ADAPTABLE zur Sekundärprävention mit ASS: Egal ob 81 oder 325 mg – kein Unterschied bei Wirkung oder Nebenwirkungen

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

18. Mai 2021

Die „Baby-Dosis“ von 81 mg Acetylsalicylsäure (ASS) täglich erwies sich in der Sekundärprävention bei Patienten mit atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung als ähnlich wirksam und verträglich wie die tägliche Dosis von 325 mg, so das Ergebnis der offenen ADAPTABLE-Studie. Sie wurde von Dr. William Schuyler Jones, Duke University School of Medicine, Durham, beim virtuellen Jahreskongress des American College of Cardiology (ACC 21) vorgestellt und parallel im New England Journal of Medicine publiziert [1,2].

Jones‘ Fazit: „Wenn wir mit einer ASS-Therapie beginnen, sollten wir die niedrige Dosis geben, denn es gibt keine klare Evidenz dafür, dass die höhere Dosis besser wirkt.“

 
Wenn wir mit einer ASS-Therapie beginnen, sollten wir die niedrige Dosis geben, denn es gibt keine klare Evidenz dafür, dass die höhere Dosis besser wirkt. Dr. William Schuyler Jones
 

Dr. William Schuyler Jones

Eine Besonderheit der Studie war, dass die Autoren innovative und kostengünstige Methoden zur Identifizierung, Rekrutierung und Nachverfolgung der Patienten einsetzten – die Studie fand vorwiegend virtuell statt. Dies wird im begleitenden Editorial von Prof. Dr. Colin Baigent, Universität von Oxford, im England Journal of Medicine auch als eine der wichtigsten Lehren aus der Studie bezeichnet [3]. Damit könnte nun diese Methodik weiter ausgearbeitet und verbreitet eingesetzt werden.

Der Vergleich der Wirksamkeit und Verträglichkeit der beiden Dosierungen wurde allerdings dadurch beeinträchtigt, dass 41,6% der Patienten aus der Gruppe mit ASS 325 mg/Tag auf die niedrige Dosis umstellten. Damit könne – so Baigent – ein Unterschied in Wirksamkeit und Verträglichkeit der beiden Dosierungen nicht ausgeschlossen werden.

„Darüber hinaus kann daraus auch nicht geschlossen werden, dass das Fehlen eines signifikanten Unterschieds zwischen den beiden Dosierungsgruppen eine Äquivalenz der Wirksamkeit der Dosierungen bedeutet“, so Baignent. Möglicherweise hätte die Problematik durch eine vorher durchgeführte Pilot-Studie erkannt werden können.

ASS zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse

ASS ist eines der am häufigsten eingesetzten Arzneimittel. Bei Patienten mit atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen wird es zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse verwendet. Die Studienlage zur besten Dosierung in der Prävention ist aber erstaunlicherweise relativ dünn. Aus Beobachtungsstudien und Post-hoc-Analysen liegen widersprüchliche Ergebnisse vor.

 
Daraus kann nicht geschlossen werden, dass das Fehlen eines signifikanten Unterschieds zwischen den beiden Dosierungsgruppen eine Äquivalenz der Wirksamkeit der Dosierungen bedeutet. Prof. Dr. Colin Baigent
 

Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfehlen niedrig dosierte ASS zur Prävention, während sich die Leitlinien der amerikanischen Fachgesellschaften nicht festlegen, sie schlagen eine Erhaltungsdosis zwischen 81 und 325 mg ASS täglich vor.

Daher wurden in der ADAPTABLE-Studie Wirksamkeit und Verträglichkeit der beiden ASS-Dosierungen bei Patienten mit atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung und mindestens einem Risikofaktor, z.B. Alter über 65 Jahre, Diabetes mellitus, Raucher oder hoher Blutdruck, verglichen.

Große webbasierte Studie

Die Patienten wurden mit Hilfe einer Analyse der elektronischen Krankenakte identifiziert. Sie erfassten ihre demografischen Daten selbst. Klinische Daten und Krankengeschichte wurden mit einer spezifischen Abfrage erhoben.

Über das Patientenportal wurden die Patienten der 81-mg- oder der 325-mg-Gruppe zugewiesen. Die Medikation kauften die Patienten selbst. Sie erhielten als Unterstützung 25 US-Dollar.

Die Studienteilnehmer wurden während der gesamten Studie virtuell und telefonisch begleitet.

Neu in der Studie war die Einbeziehung von „Patientenpartnern“. Von jedem Zentrum wurde ein Patient als Mitglied der Studienorganisation nominiert.

Niedrige und höhere Dosierung vergleichbar wirksam

Primärer Wirksamkeitsendpunkt war die Kombination aus Gesamtsterblichkeit, Hospitalisierung wegen Herzinfarkt oder wegen Schlaganfall. Primärer Sicherheitsendpunkt war eine Hospitalisierung wegen schwerer Blutungen mit Transfusionsbedarf.

In die 81-mg-Gruppe wurden 7.540 Patienten, in die 325-mg-Gruppe 7.536 Patienten eingeschlossen. Die demografischen Parameter der beiden Gruppen waren vergleichbar. Das mediane Alter lag bei 67,5 Jahren, etwa 31% waren Frauen.

Vor der Studie verwendeten 85% bereits ASS 81 mg/Tag und 12,2% 325 mg/Tag. Der Rest nahm 162 mg/Tag. Eine duale plättchenhemmende Therapie setzten 22,5% ein.

Bei rund 40% war eine perkutane koronare Intervention, bei 23,5% eine Bypass-Operation durchgeführt worden. Gut 35% hatten bereits einen Herzinfarkt erlitten.

Wie die Tabelle zeigt, unterschieden sich nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 26,2 Monaten Wirksamkeit und Verträglichkeit der beiden Dosierungen nicht.

Kommentar

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