Im Onko-Blog dieser Woche geht es um die Diagnose des Prostatakarzinoms und um das HER2-schwach-positive Mammakarzinom als neuen Subtyp der Brustkrebserkrankung. Der COX-2-Hemmer Celecoxib scheint in der Adjuvans beim Mammakarzinom nicht die erhoffte Wirkung zu haben. Seit 10 Jahren wird die CAR-T-Zelltherapie diskutiert – viel wurde publiziert, aber es gibt erstaunlich wenig randomisierte klinische Studien.
Prostatakarzinom: MRT-geführte Biopsie vermeidet falsch positive Diagnose und Übertherapie
Mammakarzinom: Neuer Subtyp – neue Therapiemöglichkeiten?
Mammakarzinom: Adjuvantes Celecoxib ohne Wirkung
CAR-T-Zelltherapie: Viele Publikationen, aber wenige randomisierte kontrollierte Studien
B-Zell-Lymphome: Ibrutinib mit Blutdruckerhöhung assoziiert
Immuncheckpoint-Inhibitoren: Leitlinien zum Management der Nebenwirkungen
Prostatakarzinom: MRT-geführte Biopsie vermeidet falsch positive Diagnose und Übertherapie
Eine MRT-gesteuerte, gezielte und Standard-Biopsie eines vermuteten Prostatakarzinoms senkte die Zahl falsch positiver Befunde und vermied unnötige Biopsien. Dieses Ergebnis der STHLM3-MRI-Studie wurde von einer schwedischen Studiengruppe beim virtuellen Jahreskongress der European Association of Urology vorgestellt und parallel online im NEJM publiziert.
In der prospektiven randomisierten populationsbasierten Studie werden bei Männern im Alter zwischen 50 und 74 Jahren verschiedene Screening-Verfahren auf ein Prostatakarzinom untersucht. Aktuell präsentierten die Forscher Ergebnisse eines Vergleichs von MRT-gesteuerter gezielter oder Standard-Biopsie bei positivem MRT-Befund mit einer Standardbiopsie.
Die Männer hatten einen PSA-Wert von mindestens 3 ng/ml. 603 unterzogen sich einer Standardbiopsie und 929 einer Magnetresonanz-Tomographie. Ergab sich beim MRT ein Hinweis auf ein Prostatakarzinom wurden sie gezielt oder nach Standard biopsiert.
Im primären Endpunkt, dem Nachweis eines klinisch signifikanten Prostatakarzinoms, war das MRT-gesteuerte Vorgehen dem Standardverfahren nicht unterlegen. Allerdings wurden mit der MRT-gesteuerten Strategie weniger klinisch nicht bedeutende Karzinome nachgewiesen.
Die Studienergebnisse weisen zudem darauf hin, dass bei Männern mit positivem MRT-Befund zusätzlich zur gezielten Biopsie auch eine Standard-Biopsie durchgeführt werden sollte, weil dadurch die Trefferquote erhöht werden kann.
Bei Übertragung der Ergebnisse auf 10.000 Männer im Alter zwischen 50 und 75 Jahren mit erhöhtem PSA-Spiegel kann eine gezielte Biopsie nach positivem MRT-Befund zu
409 weniger Biopsien insgesamt
366 weniger Biopsien mit gutartigem Befund
88 weniger klinisch unbedeutenden Karzinomen
beitragen.
Die zusätzlichen Kosten der MRT werden durch die reduzierte Zahl an Biopsien sowie vermiedene Übertherapien zumindest zum Teil ausgeglichen.
Mammakarzinom: Neuer Subtyp – neue Therapiemöglichkeiten?
HER-2 schwach positive Mammakarzinome können als eigener Tumor-Subtyp charakterisiert werden, der sich von Tumoren ohne HER2-Protein unterscheidet. Die HER2-schwach-positiven Tumoren sprechen schlechter auf eine präoperative Chemotherapie an als Tumoren ohne HER2-Protein.
