UK-Studie entlarvt gefährliche Kombi: Wenn Diabetiker häufig schlecht schlafen, riskieren sie eine deutlich höhere Sterblichkeit

Dr. Mitchel L. Zoler

Interessenkonflikte

13. Juli 2021

Durch eine einzige, simple Frage an Diabetiker zu ihren Schlafgewohnheiten konnte eine Patientenuntergruppe aus der UK-Biobank-Datenbank mit beinahe doppelter Mortalität identifiziert werden: Patienten, die regelmäßig unter Schlafstörungen leiden.

Die Frage lautete schlicht: „Haben Sie nie, selten, manchmal oder oft Probleme beim Einschlafen, oder wachen Sie mitten in der Nacht auf?“

Dr. Kristen L. Knutson

Erwachsene Personen, die in der UK-Biobank mit irgendeiner Form eines selbst berichteten Diabetes oder mit Insulingebrauch verzeichnet waren und antworteten, oft Schlafstörungen zu haben, hatten eine um 87% höhere Sterblichkeitsrate als Personen ohne Diabetes, die nie oder nur selten Schlafstörungen haben. Dieser signifikante Wert wurde nach vollständiger Adjustierung bei einem durchschnittlichen Nachbeobachtungszeitraum von 8,9 Jahren erhoben. Dieses Ergebnis stellten Dr. Kristen L. Knutson, Epidemiologin und Neurologin mit Schwerpunkt Schlafmedizin an der Northwestern University in Chicago, und ihr Team im Journal of Sleep Research vor [1].

Die Sterblichkeit war bei den Teilnehmern, die über häufige Schlafstörungen klagten, aber keinen Diabetes hatten, um 11% höher als bei denen ohne häufige Schlafstörungen. Darüber hinaus hatten Diabetiker ohne häufige Schlafstörungen eine um 67% höhere Sterblichkeitsrate, verglichen mit Personen ohne Diabetes. Beide Unterschiede waren auch statistisch signifikant, nachdem sie auf Alter, Geschlecht, Ethnie, Rauchen, Schlafdauer, BMI und andere Kovariaten adjustiert worden waren.

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Diabetes und häufige Schlafstörungen in Summe das Sterberisiko erhöhen“, sagte Knutson.

 
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Diabetes und häufige Schlafstörungen in Summe das Sterberisiko erhöhen. Dr. Kristen L. Knutson
 

Sie empfahl daher, Diabetiker etwa jährlich diese Schlüsselfrage zur Häufigkeit ihrer Schlafstörungen zu stellen. Anschließend sollten Betroffene mit häufigen Schlafstörungen an eine Schlafambulanz überwiesen werden, um sich dort im Hinblick auf Schlafstörungen wie Schlaflosigkeit oder Schlafapnoe untersuchen zu lassen. Gerade die Schlafapnoe sei „bei Typ-2-Diabetikern besonders häufig“, so Knutson in einem Interview.

Aufmerksamkeit für Diabetiker mit Schlafstörungen erhöhen

Die Studie von Knutson und ihren Kollegen „ist eine der größten populationsbasierten Studien“, die den Zusammenhang zwischen Schlafstörungen, Diabetes und Sterblichkeit untersucht hat, kommentierte Dr. Sirimon Reutrakul, Endokrinologin und Diabetologin an der University of Illinois Hospital in Chicago.

„Die Studie unterstreicht die negativen Folgen von Schlafstörungen bei Menschen mit oder ohne Diabetes und bringt weitere Symptome wie etwa infolge der Schlaflosigkeit hinzu. Diabetiker haben oft Schlafstörungen. Die obstruktive Schlafapnoe ist sehr häufig bei Diabetikern, und Schlaflosigkeitssymptome sind bei Personen mit obstruktiver Schlafapnoe nicht selten, oder es könnte auch ein separates Problem sein“, sagte Reutrakul in einem Interview. Schlafstörungen können eine direkte Folge des Diabetes sein, wie z.B. die Nykturie, Sorgen um den Blutzuckerspiegel, Schmerzen, depressive Symptome und Angstzustände, oder sie resultieren aus Komorbiditäten, die den Schlaf beeinträchtigen.

