Eine adjuvante Therapie mit dem Immuncheckpoint-Inhibitor Pembrolizumab senkte bei Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom (RCC) das Risiko für ein Rezidiv oder Tod signifikant um 32% im Vergleich zu Placebo. Dieses Ergebnis der Phase-3-Studie KEYNOTE-564 stellte Prof. Dr. Toni K. Choueiri, Dana-Farber Cancer Institute, Boston, in der Plenarsitzung bei der virtuellen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2021 vor [1].
Dies ist die „erste positive Phase-3-Studie mit einer adjuvanten Immuntherapie für Patienten mit Nierenzellkarzinom. Pembrolizumab ist ein potenzieller neuer Behandlungsstandard für Patienten mit RCC im adjuvanten Setting“, fasste Choueiri zusammen.
Dr. Julie Gralow, Chief Medical Officer der ASCO, kommentierte bei einer Vorab-Pressekonferenz die Ergebnisse: „KEYNOTE-564 ist die erste Phase-3-Studie, die ein verbessertes krankheitsfreies Überleben durch die Gabe eines Immuncheckpoint-Inhibitors im adjuvanten Setting für ein klarzelliges RCC zeigt ... Die Ergebnisse der KEYNOTE-564-Studie unterstützen Überlegungen, Pembrolizumab als potenziellen neuer Behandlungsstandard im adjuvanten Setting einzuordnen.“
Als „Quantensprung für die Patienten in die nächste Phase der Optionen beim RCC“ bezeichnete Diskutantin Prof. Dr. Rana R. McKay, Universität von Kalifornien, San Diego, und Moores Cancer Center, La Jolla, die Studienergebnisse. Sie seien praxisändernd. „Die Daten bedeuten einen Paradigmenwechsel, weil es sich um die erste positive Studie mit einer adjuvanten Immuntherapie beim RCC handelt.“ Der Effekt von Pembrolizumab auf das krankheitsfreie Überleben bedeute wegen seines Ausmaßes und der gleichzeitig begrenzten Toxizität der Therapie einen klinischen Nutzen für die Patienten.
RCC: Häufig Rezidive nach Operation
Ein RCC ist bei Männern und Frauen häufig. Die operative Entfernung des Tumors ist bei lokalisierter Erkrankung Standard. Allerdings tritt bei etwa der Hälfte der Patienten nach der Operation ein Rezidiv auf. Die Patienten sind dann nicht mehr heilbar. Derzeit gibt es keine adjuvante Therapie, für die eine hohe Evidenz nachgewiesen und die weltweit als Standard anerkannt ist. Studien mit Zytokinen und VEGF-Inhibitoren ergaben keinen konsistenten Nutzen.
Weil sich ein Immuntherapie mit Pembrolizumab in der Therapie von metastasiertem RCC als wirksam erwiesen hat, wurden nun in der KEYNOTE-564-Studie Wirksamkeit und Verträglichkeit des PD1-Inhibitors in der adjuvanten Behandlung nach einer Operation im Vergleich zu Placebo untersucht.
KEYNOTE-564: Design
An der internationalen multizentrischen randomisierten doppelblinden Phase-3-Studie nahmen 994 Patienten teil. Sie litten unter einem histologisch bestätigtem klarzelligem Nierenzellkarzinom (RCC) mit mittlerem oder hohem Risiko oder mit Weichteilmetastasen ohne erneute Krankheitszeichen nach Operation. Höchstens 12 Wochen vor der Randomisierung hatten sie sich einer Nephrektomie unterzogen. Die demographischen Parameter der beiden Gruppen waren vergleichbar. Über 85% der Patienten wiesen ein intermediäres bis hohes Rezidivrisiko auf.
Die Patienten erhielten 1:1 randomisiert Pembrolizumab (n = 496) in einer Dosierung von 200 mg alle 3 Wochen oder Placebo (n = 498) alle 3 Wochen, beides über etwa 1 Jahr. Primärer Endpunkt der Studie war das vom Prüfarzt beurteilte krankheitsfreie Überleben (DFS). Sekundäre Endpunkte waren Gesamtüberleben (OS) und Verträglichkeit.
Sterberisiko sinkt fast um die Hälfte
Choueiri stellte die Ergebnisse der ersten vordefinierten Interimsanalyse der Studie vor, die nach etwa 265 Ereignissen und einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 12 Monaten nach Einschluss des letzten Teilnehmers vorgesehen war. Nach 15 Monaten Nachbeobachtungszeit gab es 260 krankheitsfrei überlebende Teilnehmer und damit 78% der für die finale Analyse geplanten Ereignisse aufgetreten. Allerdings waren nur 51 Patienten bis zu diesem Zeitpunkt verstorben, was 26% der Todesfälle entsprach, die für die finale Analyse vorgesehen waren.
Nach einem medianen Follow-Up von 24,1 Monaten hatten in der Pembrolizumab-Gruppe signifikant mehr Patienten krankheitsfrei überlebt als in der Placebo-Gruppe mit einer Hazard Ratio von 0,68 (p = 0,0010). Bislang ist der mediane Wert für krankheitsfreies Überleben in beiden Gruppen noch nicht erreicht. Nach 12 Monaten betrug die geschätzte DFS-Rate 85,7 % unter Pembrolizumab sowie 76,2% unter Placebo, nach 24 Monaten 77,3% bzw. 68,1%. Die Kurven teilten sich früh. Der Effekt von Pembrolizumab war konsistent in den wichtigen Subgruppen nachweisbar.
Auch das mediane Gesamtüberleben ist noch nicht erreicht. Im Pembrolizumab-Arm waren nach 24 Monaten 18 Patienten (3,4%) und im Placebo-Arm 33 Patienten (6,6%) verstorben. Dies bedeutet eine Senkung des Sterberisikos um 46% (HR: 0,54; p = 0,0164) durch Pembrolizumab zu diesem frühen Zeitpunkt. Allerdings ist dieser Unterschied aufgrund der vorab festgelegten Grenzwerte nicht signifikant. Für diesen wichtigen sekundären Endpunkt sind weitere Auswertungen geplant.
Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder höher waren unter Pembrolizumab mit 32,4% häufiger als unter Placebo mit 17,7%. Therapiebedingt traten mit dem Immuncheckpoint-Inhibitor 18,9% und mit Placebo 1,2 % Nebenwirkungen vom Schweregrad von mindestens 3 auf. 17,6% der Patienten unter Pembrolizumab und 0,6% unter Placebo brachen die Behandlung wegen Therapie-bedingter Nebenwirkungen nach im Median 7 Therapiezyklen ab.
Abschließend wies Choueiri darauf hin, dass man einen langen Weg gegangen sei. Seiner Kenntnis nach sei die erste Studie mit adjuvanter Immuntherapie beim Nierenzellkarzinom 1992 auf dem ASCO-Kongress präsentiert worden. Und nun habe man 29 Jahre später endlich eine positive adjuvante Studie mit einer Immuntherapie. „Es hat eine ganze Generation gedauert, bis wir dieses Ziel erreicht haben.“
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Diesen Artikel so zitieren: Eine Generation Stagnation: Pembrolizumab bringt endlich die adjuvante Therapie beim klarzelligen Nierenkrebs voran - Medscape - 18. Jun 2021.
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