Warum ein Ovarialkrebs-Screening nicht lohnt, aber der Blick auf Finger- und Fußnägel – und Updates zum Prostatakrebs

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

18. Mai 2021

Im Onko-Blog dieser Woche geht es u.a. um das Ovarialkarzinom. Hier bestätigen neue Daten die derzeitigen Empfehlungen, auf ein generelles Screening der Normalbevölkerung zu verzichten. Beim Hautkrebs-Screening sollte man die Nägel nicht vergessen. Epo nutzt zur Vermeidung einer erektilen Dysfunktion nach Prostatektomie nichts. Und: Für die S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom ist eine umfassend überarbeitete Neufassung verfügbar.

  • Adipositas-assoziierte Tumore: Zunehmendes Übergewicht in Bevölkerung bremst Abnahme der Sterblichkeit

  • Ovarialkarzinom: Generelles Screening weiterhin nicht empfohlen

  • Hautkrebs-Screening: Nägel nicht vergessen!

  • Prostatakrebs: Erythropoetin perioperativ rettet Erektionsfähigkeit nicht

  • Prostatakarzinom: Update der S3-Leitlinie online verfügbar

Adipositas-assoziierte Tumore: Zunehmendes Übergewicht in Bevölkerung bremst Abnahme der Sterblichkeit

Die Adipositas-Epidemie verlangsamt möglicherweise die Abnahme der Sterblichkeit über die Zeit bei bestimmten Krebserkrankungen – ein Phänomen, das von Herzerkrankungen bekannt ist.

Eine US-amerikanische Forschergruppe von der Universität von North Carolina in Chapel Hill berichtet in JAMA Netw Open, dass nach 4 Jahrzehnten des Rückgangs der kardialen Sterblichkeit sich dieser Trend ab dem Jahr 2011 verlangsamte, was mit der Zunahme von Adipositas und Übergewicht in der Bevölkerung erklärt wird.

Mit Hilfe der CDC-Datenbank WONDER untersuchten sie nun anhand der Daten von 50 Mio. Verstorbenen aus den Jahren 1999 bis 2018, ob es auch eine Verbindung zwischen Übergewicht und Krebssterblichkeit gibt.

Betrachtet man die Gesamtsterblichkeit infolge aller Krebserkrankungen, stieg die jährliche Abnahme der altersadjustieren Sterblichkeit (AAMR) von -1,48/100.000 zwischen 1999 und 2011 auf -1,77/100.000 zwischen 2011 und 2018; d.h. die Sterblichkeit hatte also im 2. Zeitraum stärker abgenommen als im ersten.

Die Analyse betrachtete dann Adipositas-assoziierte und nicht mit Adipositas-assoziierte Krebserkrankungen: Die jährliche Veränderung der AAMR bei nicht mit Adipositas assoziierten Krebserkrankungen folgte dem Trend für alle Krebserkrankungen: Die jährliche Abnahme der AAMR stieg von -1,62/100.000 (1999-2011) auf -2,29 (2011 bis 2018).

Bei den mit Adipositas assoziierten Krebserkrankungen verlangsamte sich dagegen die Abnahme der AAMR von -1,19/100.000 (1999-2011) auf -0,83/100.000 (2011-2018).

Die Sterblichkeit sank bei Melanomen und Lungenkrebs – beide nicht mit Übergewicht assoziiert – am stärksten. Bei Leber-, Pankreas- und Endometrium-Karzinomen, die als assoziiert mit Übergewicht und Adipositas gelten, wurden bei Männern und Frauen dagegen stabile oder sogar steigende Sterblichkeitsraten beobachtet.

Ovarialkarzinom: Generelles Screening weiterhin nicht empfohlen

Kann ein Screening und die Früherkennung beim Ovarialkarzinom die Prognose der Patientinnen bessern? Bislang wird aufgrund u.a. der Befunde der UKCTOCS-Studie in den aktuellen S-3-Leitlinien zum Ovarialkarzinom ein generelles Screening der Bevölkerung mit CA-125-Bestimmung und transvaginalem Ultraschall nicht empfohlen. Neue Langzeitergebnisse der gleichen Studie, publiziert im Lancet, bestätigen dies nun.

Zwischen April 2001 und September 2005 waren über 200.000 Frauen in die prospektive Studie eingeschlossen worden. 25% wurden jährlich multimodal gescreent (MMS-Gruppe), bei 25% wurde jährlich einmal ein transvaginaler Ultraschall vorgenommen und 50% wurden gar nicht gescreent.

In einer Nachbeobachtungszeit von nunmehr 16,3 Jahren war bei 2.055 Frauen ein Tuben- oder Eierstockkarzinom diagnostiziert worden, und zwar bei 1,0% in jeder Gruppe. In der MMS-Gruppe waren jedoch um 39,2% mehr Erkrankungen im Stadium I und II bei der Entdeckung als in der Gruppe ohne Screening, entsprechend waren Erkrankungen im Stadium III oder IV seltener (-10,2%). Doch in beiden Gruppen starben gleich viele, nämlich 0,6% der betroffenen Frauen, an der Erkrankung.

