Fall: Blutiger Urin und Brennen beim Wasserlassen nach einem Penis-Trauma – wie können Sie dem Mann helfen? 

D. Brady Pregerson

Interessenkonflikte

5. Juli 2021

Symptome einer Harnröhrenverletzung sind Schmerzen, Hämaturie oder Blutungen aus dem Ostium, Dysurie und Harnverhalt. Weitere Hinweise können Blut an der äußeren Harnröhrenmündung, eine Dislokation von Blase und Prostata nach kranial im Röntgenbild („High-riding“-Prostata) oder Anzeichen eines Traumas wie Prellungen, Risswunden oder Beckenfrakturen geben. Allerdings zeigt etwa die Hälfte der Betroffenen kein Blut am Ostium urethrae.

Bei Patienten mit stumpfen Multisystemtrauma denken Ärzte in der Notaufnahme zunächst oft nicht an eine Harnröhrenverletzung – oder ein Verdacht bleibt unbestätigt. Stoßen Ärzte bei der Anlage eines Harnröhrenkatheters auf einen Widerstand, gehen sie der Vermutung nach.

Weitere mögliche Befunde sind ein perineales Hämatom, eine ärmelartige Ekchymose um den Penis oder eine Weichteilschwellung durch Extravasat aus Urin und/oder Blut. Das sogenannte „Schmetterlingshämatom“ gilt als pathognomonisch für eine Harnröhrenverletzung. Daher ist die perineale Untersuchung wichtig.

Bei einem stumpfen Multisystemtrauma erfordern häufig andere schwerwiegende oder lebensbedrohliche Verletzungen die volle Aufmerksamkeit der Behandler, bevor sie mögliche Harnröhrenverletzungen beurteilen. Nach einer ausreichenden Stabilisierung des Patienten sollte auch dieser Bereich in Augenschein genommen werden.

Bei Verdacht auf eine Harnröhrenverletzung ist die RUG die wichtigste Untersuchungsmethode. Dabei injizieren Ärzte über einen Katheter, der direkt im Ostioum urethrae platziert wird, vorsichtig 20 bis 30 ml eines wasserlöslichen Kontrastmittels unter Durchleuchtung oder mit mehreren Normalfilmaufnahmen.

Bei manchen Patienten kann das Kontrastmittel zu einer reflektorischen Verengung des M. sphincter urethrae führen. Sie täuscht eine Striktur vor. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um die normale, intakte Harnröhre.

Neben der anterior-posterioren Projektion (a.-p.-Projektion) im Urethrogramm sind auch Schrägaufnahmen wichtig. Ohne solche Bilder kann etwa eine Extravasation des Kontrastmittels übersehen werden, wenn es dazu direkt posterior oder anterior kommt. Eine Harnröhrenverletzung zeigt sich durch den Nachweis von Kontrastmittel außerhalb des normalen röhrenförmigen Bildes der Harnröhre.

Ein partieller Riss wird diagnostiziert, wenn ein Paravasat zu sehen ist und das Kontrastmittel dennoch auch in die Blase gelangt. Die vollständige Ruptur wird demnach festgestellt, wenn Paravasat vorliegt, ohne dass Kontrastmittel den Weg in die Blase findet oder proximal der unterbrochenen Harnröhre vorhanden ist. Die Angaben zur relativen Häufigkeit von partiellen Rissen und kompletten Rupturen sind in der Literatur sehr unterschiedlich.

RUG-Befunde lassen sich mit der Goldman-Klassifizierung [3] weiter einteilen. Sie unterscheidet 5 Haupttypen von Harnröhrenverletzungen:

  • Typ I: Die Urethra bleibt intakt, ist aber stark gedehnt, was zur Ruptur des Lig. puboprostaticum und somit zu einer abnormen Beweglichkeit der Prostata nach kranial führt. Im RUG findet sich kein Extravasat bei gleichzeitiger Darstellung der Anteile des unteren Harntrakts.

  • Typ II: Es liegt eine posteriore Harnröhrenverletzung mit Ruptur oberhalb des Diaphragma urogenitale vor. Kontrastmittel tritt extraperitoneal ins Becken aus, jedoch nicht ins Perineum. Das Diaphragma urogenitale bleibt intakt, was den Übertritt des Kontrastmittels nach kaudal verhindert.

  • Typ III: Hierbei handelt es sich um eine Ruptur der Harnröhre oberhalb des Diaphragma urogenitale mit Ausdehnung der Ruptur durch das Diaphragma urogenitale hindurch nach kaudal unter Beteiligung der bulbären Harnröhre. Im RUG zeigen sich Extravasate sowohl im extraperitonealen Becken als auch im Perineum.

  • Typ IV: Die Ruptur bezieht den Blasenhals mit ein und dehnt sich in die proximale Harnröhre aus. Man kann einen Kontrastmittelaustritt extraperitoneal im Becken sowie um die proximale Harnröhre herum erkennen. Derartige Verletzungen können den inneren Schließmuskel betreffen (M. sphincter internus urethrae) und in einer Harninkontinenz resultieren. Daher ist eine sorgfältige Diagnose der Ruptur entscheidend.

  • Typ V: alle Verletzungstypen, die sich auf die anteriore Urethra begrenzen und distal des Diaphragma urogenitale auftreten, für gewöhnlich als Folge eines Quetsch- oder Aufreittraumas (Straddle-Trauma). Manchmal kann auch der bulbäre Harnröhrenabschnitt partiell verletzt sein. Ein Kontrastmittelaustritt findet sich stets unterhalb des Diaphragma urogenitale. Wenn die Buck-Faszie (Fascia penis profunda) intakt bleibt, bleibt die Extravasation auf den Penisschaft begrenzt. Bei einer Ruptur der Faszie dehnt sich das Kontrastmittel in den Grenzen der Colles-Faszie (Fascia perinei superficialis) aus und kann somit im unteren Abdomen, in den Schenkelpartien und im Skrotum nachgewiesen werden.

Unter bestimmten Umständen kann ein Kontrastmittelextravasat trotz klarer klinischer Anzeichen für eine Harnröhrenruptur komplett fehlen. In einem solchen Fall wird oft die Diagnose Harnröhrenkontusion gestellt. Bei normalem RUG kann ein Zystogramm als weitere diagnostische Maßnahme sinnvoll sein.

Kommentar

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