Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) begrüßen die geplante Zulassungserweiterung der Impfung gegen COVID-19 für Kinder und Jugendliche. Sie betonen aber auch die Notwendigkeit einer sorgfältigen Nutzen- und Risikoabwägung. Die Corona Task Force der DGKJ wägt in ihrer aktuellen Einschätzung zwischen Impfschutz und Krankheitslast, zwischen Eigen- und Fremdnutzen ab und bewertet die vorliegenden Studiendaten [1].
Kinder und Jugendliche leiden nach Einschätzung der Task Force am wenigsten unter einer Infektion mit SARS-CoV2, aber wohl am deutlichsten und wahrscheinlich am nachhaltigsten unter den Pandemie-bedingten Einschränkungen.
Aktuell (Stand 20. Mai 2021) ist noch kein Impfstoff für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren in Deutschland zugelassen. Die STIKO weist darauf hin, dass das BioNTech/Pfizer-Vakzin (Comirnaty®) ab 16 Jahren zugelassen ist, alle anderen COVID-19-Impfstoffe ab einem Alter von 18 Jahren. Die Zulassung für den BioNTech/Pfizer-Impfstoff für die Altersgruppe 12 bis 15 Jahre ist bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA beantragt und wird noch im Mai erwartet.
Während die Task Force die schnelle Zulassung von Impfstoffen für Kinder und Jugendliche durch die Impfstoff-Hersteller grundsätzlich begrüßt, äußert sie sich zum unmittelbaren Nutzen einer Schutzimpfung zurückhaltender. Für Kinder und Jugendliche sei der unmittelbare Nutzen im Hinblick auf die Krankheitslast von COVID-19 – also Infektionsschwere, Komplikations- und Sterberate – im Vergleich zu Erwachsenen als „gering einzuschätzen“, heißt es in dem Schreiben. Dennoch hätten Kinder und Jugendliche ein Recht auf Erhaltung ihrer Gesundheit und das könne auch den Schutz durch eine Impfung einschließen.
Datenlage zur Nutzen-/Risiko-Abwägung derzeit noch limitiert
Die aktuell bekannten Daten aus der Zulassungsstudie von BioNTech/Pfizer basierten auf einer Zahl von 1.131 Kinder und Jugendlichen, die geimpft wurden, mit einer naturgemäß begrenzten Nachbeobachtungsdauer. Die Task Force weist daraufhin, dass eine verlässliche Nutzen-/Risiko-Abwägung nur bei ausreichender Datenlage erfolgen kann, diese aber aktuell noch limitiert ist.
Neben dem individuellen Impfschutz sieht die Task Force auch einen mittelbaren Nutzen der Impfung, wenn daraus Konsequenzen für Schulöffnungsstrategien und die Teilhabe am gesellschaftlichen Dasein gezogen werden. Die Daten vieler Haushalts-Kontaktstudien und Kontaktnachverfolgungen der Gesundheitsämter zeigten allerdings, dass ein Schulbesuch auch ohne Impfung bei konsequenter Umsetzung der Hygienemaßnahmen weitgehend gefahrlos erfolgen könne.
Die Task Force erinnert auch daran, dass eine allgemeine Impfempfehlung primär nicht dem Eigennutz des geimpften Kindes diene, sondern dem Schutz der Erwachsenen vor Transmission und Erkrankung – aus Sicht des Kindes also dem Fremdnutzen. Die Experten stufen deshalb eine Priorisierung des Impfangebotes an die Kontaktpersonen der Kinder und Jugendlichen (Angehörige, Erzieher, Lehrer etc.) als sinnvoller ein, besonders dann, wenn für sie ein erhöhtes Risiko angenommen werden muss.
„Wir begrüßen ausdrücklich eine Zulassungserweiterung für Kinder und Jugendliche und die damit verbundenen, erweiterten Impfmöglichkeiten, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen mit Risikofaktoren oder in besonderen Situationen, die zu einem unmittelbaren Eigennutzen führen. Wir betonen allerdings gleichzeitig die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung und Bewertung von erwartetem Nutzen und Risiko und verweisen auf die zu erwartende Impfempfehlung der STIKO nach Zulassung“, schreibt die Task Force.
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Diesen Artikel so zitieren: Task Force der DGKJ zu Corona-Impfung bei Kindern: Die Risiko-Nutzen-Abwägung in dieser Altersgruppe ist anders - Medscape - 21. Mai 2021.
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