Das Fazit der Autoren: „Die Senkung der Inzidenz von Erkrankungen im Stadium III oder IV in der MMS-Gruppe reichte nicht aus, um mehr Leben zu retten, was auch die Bedeutung der Krebssterblichkeit als primärem Endpunkt in Screening-Studien verdeutlicht. Weil ein Screening Todesfälle durch Eierstock- und Tubenkarzinome nicht signifikant reduziert, kann ein allgemeines Bevölkerungsscreening nicht empfohlen werden.“

Hautkrebs-Screening: Nägel nicht vergessen!

Noch mehr News zum Screening – diesmal beim Hautkrebs: Dieser, einschließlich Melanom, kann sich auch unter und um Finger- und Zehennägel entwickeln. Insgesamt ist dies selten, doch bei Älteren und bei Menschen mit farbiger Haut wird ein Hautkrebs an den Nägeln häufiger beobachtet.

Deshalb rät die American Academy of Dermatology in einer Pressemitteilung , beim Screening auch sorgfältig auf die Finger- und Zehennägel zu achten. Besonders sollte auf folgende Veränderungen geachtet werden:

  • dunkle Streifen, die z. B. wie ein braunes oder schwarzes Band im Nagel aussehen – oft am Daumen oder am großen Zeh der dominanten Hand oder des dominanten Fußes

  • dunkle Haut neben dem Nagel

  • Abheben des Nagels vom Nagelbett

  • Nagelspalt in der Mitte des Nagels

  • Beulen oder Knoten unter den Nägeln

Prostatakrebs: Erythropoetin perioperativ rettet Erektionsfähigkeit nicht

Perioperativ appliziertes Erythropoetin hatte keinen Einfluss auf die erektile Funktion bei Männern, dies sich wegen eines Prostatakarzinoms einer Prostatektomie unterziehen mussten.

Dies ist das Ergebnis der doppelblinden, randomisierten placebo-kontrollierten Phase-2-Studie ERECT, deren Ergebnisse eine US-amerikanische Arbeitsgruppe im Journal of Urology publiziert hat.

Eine erektile Dysfunktion beeinträchtigt die Lebensqualität von Männern, die sich einer radikalen Prostatektomie wegen Krebs unterziehen müssen, erheblich. Weil präklinische und retrospektive Daten darauf hindeuteten, dass Erythropoetin hilfreich sein könnte, untersuchte die Arbeitsgruppe bei 56 Patienten dessen Wirkung im Vergleich zu Placebo. Die Patienten erhielten je 20.000 IE Erythropoetin oder Kochsalzlösung am Tag vor der OP, am OP-Tag sowie am Tag danach subkutan injiziert.

Die IIEF-EF-Werte (Erectile Function-Erectile Function Domain) unterschieden sich in den beiden Gruppen zu den verschiedenen Erhebungszeitpunkten jedoch nicht.

Prostatakarzinom: Update der S3-Leitlinie online verfügbar

Das inzwischen 5. und sehr umfangreiche Update der „S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom“ wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) erstellt und ist ab sofort online abrufbar.

Grundlegende Änderungen und Neuerungen gab es in insgesamt 4 Kapiteln unter anderem zu folgenden Themen: Früherkennung, multiparametrische MRT (mpMRT) in der Primärdiagnostik, Brachytherapie, fokale Therapie, adjuvante Strahlenbehandlung, lokale Therapien beim oligometastasierten Prostatakarzinom und PSMA-PET/CT in der Ausbreitungsdiagnostik.

Die Kapitel zur systemischen Therapie (hormon-sensitives und kastrationsrefraktäres metastasiertes sowie nicht-metastasiertes kastrationsrefraktäres Prostatakarzinom) wurden vollständig überarbeitet.

Außerdem wurde auf Basis der aktuellen Evidenz ein neues Kapitel zur lokalen Therapie bei metastasiertem Prostatakarzinom erarbeitet.

„Die neuen Empfehlungen zur mpMRT in der Primärdiagnostik, zum PSMA-PET für den Nachweis von Prostatakarzinom-Metastasen und vor allem die komplette Überarbeitung der Kapitel zur systemischen Therapie auf der Basis neuer Evidenz zählen zu den wichtigsten Neuerungen dieser Leitlinien-Aktualisierung“, erläuterte Leitlinienkoordinator und DGU-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm, Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik in Jena, in einer Pressemitteilung.

Herausgeber der S3-Leitlinie Prostatakarzinom ist das Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und der Deutschen Krebshilfe (DKH).

 

Kommentar

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