„Man sollte Diabetiker ruhig zu ihrem Schlaf befragen“, sagte Reutrakul, und sie befürwortete die spezifische Frage, die Knutson den Patienten zu stellen empfahl. Andere diagnostisch hilfreiche Aspekte der Schlafqualität sind Schlafdauer, Schlafzeiten und Schnarchen. „Manche Ärzte stellen diese Fragen, aber es muss auch ein breiteres Bewusstsein für dieses Thema entstehen“, fügte sie hinzu.

 
Die Studie unterstreicht die negativen Folgen von Schlafstörungen bei Menschen mit oder ohne Diabetes und bringt weitere Symptome wie etwa infolge der Schlaflosigkeit hinzu. Dr. Sirimon Reutrakul
 

Bevor Patienten an eine Schlafklinik überwiesen werden, sollten Ärzte auch mögliche Auslöser wie eine mangelhafte Blutzuckerkontrolle, Schmerzen und Angstzustände abklären und eine gute Schlafhygiene empfehlen, meinte Reutrakul. In Deutschland gibt etwa die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) Patienteninformationen zum Thema Schlafhygiene heraus.

Schlafstörungen unter erwachsenen Briten weit verbreitet

Die UK-Biobank erfasste zwischen 2006 und 2010 etwas über 500.000 Personen zwischen 37 und 73 Jahren. Von diesen Personen gab es bei 487.728 Angaben, die es erlaubten, sie in die Analyse einzubeziehen. Diese Gruppe war im Mittel rund 57 Jahre alt, der Anteil der Frauen betrug 54%, 94% waren weiß, und der durchschnittliche BMI lag bei 27 bis 28 kg/m2.

Mehr als ein Viertel dieser Personen gab an, „übliche“ Schlafstörungen zu haben. Das zeige, so die Autoren, wie verbreitet Schlafstörungen unter den Briten seien. Knapp ein Viertel der erfassten Personen erklärte, nie oder nur selten Schlafstörungen zu haben, die verbleibenden 50% „manchmal“.

Darüber hatten 69% nach eigenen Angaben weder Diabetes noch häufige Schlafstörungen. Die Kombination „häufige Schlafstörungen ohne Diabetes“ traf auf 26% zu, 3% waren Diabetiker ohne häufige Schlafstörungen und 2% hatten sowohl einen Diabetes als auch häufige Schlafstörungen.

Während der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 8,9 Jahren verstarben 19.177 Personen (4%); 3.874 dieser Todesfälle konnten auf kardiovaskuläre Erkrankungen zurückgeführt werden. Obwohl hier Diabetes und häufige Schlafstörungen signifikant mit einer höheren Gesamtmortalität zusammenhängen, konnte kein signifikanter Zusammenhang dieser Kombination mit der kardiovaskulären Mortalität hergestellt werden. Dies könnte daran liegen, dass „häufige Schlafstörungen mit vielen Todesursachen zusammenhängen können“, meinte Knutson.

Die erhobenen Daten der UK Biobank erlaubten leider keine Differenzierung zwischen den Diabetes-Typen 1 und 2.

Die Ergebnisse „legen nahe, dass – unabhängig von der Ursache – häufige Schlafstörungen ein wichtiges Alarmsignal für ein erhöhtes Sterberisiko sind. Solche Symptome sollten daher weiter abgeklärt werden, vor allem wenn zugleich ein Diabetes vorliegt“, schrieben Knutson und ihr Team. „Die vorliegende Studie ist die erste, die untersucht hat, wie sich eine Kombination aus Schlaflosigkeit und Diabetes auf das Sterberisiko auswirkt.“ Sie erinnerte noch daran, dass „Schlafstörungen für jeden Menschen ein Problem sind, nicht nur für Diabetiker“.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.mdedge.com übersetzt und adaptiert.
 

Kommentar

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