Gute Nachrichten für Kaffee-Liebhaber: Eine neue Studie liefert das beruhigende Ergebnis, dass es ihnen langfristig nicht schadet, ihr Lieblingsgetränk zu sich zu nehmen.
Dieses Transkript ist eine Übersetzung von einem Videobeitrag von der US-Ausgabe von Medscape und wurde zur besseren Lesbarkeit redigiert.
Willkommen zu Impact Factor, Ihrer wöchentlichen Kommentar-Dosis zu einer neuen medizinischen Studie. Ich bin Dr. F. Perry Wilson von der Yale School of Medicine.
Es ist fast eine Binsenwahrheit in der Ernährungsmedizin, dass alles, was zu genussreich ist, möglicherweise nicht gut für einen ist. Das gilt für hochverarbeitete Lebensmittel, raffinierten Zucker, Alkohol. Aber es gibt eines, dass sich diesem Trend hartnäckig verweigert. Ein Ding, das man zu sich nehmen kann, das sowohl Freude bereitet als auch – in einer Studie nach der anderen – einen Nutzen für die Gesundheit. Es ist eine Art Einhorn. Ich spreche natürlich von Kaffee.
Kaffee hat einen langen Weg hinter sich, nachdem er fälschlicherweise damit in Verbindung gebracht worden war, Magengeschwüre oder nervliche Erschöpfung zu verursachen. Tatsächlich haben neuere Studien hervorgehoben, dass Kaffeetrinken mit einem verringerten Risiko für Krebs, Diabetes mellitus, ja sogar für die Gesamtmortalität assoziiert ist. Man könnte fast behaupten, es ist ein gesundes Lebensmittel.
Nichtsdestotrotz haben manche Leitliniengesellschaften bestimmten Menschen von Kaffee abgeraten, weil er kardiale Arrhythmien begünstigen könnte.
Das ist der medizinische Zeitgeist. Kaffee lässt Ihr Herz rasen. Kaffee verursacht Palpitationen. Aber tut er das? Oder, wichtiger, gibt es irgendwelche Langzeitfolgen?
Diese Studie von Dr. Gregory Marcus und seinem Team von der Universität von Kalifornien in San Francisco (UCSF), die am 19. Juli 2021 zunächst online in JAMA Internal Medicine erschienen ist, legt das Gegenteil nahe: Kaffeetrinken könnte tatsächlich das Arrhythmie-Risiko senken.
Die Forscher benutzten Daten aus der Biobank des Vereinigten Königreichs – eine riesige Kohorte von ungefähr 400.000 Menschen. Da es eine britische Kohorte war, waren fast alle Menschen weißer Hautfarbe. Und irgendwie war die am häufigsten konsumierte Form von Kaffee Instantkaffee? England, wir müssen reden.
Okay. Bei Studieneinschluss wurden den einzelnen Teilnehmern eine Menge Fragen gestellt, einschließlich der, wie viel Kaffee sie tranken. Dann wurde über durchschnittlich ungefähr 5 Jahre nachverfolgt, ob sie kardiale Arrhythmien wie Vorhofflimmern entwickelten.
Und das Ergebnis ist recht klar: ein Dosis-abhängiger Schutzeffekt. Je mehr Kaffee man trinkt, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass man die Diagnose Vorhofflimmern erhält.
Nun müssen wir mit solchen Studien wirklich vorsichtig sein; sie können auf fast unmerkliche Art und Weise schief gehen.
Erstens wurden die Arrhythmien auf Grundlage diagnostischer Codes entdeckt. Richtigerweise haben die Autoren Patienten mit einem vorbestehenden Arrhythmie-Code von vornherein aus der Kaffee-Studie ausgeschlossen. Aber nicht jede Arrhythmie wird verschlüsselt. Es ist möglich, dass einige Menschen von Zeit zu Zeit ein Herzrasen bemerkt und das Kaffeetrinken ausgesetzt haben – sei es aus Vorsicht oder weil es die Dinge wirklich verschlechtert hat. Dann kommen sie in die Kohorte, geben an, sie tränken keinen Kaffee, und irgendwann später erhalten sie die offizielle Diagnose eines Vorhofflimmerns, das sie eigentlich schon die ganze Zeit hatten.
Die Forscher haben aber einen Trick auf Lager: Genetik. Es hat sich herausgestellt, dass unsere Gene vorgeben, wie schnell wir Koffein verstoffwechseln. Die Wissenschaftler entwickelten einen polygenen Risiko-Score zum Koffein-Stoffwechsel. Wie Sie vielleicht erwarten, zeigte dieser, dass Schnell-Metabolisierer etwas mehr Kaffee trinken als Langsam-Metabolisierer.
Egal, zu welcher Gruppe man gehörte – das Arrhythmie-Risiko war jedoch das gleiche. Das bedeutet, dass es außer Koffein keine andere Substanz im Kaffee gibt, die das Arrhythmie-Risiko wesentlich verändert. Es sagt aber nicht viel über das Koffein selbst aus, denn – da Kaffee so allgemein verfügbar ist – können wir mehr oder weniger selbst über unsere Koffeinspiegel entscheiden, egal wie unsere Metabolisierungsrate ist.
Ist jetzt die Jagdzeit auf Raketen-Treibstoff eröffnet? Nicht wirklich. Diese Studie berichtet uns über diagnostizierte Arrhythmien, nicht über transiente Arrhythmien, die bei hoher Koffein-Zufuhr vorkommen könnten. Wenn mir ein Patient sagen würde, er bekäme nach dem Kaffeetrinken Palpitationen, würde ich ihm sagen, er solle aufhören, Kaffee zu trinken. Aber insgesamt liefert die Studie eine gute Rückversicherung, dass man keinen Langzeitschaden anrichtet, wenn man der einen Sache teilhaftig wird, die einen nicht umzubringen scheint.
Der Artikel wurde von Dr. Bianca Bach aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
Medscape © 2021
Diesen Artikel so zitieren: Herzflattern durch Kaffee? Nein, es schützt eher vor Arrhythmien – Datenanalyse von über 400.000 Menschen - Medscape - 9. Aug 2021.
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