Das Robert Koch-Institut versteckt die wichtigste Neuigkeit der vergangenen Woche auf seiner FAQ-Seite zum Impfen gegen COVID-19. Frage 38 von 81 lautet: „Wer haftet bei Schäden nach einer Impfung gegen COVID-19?“ In der Antwort heißt es jetzt: „Für gesundheitliche Schäden im Zusammenhang mit einer COVID-19 Impfung wird auch dann auf der Grundlage von § 60 IfSG eine staatliche Entschädigung geleistet, wenn diese nicht öffentlich von einer Landesbehörde empfohlen worden ist – d.h. in der Regel auch, wenn die Impfung nicht von der STIKO empfohlen ist. Dies umfasst z.B. die Einzelfallentscheidung bei der Impfung von Schwangeren oder Jugendlichen ohne Indikationsimpfempfehlung zwischen 12 und 17 Jahren.“ (Stand 17. Juni 2021).
Damit ist seit der vergangenen Woche geklärt, dass Ärztinnen und Ärzte, die Schwangere nach entsprechender Aufklärung, bei erhöhtem Erkrankungs- oder Expositionsrisiko und auf deren eigenen Wunsch hin impfen, nicht mehr mit der Haftung im Regen stehen, wenn es nach der Impfung zu Problemen, im schlimmsten Fall zu einem Impfschaden kommt.
Denn wer kann das schon vorhersehen – ein kleiner Temperaturanstieg nach der Impfung, irgendwann später eine Fehlgeburt, die überhaupt nichts mit der Impfung selbst zu tun hat, die Schwangere zieht im Nachhinein ihre Einwilligung in die Impfung zurück … Wie die Gerichte die Situation einschätzen würden ohne STIKO-Empfehlung, das wäre offen, und die ärztliche Haftpflicht deckt Schäden nach Impfungen außerhalb offizieller Empfehlungen nicht ab.
Umfangreiche Daten, aber keine generelle Impfempfehlung
Die bisherigen, umfangreichen Daten, die die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe zuletzt im Mai 2021 bewertet hat, legen zwar nahe, dass die Impfung in der Schwangerschaft keine erhöhte Komplikationsrate nach sich zieht und vor allem vor den gefährlichen COVID-19-Verläufen in der Schwangerschaft sehr sicher schützen kann. Trotzdem hatte die Ständige Impfkommission (STIKO) bisher die Impfung in der Schwangerschaft nicht ausdrücklich und regelhaft empfohlen, weil sie die Sicherheitsdaten für eine generelle Impfung aller Schwangeren nicht für ausreichend hält.
Die gynäkologisch-geburtshilflichen Fachgesellschaften und -verbände hatten gegen diese zögerliche Haltung seit Monaten angekämpft. Prof. Dr. Ekkehard Schleußner, Jena, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin, und Prof. Dr. Ulrich Pecks, Kiel, Leiter des CRONOS-Registers, beide vor wenigen Monaten in die AG COVID und Schwangerschaft der Ständigen Impfkommission berufen, hatten intensiv darauf hingearbeitet, dass die juristische Frage zügig und im Interesse der Schwangeren und der sie impfenden Ärztinnen geklärt würde.
Da die Ständige Impfkommission selbst nicht für den rechtlichen Rahmen zuständig ist, war dies eine Angelegenheit zwischen dem Robert Koch-Institut und dem Bundesgesundheitsministerium, das zusätzlich von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe zwischenzeitlich auch angeschrieben worden war.
Die Klarstellung erleichtert die Entscheidung
Es hat sich gelohnt, dass die Frauenärztinnen und -ärzte nicht lockergelassen haben. Die Immunisierung von Schwangeren mit einem mRNA-Impfstoff fällt jetzt definitiv unter das Infektionsschutzgesetz. „Wir begrüßen diese ersehnte Klarstellung zur Haftungsfrage ausdrücklich“, kommentiert Schleußner laut einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) [1].
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Diesen Artikel so zitieren: Als Niedergelassener Schwangere und Jugendliche impfen, auch ohne STIKO-Empfehlung: Haftung jetzt geregelt - Medscape - 23. Jun 2021.
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