Brustkrebs: Letrozol mit Pausen; Mikro-RNAs zeigen Darmkrebs-Risiko an; Pembrolizumab verdoppelt Überleben bei Lungenkrebs

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

17. August 2021

Im Onko-Blog dieser Woche geht es um die adjuvante Letrozol-Behandlung beim Mammakarzinom. Eine intermittierende Gabe ist ähnlich wirksam wie eine kontinuierliche Therapie über 7 Jahre, ist aber mit einer besseren Lebensqualität assoziiert. Bei Patienten mit metastasiertem NSCLC kann Pembrolizumab als Erstlinientherapie die Überlebensrate im Vergleich zur Chemotherapie verdoppeln. Und: Neue Tests sind auf dem Vormarsch – vielversprechende Ergebnisse gibt es z.B. mit mikro-RNA beim Kolorektalkarzinom und mit dem NETest bei neuroendokrinen Tumoren.

  • Mammakarzinom: Letrozol intermittierend statt kontinuierlich

  • Lungenkrebs: Pembrolizumab verdoppelt 5-Jahres-Überleben

  • Darmkrebs: Mikro-RNA im Blut zeigen Erkrankungsrisiko an

  • Neuroendokrine Tumoren: Multigenomischer Test erlaubt exakte Diagnose

  • Taxane: Einmal 10 mg Dexamethason reicht in der Prämedikation

Mammakarzinom: Letrozol intermittierend statt kontinuierlich

Frauen in der Postmenopause mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom erreichten mit intermittierender und kontinuierlicher Einnahme von Letrozol über 7 Jahre ein ähnliches krankheitsfreies Überleben von 81,4 bzw. 81,5%. Bei intermittierender Gabe war allerdings die Lebensqualität weniger stark beeinträchtigt.

Diese finalen Ergebnisse der randomisierten Phase-3-Studie SOLE hat eine internationale Arbeitsgruppe in den Annals of Oncology publiziert.

In der randomisierten, offenen Study of Letrozole Extension (SOLE) wurden Frauen in der Postmenopause mit Hormonrezeptor-positivem, Lymphknoten-positivem und operablem Brustkrebs nach einer endokrinen Therapie über 4 bis 6 Jahre eingeschlossen. Randomisiert erhielten sie über 5 Jahre kontinuierlich Letrozol (2,5 mg/Tag) (n = 2.426) oder intermittierend (in Jahr 1-4 insgesamt 9 Monate Therapie, gefolgt von 3 Monaten Unterbrechung, in Jahr 5 dann 12 Monate Therapie) (n = 2.425).

Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben nach 5 Jahren, wobei sich zwischen den Behandlungsgruppen kein Unterschied zeigte. Die Prüfärzte beschlossen, die Nachbeobachtung bis zu 1 Jahr nach Therapieende fortzusetzen: Nach einem medianen Follow-Up von 84 Monaten betrug das krankheitsfreie 7-Jahres-Überleben 81,4% in der Gruppe mit intermittierender Gabe und 81,5% in der mit kontinuierlicher Verabreichung.

Die Studie war allerdings auf Überlegenheit ausgelegt, so dass sie den primären Endpunkt damit nicht erreicht hat.

Das ähnliche krankheitsfreie Überleben zusammen mit einer bereits früher berichteten Verbesserung der Lebensqualität deuten darauf hin, dass eine intermittierende verlängerte Behandlung eine Option für Patienten sein kann, die eine Therapieunterbrechung benötigen oder diese wünschen, so die Schlussfolgerung der Autoren.

Lungenkrebs: Pembrolizumab verdoppelt 5-Jahres-Überleben

Nach 5 Jahren ist die Überlebensrate von Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) und einem Anteil von mindestens 50% PD-L1-positiven Tumorzellen (TPS), die in der Erstlinie mit Pembrolizumab behandelt worden sind, mit 31,9% fast doppelt so hoch wie die der Patienten, die eine platinbasierte Chemotherapie erhalten haben (16,3%). Damit konnte erstmals in einer Phase-3-Studie (KEYNOTE-024) der Langzeitnutzen des Immuncheckpoint-Inhibitors in diesem Setting gezeigt werden, berichtet die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Martin Reck, Lungenklinik Grosshansdorf, im Journal of Clinical Oncology .

