Neuerungen für Praxisärzte seit 1. Juli: Corona-Sonderregeln verlängert, geringere Vergütung für PCR-Tests, ePA muss lesbar sein

Dr. Nina Mörsch

Interessenkonflikte

14. Juli 2021

Im 3. Quartal kommen wieder einige Änderungen auf niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zu. Hier finden Sie eine kurze Übersicht wichtiger Neuerungen.

Diese Corona-Sonderregelungen gelten bis 30. September
 

Viele der Corona-Sonderregelungen werden erneut verlängert: Dies gilt etwa für die telefonische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bis zum 30. September verlängert hat [1]. In der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) bleibt die telefonische Beratung für alle Patientengruppen auch erhalten – vorerst befristet bis zum 30. September 2021.

Außerdem wurden die Vergütungen von Videosprechstunde und ärztlicher sowie psychotherapeutischer Telefonkonsultation sowie die Erstattung der Portokosten beim Versand von Folgeverordnungen und Überweisungen vom Bewertungsausschuss verlängert. Die KBV bietet auf ihrer Internetseite einen Kurzüberblick aller Sonderregelungen (Stand: 17.06.2021).

Bis zum 30. September 2021 können Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten Versorgung für jeden unmittelbaren Arzt-Patientenkontakt weiterhin eine Hygienepauschale in Höhe von 6,41 Euro (analog Nr. 245 GOÄ zum 1-fachen Satz) abrechnen. Auch Zahnärztinnen und Zahnärzte können die sogenannte Corona-Hygienepauschale bis Ende September berechnen.

COVID-19-Genesenenzertifikat: Vergütung festgelegt

Neben Impfzertifikaten können künftig alle Ärztinnen und Ärzte auch nachträglich Zertifikate für COVID-19-Genesene ausstellen. Die Vergütung wurde mit der neugefassten Coronavirus-Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums festgelegt, die zum 1. Juli in Kraft trat. Außerdem wurden neue Regelungen für Schnelltests erlassen.

Die Vergütung des Genesenenzertifikats erfolgt analog zum Impfzertifikat, berichtet die KBV. Für das Ausstellen erhalten Ärztinnen und Ärzte ab Juli 2 Euro je Zertifikat, wenn es direkt aus dem Praxisverwaltungssystem (PVS) erstellt wird. Nutzen Praxen die aufwendigere Webanwendung des Robert Koch-Instituts, zahlt der Bund 6 Euro je Zertifikat.

Kurative PCR-Tests ab Juli nur noch mit 35 Euro vergütet

Die Vergütung für den PCR-Test zum Nachweis von SARS-CoV-2 bei Personen mit Krankheitssymptomen wird zum 1. Juli von bislang 39,40 auf 35,00 Euro pro Test abgesenkt. Dies hat der Erweiterte Bewertungsausschuss beschlossen.

Der Beschluss betrifft ausschließlich kurative PCR-Tests bei GKV-Versicherten, die nach EBM vergütet werden. Alle anderen PCR-Tests bei GKV- und Nicht-GKV-Versicherten werden nach der Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums mit 43,56 honoriert.

Post-COVID-Syndrom ab Juli besonderer Verordnungsbedarf
 

Das Post-COVID-19-Syndrom oder Long-COVID wird bei der Heilmittelversorgung bundesweit als besonderer Verordnungsbedarf anerkannt. Verordnen Ärzte ab 1. Juli Physio- oder Ergotherapie aufgrund von Langzeitfolgen einer Corona-Infektion, so wird bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ihr Budget nicht mit den Verordnungskosten belastet ( Medscape berichtete ).

Zweitmeinung per Videosprechstunde künftig immer möglich

Ärztinnen und Ärzte können von nun an eine Zweitmeinung immer auch per Videosprechstunde abgeben, berichtet die KBV. Grundlage dafür ist eine entsprechende Änderung der Zweitmeinungsrichtlinie des GBA ( Medscape berichtete ).

Die Vergütung wurde zum 1. Juli im EBM geregelt: Zu den jeweiligen arztgruppenspezifischen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen sind dann die Gebührenordnungspositionen 01444 (10 Punkte / 1,11 Euro) und 01450 (40 Punkte / 4,45 Euro) berechnungsfähig. Es gelten die gleichen Abrechnungsbestimmungen, wie sie für die Abrechnung der Videosprechstunde außerhalb des Zweitmeinungsverfahrens vorgesehen sind. Mehr Informationen bietet die KBV.

Elektronische Patientenakte

Seit 1. Juli müssen alle Vertragsärzte die elektronische Patientenakte (ePA) lesen und befüllen können. Die ePA ist das zentrale Element der vernetzten Gesundheitsversorgung und der Telematikinfrastruktur. Sie soll die bisher an verschiedenen Orten wie Praxen und Krankenhäusern abgelegten Patientendaten digital zusammentragen. Voraussetzungen dafür sind:

  • TI-Anbindung,

  • Update auf ePA-Konnektor.

  • Praxisverwaltungssystem (PVS)-Modul ePA.

