Fall: 62-Jähriger mit Synkopen und 190er-Puls glaubt, er habe „nur“ Corona-Angst. Leider ist er nicht früher zum Arzt gegangen 

Ankit Raiyani

Interessenkonflikte

6. Mai 2021

Wegen des starken klinischen Verdachts auf eine Amyloidose wurden in diesem Fall weitere Untersuchungen des Patienten angeordnet. Die Bestimmung der freien Leichtketten im Serum ergab folgende Ergebnisse:

  • freie Kappa-Leichtketten: 6,3 mg/l (normal 3,3–19,4 mg/l)

  • freie Lambda-Leichtketten: 1360 mg/lL (normal 5,71–26,3 mg/l)

  • Kappa-/Lambda- Leichtketten-Quotient: 0,0046 (normal 0,26–1,65).

Bei der Immunfixationselektrophorese des Serums wurde eine monoklonale Lambda-Leichtkettenbande nachgewiesen. Die Knochenmark-Untersuchung ergab keinen Hinweis auf eine Plasmazell-Erkrankung. Der CRP-Wert war normal, und auch der Rheumafaktor lag im Normbereich. Die Ergebnisse der Nierenbiopsie wiesen auf Amyloid-Ablagerungen hin. Aufgrund dieser Befunde wurde eine AL- oder Leichtketten-Amyloidose diagnostiziert.

Die Prognose der Erkrankung hängt vom Grad der kardialen Beteiligung ab. Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz sind die häufigsten Todesursachen von Patienten mit AL-Amyloidose. Bei einem ausgedehnten kardialen Befall beträgt die mittlere Überlebenszeit selbst bei optimaler Therapie nur 9 bis 15 Monate [8].

Therapieoptionen

Derzeit ist keine Therapie verfügbar, die auf die Beseitigung der Amyloid-Ablagerungen abzielt. Daher richten sich die therapeutischen Anstrengungen auf die zugrunde liegende klonale Plasmazelldyskrasie, um die Produktion der amyloidogenen Leichtketten möglichst schnell zu reduzieren und die fortschreitende Schädigung der von Amyloid-Ablagerungen betroffenen Organe zu begrenzen.

Kombinationstherapien, die beim multiplen Myelom eingesetzt werden, sind auch bei der AL-Amyloidose wirksam. Eine etablierte Standardkombination existiert nicht. Bortezomib (ein Proteasom-Inhibitor) ist in der Regel das Basismedikament, das mit Dexamethason, Daratumumab und/oder anderen Medikamenten kombiniert wird [9,10].

Eine autologe Stammzell-Transplantation ist die wirksamste Therapie, wird aber von Patienten mit starker kardialer Beteiligung nicht toleriert, sodass nur etwa 20% der Betroffenen für diese Behandlung infrage kommen. Diese Patienten werden dann mit dem hochdosiertem Zytostatikum Melphalan vorbehandelt, woran sich die autologe Stammzelltransplantation anschließt [11,12]. Anders als beim multiplen Myelom bringt eine Erhaltungstherapie bei der primären Amyloidose keinen Vorteil [13].

Viele neue Wirkstoffe, die auf die Amyloid-Ablagerungen abzielen und in die Amyloidogenese eingreifen, werden aktuell erprobt. Einige von diesen zeigen vielversprechende Ansätze, welche die Ergebnisse von Patienten im fortgeschrittenen Stadium verbessern könnten, wie etwa:

  • 4′-Iodo-4′-Deoxydoxorubicin

  • Doxycyclin [14]

  • Epigallocatechingallat (Polyphenol aus grünem Tee) [15]

  • CPHPC (kompetitiver Inhibitor von Amyloid P) [16]

  • NEOD001 (monoklonaler Antikörper gegen Amyloid P) [17].

Der Patient in diesem Fall erhielt einen  Kardioverter/Defibrillator implantiert, um das Risiko für einen plötzlichen arrhythmogenen Herztod zu senken. Er erhielt 4 Zyklen einer Kombinationstherapie, was seine Lebensqualität deutlich verbesserte. Seine kardiale Beteiligung war recht ausgedehnt, sodass eine Hochdosis-Melphalan-Therapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation bei ihm nicht infrage kam. Derzeit befindet sich der Patient in regelmäßiger Nachsorge.

Kommentar

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