Zeitlich befristetes Essen, d.h. die Verminderung der Stunden, während der eine Person im Tagesverlauf essen darf, kann einen leichten Gewichtsverlust von 1 bis 4% bewirken, auch ohne Kalorienreduktion, wie jüngste Studien am Menschen nahelegen. Dieses Ergebnis muss jedoch durch weitere Untersuchungen bestätigt werden.

Dr. Courtney M. Peterson
„Eine solche Form eines intermittierenden Fastens wirkt sich offenbar auch günstig auf den Blutzuckerspiegel, den Blutdruck und den oxidativen Stress aus“, sagte Dr. Courtney M. Peterson, Wissenschaftlerin an der Universität von Alabama in Birmingham. Peterson hatte diese potenzielle Strategie zur Gewichtsreduktion beim virtuellen 81. Kongress der American Diabetes Association (ADA) vorgestellt [1].
Die besten Ergebnisse würden bei einem Zeitfenster für das Essen gesehen, bei dem das nächtliche Fasten früh am Tag beendet wird. Die Personen dürfen dann 8 bis 10 Stunden pro Tag essen (z.B. von 8 Uhr morgens bis 16 oder 18 Uhr), während in den restlichen Stunden nur Wasser erlaubt sei.
Allerdings handelt es sich bei den etwa 3 Dutzend Studien am Menschen, die bisher durchgeführt wurden, hauptsächlich um kleine Pilot- oder einarmige Studien mit einer Dauer von bis zu 3 Monaten. Es gibt nur 3 große randomisierte kontrollierte Studien mit 25 oder mehr Teilnehmern in jeder Gruppe.
Für Peterson sind jedoch große Studien mit etwa 260 Teilnehmern notwendig, „bevor man endgültige Schlüsse“ über den Gewichtsverlust und den kardiometabolischen Benefit einer zeitlich befristeten Ernährungsweise ziehen könne.

Prof. Dr. Lisa S. Chow
Auch die Leiterin der Sitzung, Prof. Dr. Lisa S. Chow, Endokrinologin an der Universität von Minnesota in Minneapolis, wurde um einen Kommentar gebeten: „Ich denke, eine zeitliche Befristung ist vielversprechend, weil sie eine einfache Regel bietet und einen Gewichtsverlust herbeiführt. Allerdings sind weitere Daten erforderlich, denn noch vieles ist unklar.“
Dazu gehöre auch die Sorge, dass eine zeitliche Befristung des Essens mit dem Verlust fettfreier Muskelmasse verbunden sein könne. Und es bliebe herauszufinden, welche Personengruppen denn am ehesten von einer befristeten Ernährungsweise profitieren würden, schrieb sie in einer E-Mail.
36 kleine Studien, ein Review, eine Metaanalyse und 3 RCT
Es gab 3 Dutzend kleine Studien zum befristeten Essen beim Menschen, die Fenster mit einer Dauer zwischen 4 und 11 Stunden untersuchten, berichtet Peterson. Ein systematischer Review zu 23 Studien mit befristeter Ernährung kam zu dem Ergebnis, dass die Teilnehmer im Durchschnitt 3% ihres Ausgangsgewichts verloren. Und eine Metaanalyse von 19 Studien mit 475 Teilnehmern kam auf einen mittleren Gewichtsverlust von 0,9 kg. Allerdings haben beide Analysen die zeitlich befristete Ernährungsweise nicht mit einer Kontrollbehandlung verglichen, betonte Peterson.
Die größte randomisierte kontrollierte Studie ging über 12 Wochen und wurde an 271 Erwachsenen mit nicht alkoholischer Fettlebererkrankung in China durchgeführt, so Peterson. Dabei seien 3 Gruppen verglichen worden:
jeden 2. Tag Fasten, gesunde Kost vorgegeben;
zeitlich befristetes Essen in einem 8-Stunden-Fenster, gesunde Kost vorgegeben;
Kontrollgruppe: 20% Kalorienreduktion, keine Kost vorgegeben.
Nach 4 und 12 Wochen hatten die Erwachsenen in den beiden Behandlungsgruppen mehr Gewicht verloren als die Personen aus der Kontrollgruppe, aber „dies war kein fairer Vergleich“, betonte Peterson, da in der Kontrollgruppe keine Kost vordefiniert wurde.