Für die sektorenübergreifende Erstbefüllung der ePA hat der Gesetzgeber 10 Euro festgelegt. Werden später weitere Dokumente wie Befunde oder Arztbriefe ablegt oder verarbeitet, zahlen die Krankenkassen einmal im Quartal eine Zusatzpauschale von 1,67 Euro (GOP 01647) zur Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale. Kommt der Patient nicht in die Sprechstunden und wird keine Videosprechstunde durchgeführt, sind es 33 Cent (GOP 01431, bis zu viermal je Arztfall).

Sofern Dokumente qualifiziert elektronisch signiert in die ePA eingestellt werden sollen – etwa elektronische Arztbriefe oder ein Notfalldatensatz – benötigen Ärzte und Psychotherapeuten für den Signaturvorgang ihren elektronischen Heilberufeausweis (eHBA).

Wie die ePA im Detail funktioniert und was Ärzte darüber wissen sollten, lesen Sie in einer Praxisinformation der KBV.

Elektronischer Heilberufeausweis

Für zahlreiche digitale Anwendungen in der Praxis ist der elektronische Heilberufeausweis (eHBA, eArztausweis) erforderlich. Die KBV hatte an Vertragsärzte und -psychotherapeuten appelliert, bis Ende Juni einen eHBA zu bestellen, damit ihnen keine Sanktionen drohen.

Unter anderem ist der eHBA Voraussetzungen, um folgende Anwendungen durchzuführen:

  • Notfalldatenmanagement,

  • elektronischer Arztbrief,

  • elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (ab 1.10.2021),

  • elektronisches Rezept (ab 1.1.2022),

  • Laborüberweisungen,

  • Anforderung von Telekonsilien.

Auch für die Anwendungen elektronischer Medikationsplan und elektronische Patientenakte setzt der Gesetzgeber aus rechtlichen Gründen einen eHBA voraus. Für die Ausgabe sind die Landesärztekammern zuständig. Der eHBA ist ein personenbezogenes Dokument. Deshalb müssen Ärzte und Psychotherapeuten für den Antrag das Post-Ident-Verfahren durchführen – nur so können sie zweifelsfrei ihre Identität nachweisen. Sobald der Ausweis produziert ist, erhalten sie ihn per Einschreiben zugeschickt. PIN und PUK folgen separat. Nach Erhalt muss der Ausweis innerhalb von 28 Tagen über ein Online-Portal freigeschaltet werden.

Krebspatienten: Kassen übernehmen Kosten für Kryokonservierung

Die Kosten für die Entnahme, das Einfrieren und das Lagern von Spermien oder Eizellen bei jungen Krebspatienten übernimmt seit 1. Juli 2021 die Krankenkasse für gesetzlich Versicherte. Darauf hat die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs hingewiesen. Anträge an die Krankenkassen oder eine private Finanzierung für das Einfrieren von Eizellen oder Spermien entfielen damit.

Für Ärzte ist laut der Stiftung wichtig, die neue Abrechnungsmodalität zu kennen: Wer aus Unkenntnis ab 1. Juli einen privaten Behandlungsvertrag unterschreiben lasse, ohne auf die mögliche Kassenfinanzierung hinzuweisen, könnte in Haftung genommen werden, heißt der auf der Internetseite der Stiftung.

Mit der Regelung seien aber nicht alle Finanzierungsprobleme gelöst: Die teuren Medikamente würden für die Eizellkonservierung für Mädchen vor dem 18. Lebensjahr in der Regel nicht übernommen, ab dem 18. Geburtstag jedoch schon.

Außerdem neu seit Juli

In ausgewählten Praxen startet in Berlin und Brandenburg ein Feldtest zur Ausstellung des elektronischen Rezeptes (eRezept). Erst ab dem 1. Oktober sollen Ärzte auch bundesweit auf freiwilliger Ebene eRezepte ausstellen können.

Auch das EU-Impfzertifikat startet offiziell. Damit soll vieles im Urlaub einfacher werden – vorausgesetzt die Länder haben dafür gesorgt, dass es ausgelesen werden kann. Welche Erleichterungen im Raum stehen, lesen Sie hier.

Neu im EBM ist der Bluttest zur Bestimmung des fetalen Rhesusfaktors. Schwangere mit negativem Rhesusfaktor D können ihr Blut dann auf den Rhesusfaktor D des ungeborenen Kindes testen lassen, um eine gegebenenfalls erforderliche Anti-D-Prophylaxe zu erhalten. Mehr dazu lesen Sie hier.

Für Zahnärzte: Neue PAR-Richtlinie in Kraft

Zum 1. Juli treten die neue Parodontitis-Richtlinie, Ergänzungen der Behandlungsrichtlinie wie der Parodontale Screening-Index und auch die Richtlinie für die PAR-Behandlung vulnerabler Gruppen nach § 22a SGB V in Kraft. Gesetzlich krankenversicherte Patienten können dann umfassend nach aktuellem Stand versorgt werden.

Mit der Bewertung der neuen Leistungen soll die Parodontaltherapie in der Versorgung verankert und angemessen honoriert sowie die gesamte Behandlungsstrecke in der Praxis – inklusive UPT, Evaluation und Gesprächsleistungen – deutlich aufgewertet werden. Ziel ist, die hohe Parodontitislast in Deutschland dauerhaft zu senken.

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung bietet tiefergehende Informationen auf einer Sonderseite zur PAR-Richtlinie inkl. Videos.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf  Coliquio.de .
 

Kommentar

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