MEINUNG

Neue Wirkstoffe und Vakzine, Kinder-Impfung, Schutz vor D-Variante – die Corona-News vom Kongress für Infektionskrankheiten 

PD Dr. Martin Hartmann

Interessenkonflikte

12. Juli 2021

Alle impfen? „COVID-19 bei Kindern ist ähnlich wie die Influenza“. PD Dr. Martin Hartmann berichtet über die STIKO Entscheidung und weitere Corona-Highlights vom Kongress für Infektionskrankeiten und Tropenmedizin 

Transkript des Videos von PD Dr. Martin Hartmann, Heidelberg

Schönen guten Tag,

hier ist Martin Hartmann aus dem Klinikum Heidelberg. Es geht heute um den 15. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin, der vom 16. bis 19. Juni 2021 virtuell stattgefunden hat.

Ein Schwerpunkt auf dem Kongress war die Coronavirus-Infektion. Hierüber möchte ich zusammenfassend berichten.

Leitliniengerechte Intensivmedizin

Wie sieht es momentan mit der leitliniengerechten Intensivmedizin aus? Dr. Jakob Malin von der klinischen Infektiologie der Klinik für Innere Medizin, Köln, konnte zeigen, dass Dexamethason als entzündungshemmende Therapie sowie die Antikoagulation in die Standardbehandlung Eingang gefunden haben.

Bei Remdesivir ist die Hoffnung gewesen, dass es breit antiviral wirksam ist. Der klinische Erfolg ist nicht so überzeugend wie es die ersten Studienergebnisse gezeigt haben.

Neue Wirkstoffe

Dr. Agata Mikolajewska, Robert-Koch-Institut, Berlin, zeigte auf, wie es in der Therapie weiter gehen kann. Am weitesten fortgeschritten sind Studien zum JAK-Inhibitor Baricitinib, der bislang für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis und der atopischen Dermatitis zugelassen ist. Die JAK-Inhibitoren können die intrazelluläre Entzündungskaskade hemmen.

Ein weiterer JAK-Hemmer, Tofacitinib, befindet sich bei COVID-19 in klinischer Prüfung.

Molnupiravir ist ein breit antiviral wirkender Hemmer der RNA, der oral gegeben werden kann und sich noch in klinischer Prüfung befindet.

Wir werden künftig also mehrere Medikamente zur Behandlung der Entzündungsreaktionen haben.

Antikörper-Antwort

Dr. Petra Emmerich vom Bernard-Nocht-Institut, Hamburg, zeigte Daten, dass bei leichten bis mittelschweren COVID-19-Erkrankungen die Antikörperantwort sehr variabel ist. Erst durch eine Impfung kann sie gleichlaufend gesteigert werden.

Sie konnte auch zeigen, dass es einen Unterschied zwischen den nukleären Antworten der natürlich erworbenen Infektion und nach einer mRNA-Impfung gibt.

Die Antwort der neutralisierenden Antikörper hält über 12 Monate an, so dass so lange von einem Schutz auszugehen ist.

SARS-CoV-2-Varianten

Von Prof. Dr. Christian Drosten, Charité Berlin, gab es einen Überblick zu den neuen SARS-CoV-2-Varianten, vor allem zur Delta-Virusinfektion. Er verglich die Situation, die wir jetzt in Deutschland haben, mit der in Großbritannien vor einigen Wochen. Er hatte die Hoffnung, dass wir aufgrund der niedrigen Inzidenz, aber auch der Sommerferien eventuell keinen so steilen Anstieg haben wie Großbritannien.

Die Impfung schützt vor der Delta-Virusinfektion, allerdings erst nach der 2. Gabe. Der Schutz nach der 1. Impfung liegt bei gut 70%. Das erklärt vielleicht, warum wir in Großbritannien so einen steilen Anstieg haben.

Die Delta-Variante führt bei Infektion zu einer etwas höheren Hospitalisierungsrate, aber nicht zu einem schwereren Verlauf. Deshalb können wir hoffen, dass die Komplikationsrate nicht steil ansteigt.

Vorgehen der STIKO

Im Folgevortrag erläuterte Prof. Dr. Thomas Mertens, Vorsitzender der STIKO, das Vorgehen der STIKO – in der Regel eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung. Am Beispiel der Priorisierung erläuterte Mertens, dass die Prio-Gruppe 1 am stärksten durch die Impfung profitiert und deshalb vorgezogen werden sollte. Nachdem die Prio-Gruppen 2 und 3 die Impfung hatten, konnte die Priorisierung aufgehoben werden.

Die einzige nicht evidenzbasierte Entscheidung war die Empfehlung der Hybrid-Impfung, also nach dem Bekanntwerden der Nebenwirkungen nach Gabe des Impfstoffs von AstraZeneca als 2. Impfung bei den Jüngeren einen mRNA-Impfstoff anzuwenden.

Es gibt jetzt Daten einer spanischen Studie, dass die Immunantwort dieser Hybrid-Impfung mit Impfstoff von AstraZeneca und Biontech eine stärkere Antwort auslöst als 2 Gaben von AstraZeneca-Impfstoff. Es scheint sich also zu bestätigen, dass das Vorgehen sinnvoll gewesen ist.

Er verteidigte auch die Nichtempfehlung der STIKO bei Kindern und Jugendlichen, weil Kinder häufig nicht schwer erkranken außer wenn sie schon Vorerkrankungen haben. Die Hospitalisierungsrate lieg bei 1% und die Letalität unter 0,01%.

Insgesamt kann man sagen, dass COVID-19 bei Kindern ähnlich wie die Influenza verläuft.

Impfstoff-Entwicklung

Prof. Dr. Leif Erik Sander, Charité Berlin, zeigte, wie es mit den Impfstoffen weitergeht. Derzeit sind 17 Impfstoffe zugelassen (Stand 14.6.2021). 7 Impfstoffe sind von der WHO empfohlen worden. 35 weitere Impfstoffe befinden sich in der klinischen Prüfung Phase 3, so dass zu hoffen ist, dass die Palette breiter wird.

Er konnte auch Daten zur Booster-Impfung zeigen, dass zusätzliche Impfungen gegeben werden können. Dies ist vor allem bei älteren Menschen wichtig, weil dort die Impfantwort schwächer ist als bei den Jüngeren, oder bei Virusvarianten mit entsprechend abgewandelten Impfstoffen.

Prof. Dr. Patricia Schlagenhauf, Zürich, sagte, dass davon auszugehen ist, dass die Wirkung der Impfung 1 Jahr anhält und nicht nur 6 Monate, wie bislang vermutet. In der Schweiz ist die Empfehlung auf 1 Jahr erweitert worden. Man kann also hoffen, dass wir dieses Jahr keine Booster-Impfung dringlich brauchen und wir in Ruhe auf die Entwicklung der Varianten warten können.

Das war es zur Coronavirus-Infektion.

Vielen Dank fürs Zuhören.
 

Kommentar

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