Die zweitgrößte randomisierte kontrollierte Studie war die 12-wöchige TREAT-Studie, die im Oktober 2020 online in JAMA Internal Medicine veröffentlicht wurde. Die Untersucher von der University of California in San Francisco verteilten 116 Erwachsene zufällig auf 2 Gruppen:
8 Stunden zeitlich begrenztes Essen von Mittag bis 20 Uhr;
Kontrolle: 3 Mahlzeiten pro Tag.
Das zeitlich befristete Essen führte im Vergleich zu 3 strukturierten Mahlzeiten am Tag zu keinem größeren Gewichtsverlust, was nicht überraschend war, so Chow, da „die Teilnehmer nur mit ‚ja‘ oder ‚nein‘ erklärten, ob sie dem zeitlich befristeten Essensregime folgten oder nicht“.
Außerdem „gab es kein objektives Maß für das zeitliche Fenster. In unserer Studie haben wir gezeigt, dass die Eingrenzung des Zeitfensters zur Essensaufnahme eine Rolle spielt und nicht nur die Teilnahme am befristeten Essen“, sagte Chow.
In der TREAT-Studie reichte das Essensfenster von 12 Uhr bis 20 Uhr (was für ein befristetes Essensregime als spät gilt), und die Studie erlaubte auch kalorienfreie Getränke außerhalb des Fensters, während die meisten Studien nur Wasser und Medikamente zuließen.
Schließlich zeigte TREAT, dass eine befristete Ernährung zwar das Gewicht im Vergleich zum Ausgangswert reduzierte, jedoch im Vergleich zur Kontrollgruppe nicht signifikant. Zudem gab es eine breite Streuung der Effekte, also sehr unterschiedlich ausgeprägte Gewichtsverluste.
„Andererseits ist die Studie in JAMA Internal Medicine die bisher größte zu einer zeitlich befristeten Ernährungsweise mit Kontrollgruppenvergleich. Daher müssen die Ergebnisse berücksichtigt werden“, betonte Chow.
Peterson gab an, dass ihre Gruppe kürzlich eine 14-wöchige Intervention an 90 adipösen Erwachsenen in 2 Gruppen abgeschlossen habe:
Kontrollgruppe: kontinuierlich verminderte Energiezufuhr, selbst gewähltes ≥ 12-Stunden-Fenster;
Verumgruppe: zeitlich früh begrenzte Nahrungsaufnahme in einem 8-Stunden-Fenster von 7 Uhr morgens bis 15 Uhr nachmittags.
Die Ergebnisse daraus werden wohl weitere Einblicke in den Benefit eines befristeten Zeitraums für das Essen erlauben.
Wie bewirkt Befristung einen Gewichtsverlust?
Peterson beendete ihre Präsentation mit Daten, die einen Fingerzeig darauf geben, wie eine befristete Ernährungsform zur Gewichtsabnahme beitragen kann.
In einer 4-tägigen Crossover-Studie mit 11 übergewichtigen Erwachsenen hatte eine befristete Ernährung keinen Einfluss auf den Energieverbrauch, allerdings waren die Schwankungen im subjektiven Hungererleben geringer, das Appetithormon Ghrelin besser reguliert und die Fettoxidation erhöht.
Die meisten Studien berichteten, so Peterson weiter, dass befristetes Essen einen oder mehrere kardiometabolische Endpunkte verbessert.
Frühzeitiges zeitlich begrenztes Essen war mit einer verbesserten Insulinempfindlichkeit und -sekretion verbunden, mit einem niedrigeren Blutdruck und weniger oxidativem Stress, bliebe jedoch ohne positiven Effekt auf die Fettwerte.
Eine später am Tag befristete Ernährungsweise (1 Mahlzeit/Tag zwischen 17 Uhr und 21:00 Uhr) führte gegenüber der Kontrollgruppe (3 Mahlzeiten/Tag) in einer 8-wöchigen Crossover-Studie mit 15 Teilnehmern zu einer Verschlechterung der kardiometabolischen Gesundheitsmaker (Glukose, Insulin, Blutdruck und Fettwerte).
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Diesen Artikel so zitieren: Die Wissenschaft zum Intervallfasten: Gewicht, Blutdruck, Zucker sinkt, aber Timing noch unklar – eine Studienübersicht - Medscape - 15. Jul 2021.
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