Barmer Arzneimittelreport 2021: Zu viele Teratogene in der Schwangerschaft verordnet

Presseagentur Gesundheit (pag)

Interessenkonflikte

18. August 2021

Wegen mangelnder Dokumentation der Arzneimitteltherapie werden „viel zu vielen“ Frauen in der Schwangerschaft weiterhin Teratogene verordnet, beklagte die Barmer bei der Vorstellung ihres Arzneimittelreports 2021 [1]. Unter den Versicherten der Kasse erhielten 2018 fast 154.000 Frauen zwischen 13 und 49 Jahren Teratogene, was 7,8% der Frauen in dieser Altersgruppe entspricht.

 
Spätestens mit Eintritt der Schwangerschaft – und das ist ja so sicher und eindeutig nicht vorherzusagen – darf kein teratogenes Arzneimittel mehr eingesetzt werden. Prof. Dr. Christoph Straub
 

Bei einigen Krankheiten sind diese potenziell kinderschädigenden Mittel indiziert, und prinzipiell spreche nichts gegen ihre Einnahme, solange verhütet werde, betont Barmer-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Christoph Straub in einer Pressemitteilung der Barmer. „Spätestens mit Eintritt der Schwangerschaft – und das ist ja so sicher und eindeutig nicht vorherzusagen – darf kein teratogenes Arzneimittel mehr eingesetzt werden.“ Trotzdem bekamen 663 der 66.500 Barmer-Versicherten, die 2018 entbunden haben, im ersten Trimenon Teratogene verordnet. Das ist aus Sicht der Kasse „viel zu viel“ und „inakzeptabel“.

Medikationsplan ist wichtig

Das Hauptproblem liege in der unzureichenden Dokumentation der Arzneimitteltherapie von Frauen im gebärfähigen Alter. Die Gynäkologen wüssten oft nichts von den Teratogenen, da diese von anderen Fachärzten verordnet werden.

 
Denn sonst kommt es einfach durch eine Weiterverordnung potenziell teratogener Arzneimittel zu diesen Risiken. Prof. Dr. Christoph Straub
 

Straub appelliert an die Frauenärzte, sich einen Überblick über die Medikation von Frauen mit Kinderwunsch zu verschaffen und diese über die potenziellen Risiken aufzuklären. „Denn sonst kommt es einfach durch eine Weiterverordnung potenziell teratogener Arzneimittel zu diesen Risiken.“

Die Kasse fordert darum einen Rechtsanspruch auf einen bundeseinheitlichen Medikationsplan für alle Frauen im gebärfähigen Alter mit mindestens einer Dauermedikation. Straub ist überzeugt, „damit könnte das Risiko für das ungeborene Leben massiv reduziert werden“.

Große Hoffnungen setzt er auf die elektronische Patientenakte (ePA), die einen Medikationsplan enthält. „Jetzt gibt es die Möglichkeit, das aufzubauen.“ Einige Kassen haben ihren Versicherten die ePA bereits Anfang des Jahres zur Verfügung gestellt, die Zugriffszahlen sind aber noch niedrig. Seit Mitte des Jahres sollten Praxen in der Lage sein, die ePA zu befüllen. „Es gibt die Lösung, wir müssen sie jetzt nur noch nutzen“, fordert Straub.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
 

Kommentar

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