In der KEYNOTE-024-Studie waren 305 Patienten entweder mit einer Monotherapie mit Pembrolizumab alle 3 Wochen über im Median 7,9 Monate oder mit einer platinhaltigen Chemotherapie nach Wahl des Prüfarztes über 3,5 Monate behandelt worden.

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von nunmehr 59,9 Monaten waren in der Pembrolizumab-Gruppe 66,9% und in der Chemotherapie-Gruppe 81,5% der Patienten gestorben. Die mediane Überlebenszeit betrug unter Pembrolizumab 26,3 Monate, unter Chemotherapie 13,4 Monate.

Das bessere Überleben in der Pembrolizumab-Gruppe wurde erreicht, obwohl auch in der Chemotherapie-Gruppe im weiteren Verlauf 99 Patienten eine Immuntherapie erhalten hatten (66% Cross-Over-Rate). In der Pembrolizumab-Gruppe hatten 80 Patienten (52,9%) weitere Therapien erhalten, davon 12 eine 2. Behandlung mit Pembrolizumab.

Darmkrebs: Mikro-RNA im Blut zeigen Erkrankungsrisiko an

Mit der Bestimmung von 7 Mikro-RNAs (miRNAs) im Blut lässt sich das Risiko für ein Kolorektalkarzinom besser vorhersagen als mit herkömmlichen Methoden – und dies bereits viele Jahre vor der Diagnose. In einer aktuellen Studie – publiziert in Nature Communications – konnten Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg zeigen, dass das miRNA-Profil eine höhere Vorhersagekraft als genetische oder Lebensstil-basierte Verfahren zur Risikostratifizierung hat. Das könnte helfen, die Darmkrebsvorsorge in Zukunft gezielter einzusetzen.

Mikro-RNAs bestehen aus nur 20 bis 25 Nukleotiden. Viele miRNAs werden ins Blut abgegeben. Sie enthalten keinen Bauplan für Proteine, sondern steuern eine Vielzahl an Zellfunktionen und sie kontrollieren auch viele zelluläre Prozesse, die die Krebsentstehung beeinflussen.

Daher wird derzeit intensiv untersucht, ob bestimmte miRNA-Expressionsmuster mit dem Auftreten bestimmter Krebsarten in Verbindung stehen und damit möglicherweise das Erkrankungsrisiko vorhergesagt werden kann.

Das Forscherteam konnte ein Panel von 7 miRNAs identifizieren, das eng mit dem Auftreten von Darmkrebs korrelierte. Dazu wählten sie zunächst 41 miRNA-Kandidaten anhand der Literatur und eigener Vorarbeiten aus. Danach prüften sie diese Moleküle im Serum von Teilnehmern der ESTHER-Studie, einer großen Längsschnittstudie, die sie seit dem Jahr 2000 in enger Kooperation mit dem Krebsregister Saarland durchführen.

Insgesamt 198 der fast 10.000 ESTHER-Teilnehmer waren innerhalb von 14 Jahren nach der Blutentnahme an Darmkrebs erkrankt. Durch den Vergleich mit krebsfreien Teilnehmern konnte ein Risikoscore ermittelt werden, der am engsten mit dem Auftreten von Darmkrebs in Beziehung stand.

Beim Vergleich des neuen Verfahren mit dem bisher aussagekräftigsten genetischen Risikoscore, der auf 140 Einzelnukleotid-Polymorphismen basiert, sowie mit einem Lebensstil-basierten Risikoprofil, zeigte sich, dass das miRNA Panel das individuelle Erkrankungsrisiko weitaus besser voraussagen konnte als die beiden anderen Verfahren.