HER2-schwach-positive Tumoren haben nach Aussage der Autoren eine spezifische Biologie. Die Ergebnisse lieferten eine Grundlage für ein besseres Verständnis der Biologie von Brustkrebs-Subtypen und für die Verfeinerung zukünftiger diagnostischer und therapeutischer Strategien, so das Fazit der Deutschen Studiengruppe in der Publikation in Lancet Oncology .
Die Forscher hatten die Daten von 2.310 Brustkrebs-Patientinnen mit nicht verstärkt exprimiertem HER2 analysiert, die in 4 prospektiven klinischen Studien präoperativ mit einer Chemotherapie behandelt worden waren.
Von 2.310 Tumoren waren 1.098 (47,5%) schwach positiv, 1.212 (52,5%) waren HER2-Null. 64% der Frauen mit schwach positivem HER2-Status waren Hormonrezeptor-positiv, mit HER-2-Null-Status waren es nur 36,7%.
Von den schwach positiven HER2-Tumoren sprachen signifikant weniger pathologisch komplett auf die präoperative Chemotherapie an als von den HER2-Null-Tumoren (29,2% vs 39,0%, p = 0,0002). Dies galt auch für Frauen mit Hormonrezeptor-positiven Tumoren. Bei Hormonrezeptor-negativen Tumoren unterschied sich das komplette pathologische Ansprechen nicht.
Frauen mit schwach-positivem HER2-Status überlebten länger als Frauen mit HER2-Null-Tumoren. Dieser Unterschied im Gesamtüberleben wurde auch bei Frauen mit Hormonrezeptor-negativen Tumoren gesehen, nicht jedoch bei Frauen mit Hormonrezeptor-positiven Tumoren.
Die Autorinnen des begleitenden Editorials sind jedoch der Meinung, dass definitiv überzeugende Beweise für HER2-schwach-positiven Brustkrebs als eigene prognostische Entität noch fehlen. Dennoch könnte die gute Wirksamkeit von HER2-Antikörper-Arzneistoff-Konjugaten bei dieser Brustkrebsform das Interesse an der Erforschung ihrer besonderen Eigenschaften und Behandlungsmöglichkeiten stimulieren.
Mammakarzinom: Adjuvantes Celecoxib ohne Wirkung
Frauen mit HER2-negativem Brustkrebs profitieren nicht von einer adjuvanten Behandlung mit Celecoxib. Dies zeigte die randomisierte, doppelblinde Phase-3-Studie REACT (Randomized European Celecoxib Trial), deren Ergebnisse von einer deutsch-britischen Arbeitsgruppe in JAMA Oncology publiziert worden sind.
In 160 britischen und deutschen Zentren waren Frauen mit HER2-negativem Mammakarzinom nach vollständiger Resektion zusätzlich zur adjuvanten Standardtherapie über 2 Jahre zusätzlich mit 400 mg Celecoxib täglich (n = 1.763) oder Placebo (n = 876) behandelt worden. Die meisten (73%) waren an einem Hormonrezeptor-positivem Tumor erkrankt. Frauen mit HER2-positivem Mammakarzinom waren nicht zugelassen. 48% hatten einen Lymphknoten-Befall, 42% einen Grad-3-Tumor.
Nach einem Follow-Up von 74,3 Monaten im Median waren in der Celecoxib-Gruppe bei 18% der Patientinnen und in der Placebo-Gruppe bei 19% die Erkrankung fortgeschritten oder der Tod eingetreten. Damit zeigte die adjuvante Celecoxib-Gabe im Vergleich zu Placebo kein Wirkung auf das Ereignis-freie Überleben (Hazard Ratio: 0,97; p = 0,75).
Die Autorinnen im begleitenden Editorial weisen darauf hin, dass die Ergebnisse der REACT weitgehend mit den Befunden der 2018 publizierten CCTG-MA.27-Studie übereinstimmen würden. Diese negativen Befunde mit Celecoxib würden jedoch nicht bedeuten, dass möglicherweise Acetylsalicylsäure einen Nutzen habe, denn ASS hemme die COX1 und COX2 und habe auch einen starken Effekt auf Thrombozyten.
