Senkt der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin bei hospitalisierten Patienten mit COVID-19 das Risiko für ein Organversagen oder den Tod im Vergleich zu Placebo? Eine Studie fand keinen signifikanten Effekt. Allerdings: Organversagen trat in allen Subgruppen bei zahlenmäßig weniger Patienten unter Dapagliflozin als unter Placebo auf. Das geht aus der DARE-19-Studie (Dapagliflozin in respiratory failure in patients with COVID-19) hervor. Beim virtuellen Jahreskongress des American College of Cardiology (ACC 21) stellte Dr. Mikhail Kosiborod, Saint Luke's Mid America Heart Institute, Kansas City, wichtige Ergebnisse vor [1].

Dr. Mikhail Kosiborod
Ein weiterer Befund der Studie: Schwere Nebenwirkungen wie akutes Nierenversagen und Ketoazidose waren in der Dapagliflozin-Gruppe seltener. Kosiborods Schlussfolgerung lautet deshalb: „Diese Ergebnisse unterstützen nicht die teilweise erhobene Forderung, SGLT2-Hemmer bei COVID-19 abzusetzen, so lange die Patienten überwacht werden.“
Diskutant Dr. James Januzzi vom Massachusetts General Hospital, Boston, bezeichnete die Arbeit als wichtig und von hoher Qualität. Sie habe bewiesen, dass es möglich sei, große, multizentrische, internationale Studien in kurzer Zeit durchzuführen. Und Dapagliflozin habe durchaus einen deutlichen organprotektiven Effekt gezeigt.
Als eines der wichtigsten Ergebnisse bezeichnete Januzzi den Nachweis der guten Verträglichkeit von Dapagliflozin: „Man kann Dapagliflozin COVID-19-Patienten weiter geben und muss es nicht absetzen.“
Organprotektive Wirkung bei COVID-19 nutzbar?
SGLT2-Hemmer haben in einer Reihe von randomisierten Studien reno- und kardioprotektive Effekte bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, Herzinsuffizienz oder chronischer Nierenerkrankung gezeigt. Daher ging die internationale Forscherguppe der Frage nach, ob SGLT2-Hemmer wie Dapagliflozin auch bei COVID-19 ein Organversagen verhindern und die Erholung der Patienten günstig beeinflussen.
Zwischen April 2020 und Januar 2021 wurden an 95 Zentren in 7 Ländern insgesamt 1.250 Patienten rekrutiert. Sie wurden wegen COVID-19 stationär behandelt und hatten mindestens einen Risikofaktor wie Hypertonie, Typ-2-Diabetes, atherosklerotische Gefäßerkrankungen, Herzinsuffizienz oder chronische Nierenerkrankungen.
Randomisiert erhielten je 625 Patienten zusätzlich zur Standardtherapie Dapagliflozin 10 mg/Tag oder Placebo über 30 Tage.
Die Studie hatte 2 primäre Endpunkte, nämlich Prävention von Organversagen und Erholung von der Erkrankung, jeweils bis Tag 30.
Die Häufigkeit von schweren respiratorischen, kardiovaskulären oder renalen Ereignissen sowie von Todesfällen betrug 11,2% unter Dapagliflozin (70 Ereignisse) und 13,8% unter Placebo (86 Ereignisse). Der Unterschied war sttaistisch nicht signifikant (Hazard Ratio [HR]: 0,80, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,58-1,10, p=0,168).
Bei allen Komponenten dieses Endpunkts waren die Zahlen in der Dapagliflozin-Gruppe aber besser:
Neu auftretende oder sich verschlechternde Organfunktionsstörung: Dapagliflozin 64 Patienten, Placebo 80 Patienten, HR 0,80
Respiratorische Dekompensation: Dapagliflozin 58, Placebo 70, HR 0,85
Kardiale Dekompensation: Dapagliflozin 47, Placebo 58, HR 0,81
Nieren-Dekompensation: Dapagliflozin 24, Placebo 36, HR 0,65
Tod jeder Ursache: Dapagliflozin 41, Placebo 54, HR 0,77
Die Erholung war ebenfalls zwischen den beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich (p=0,14).
Schwere Nebenwirkungen traten bei 65 Patienten unter Dapagliflozin und bei 82 Patienten unter Placebo auf. Zu einem akuten Nierenversagen kam es bei 21 Patienten der Dapagliflozin- und bei 34 Patienten der Placebo-Gruppe. Eine diabetische Ketoazidose trat bei 2 Patienten unter Dapagliflozin auf (Placebo kein Patient).
Medscape Nachrichten © 2021
Diesen Artikel so zitieren: DARE-19-Studie: Wie wirkt Dapagliflozin bei COVID-19? Etwas Organschutz, aber auf jeden Fall nicht schädlich - Medscape - 20. Mai 2021.
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