„Das miRNA-Panel ist eine vielversprechende Möglichkeit, das individuelle Darmkrebsrisiko besser abzuschätzen als das mit bisher verfügbaren Methoden möglich war. Wenn sich die Vorhersagekraft in unabhängigen Studien mit langer Laufzeit bestätigen lässt, hätten wir einen aussagekräftigen Biomarker zur Verfügung, der die Darmkrebsvorsorge entscheidend verbessern könnte", resümierte Studienleiter Prof. Dr. Hermann Brenner, Heidelberg, in einer Pressemitteilung.

Neuroendokrine Tumoren: Multigenomischer Test erlaubt exakte Diagnose

Mit Hilfe des multigenomischen NETests lassen sich neuroendokrine Tumoren (NET) exakter diagnostizieren als mit dem bislang üblichen Chromogranin-A(CgA)-Nachweis. Eine internationale Arbeitsgruppe hat Ergebnisse aus einer prospektiven vergleichenden Kohortenstudie mit NETest und CgA in den Annals of Oncology publiziert.

Die Arbeitsgruppe untersucht das PCR-basierte Bluttestpanel aus 51 NET-Markergenen (NETest) über eine 5-Jahres-Periode bei Patienten mit NET (n = 1.684) und Kontrollpersonen (n = 731) (Kohorte 1) und verglich es bei 922 NET-Patienten und 348 Patienten mit anderen Erkrankungen mit dem CgA-Test (Kohorte 2).

Die Diagnosegenauigkeit des NETests lag bei 91% in Kohorte 1 (p < 0,0001). Er identifizierte Phäochromozytome (98%), Dünndarm- (94%), Pankreas- (91%), Lungen- (88%), Magen- (80%) und Blinddarm-NET (79%). Die Ergebnisse des NETest stimmten zu 91% mit der Bildgebung überein.

Vor der Operation waren alle NETs positiv, nach palliativer R1/2-Resektion blieben die Werte in allen Fällen erhöht. Nach kurativer Resektion normalisierten sich die NETest-Werte in 70% der Fälle ohne Rezidiv innerhalb von 2 Jahren. Bei den Patienten mit erhöhten Werten nach R0-Resektion kam es in 81% der Fälle innerhalb von 2 Jahren zum Rezidiv.

Beim Vergleich mit dem CgA-Spiegel als Tumormarker erwies sich der NETest als diagnostisch exakter. Seine Genauigkeit betrug 87%, die von CgA 54% (p < 0,0001). NETest erlaubte eine exaktere Graduierung sowie eine bessere Erkennung von Metastasen und einer progredienten Erkrankung.

Taxane: Einmal 10 mg Dexamethason reicht in der Prämedikation

Niedrig dosiertes Dexamethason ist zur Prävention von Überempfindlichkeitsreaktionen bei einer Therapie mit Taxanen genau so wirksam wie eine hohe Dosis. Die einmalige Gabe von 10 mg Dexamethason kann Überempfindlichkeitsreaktionen und Steroid-Nebenwirkungen bei den meisten Patienten verringern, so die Aussage einer Arbeitsgruppe aus Stanford (Kalifornien) im Journal of Clinical Oncology aufgrund einer retrospektiven Analyse.

Sie hatten die Daten von 3.181 Patienten analysiert, die mit Paclitaxel oder Docetaxel behandelt worden waren. 264 Patienten (8,3%) hatten eine Überempfindlichkeitsreaktion entwickelt. Zwischen der in der Prämedikation eingesetzten Dosis von Dexamethason und der Applikationsweise sowie der Häufigkeit der unerwünschten Wirkung ergab sich kein Zusammenhang.

Nach Aussage der Autoren ist es aufgrund dieser Ergebnisse und angesichts des Risikos für unerwünschte Ereignisse bei wiederholter Gabe hochdosierter Steroide sinnvoll, nur einmal 10 mg Dexamethason zur Prämedikation zu verwenden, denn damit können bei den meisten Patienten Überempfindlichkeitsreaktionen verhindert werden.

 

Kommentar

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