnte bislang noch kein Name gefunden werden, der die Pathogenese dieser Erkrankung angemessen widerspiegelt [6].
Anfänglich zeigt sich die Hidradenitis suppurativa anhand von Mitessern, die oft 2 oder mehr Öffnungen aufweisen, vermischt mit zarten erythematösen Papeln bis Knötchen. Später sind die Läsionen mit Flüssigkeit gefüllt und entleeren sich spontan. Dann entwickeln sich Fistelgänge. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung werden die Läsionen zahlreicher, die Fistelgänge verbinden sich und es kommt zu einer erheblichen Narbenbildung.
In Deutschland sind schätzungsweise zwischen 225.000 und 3 Millionen Menschen betroffen. Die Dunkelziffer ist vermutlich aufgrund einer falschen Diagnostik und schambedingt zu seltener Arztbesuche hoch [1,2]. Das typische Erkrankungsalter ist die Pubertät und das junge Erwachsenenalter [1]. Frauen scheinen häufiger betroffen, während Männer eher zu atypischen Lokalisationen, einem schwereren Verlauf und häufigerer Akne neigen [1,2,3,4,5].
Die meisten Fälle treten sporadisch auf, aber es wurde auch über eine familiäre Form mit autosomal-dominantem Erbgang berichtet [1]. Vereinzelt tritt die Hidradenitis suppurativa im Rahmen eines seltenen systemischen autoinflammatorischen Syndroms auf, wie z.B. beim Synovitis-Akne-Pustulose-Hyperostose- Osteitis-Syndrom (SAPHO) oder dem PAPA-Syndrom (pyogenen Arthritis, Pyoderma gangraenosum, Akne).
Da sich die Läsionen oft erst nach der Pubertät entwickeln, wird angenommen, dass Androgene bei der Entstehung eine Rolle spielen. Die meisten Patienten haben ein normales Androgenprofil [1,2,4]. Daher wird vermutet, dass der Defekt auf der Ebene des Androgenrezeptors liegt. Obwohl Adipositas und Rauchen häufig als begünstigende Faktoren angeführt werden, ist ihre Rolle bei der Pathogenese nicht erwiesen. Änderungen des Lebensstils können zu einer Verbesserung des Verlaufs führen, müssen es aber nicht [1,2,3].
Die Diagnose Hidradenitis suppurativa wird in der Regel anhand der charakteristischen Anamnese und des klinischen Erscheinungsbildes gestellt. Bei einem atypischen Krankheitsbild kann die Biopsie aufschlussreich sein. Histologisch zeigen frühe Läsionen eine follikuläre Hyperkeratose und eine Verstopfung des gemeinsamen Haar-Talgdrüsen-Ausführungsgangs (Infundibulum), gefolgt von einer follikulären Dilatation und epithelialen Hyperplasie. Rupturierte Haarfollikel lösen ein buntes gemischt-entzündliches Infiltrat aus, und häufig bilden sich Abszesse. Spätere Läsionen zeigen epithelial ausgekleidete Fistelgänge und Narbenbildung.
Von rupturierten Läsionen werden keine Kulturen angelegt, da sie oft von diversen Bakterienarten besiedelt sind. Gewebekulturen von frühen, noch intakten Läsionen können mehr Aufschluss bringen. Diese sind jedoch häufig steril [3].
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Diesen Artikel so zitieren: Fall: Schlimme Narben und Fisteln am Gesäß– seit 20 Jahren leidet dieser Mann unter schmerzhaften Knötchen. Wie können Sie ihm helfen? - Medscape - 26. Aug 2021.
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