Deshalb sei man sehr gespannt auf die Ergebnisse der derzeit laufenden großen ASS-Studien ADD-Aspirin und Aspirin for Breast Cancer (ABC).
CAR-T-Zelltherapie: Viele Publikationen, aber wenige randomisierte kontrollierte Studien
In einem systematischen Review analysierten zwei Hämatoonkologen aus San Francisco bislang publizierte Arbeiten zur CAR-T-Zelltherapie. Nur 10 von 778 Studien waren randomisiert durchgeführt worden und in lediglich 28 Studien (4%) wurde untersucht, wie eine etablierte CAR-T-Zelltherapie durch weitere Medikamente oder Bestrahlung optimiert werden kann.
Ihr Fazit in JAMA Network : „Weil die moderne CAR-Therapie nun in die 2. Dekade geht, sind zusätzliche Studien zum Vergleich mit anderen Therapien und zur Optimierung dringend erforderlich, um die Evidenz für die CAR-Therapie zu stärken und die Ergebnisse für die Patienten zu verbessern.“
Seit den ersten Veröffentlichungen zu chimären Antigenrezeptor-Therapien (CAR) im Jahr 2011 hat sich diese Therapieform rasant weiter entwickelt. Im April 2021 waren von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) bereits 5 CAR-T-Zelltherapien zugelassen: Tisagenlecleucel, Axicabtagen ciloleucel, Brexucabtagen autoleucel, Lisocabtagen maraleucel und Idecabtagen vicleucel.
Die Autoren identifizierten bei ClinicalTrial.gov bis Ende Dezember 2020 1.304 laufende oder geplante Studien mit CAR-T-Zellen. Hiervon schlossen sie 778 in ihre Analyse ein. 75% betrafen Blutkrebserkrankungen, 23% solide Tumoren. 53% der Studien stammten aus China, 37% aus den USA. Randomisiert waren aber nur 10 Studien, in den CAR-T-Zelltherapien mit anderen Behandlungen verglichen worden sind. Dazu gehörten auch die Phase-3-Studien von 4 der 5 bislang zugelassenen Therapien.
B-Zell-Lymphome: Ibrutinib mit Blutdruckerhöhung assoziiert
Die Behandlung mit Ibrutinib kann mit einer Erhöhung des systolischen und diastolischen Blutdrucks einhergehen. Kardiologen und Onkologen sollten auf diese unerwünschte Wirkung achten, um rechtzeitig geeignete Maßnahmen einzuleiten. Amerikanische Forscher fanden diesen Zusammenhang in einer retrospektiven Studie mit 144 Patienten, den sie in Heart publizierten.
Von den 144 Patienten wurden 93 mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Ibrutinib und 51 mit konventioneller Chemoimmuntherapie behandelt. Unter der Behandlung mit Ibrutinib stiegen systolischer und diastolischer Blutdruck sowohl bei Normo- als auch bei Hypertonikern im Verlauf signifikant an, während sie sich unter der Chemoimmuntherapie nicht änderten. Der mit der Ibrutinib-Therapie assoziierte Bluthochdruck wurde bei 61,2% der Patienten nicht adäquat behandelt.
Immuncheckpoint-Inhibitoren: Leitlinien zum Management der Nebenwirkungen
Die Society for Immunotherapy of Cancer (SITC) hat Leitlinien zum Management der Nebenwirkungen unter einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren im Journal for ImmunoTherapy of Cancer publiziert.
Immuncheckpoint-Inhibitoren haben die Therapie bei verschiedenen Krebsentitäten deutlich verbessert. Allerdings geht die Behandlung auch mit einer Reihe von unerwünschten Wirkungen einher, von denen insbesondere die immunvermittelten Nebenwirkungen Probleme aufwerfen können.
Eine Expertengruppe der SITC hat nun klar strukturierte Empfehlungen zum Umgang mit den immunvermittelten Nebenwirkungen erarbeitet.
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Diesen Artikel so zitieren: Prostata-Biopsie: Mit MRT weniger falsch positive Befunde; neuer Subtyp beim Mammakarzinom; Leitlinie Immuntherapie - Medscape - 20. Jul 2021.
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