Fall: 62-Jähriger mit Synkopen und 190er-Puls glaubt, er habe „nur“ Corona-Angst. Leider ist er nicht früher zum Arzt gegangen 

Ankit Raiyani

Interessenkonflikte

6. Mai 2021

Neben der systemischen Amyloidose ist die zweitwahrscheinlichste Differenzialdiagnose die diabetische Nephropathie mit einer autonomen Neuropathie. Ein schlecht eingestellter Typ-2-Diabetes kann Endorganschäden verursachen. Das Herz, die Nieren, das periphere und autonome Nervensystem und die Blutgefäße gehören dabei zu den am häufigsten betroffenen Organen [2].

Differentialdiagnose

Die diabetische Nephropathie kann bei abnehmender Nierenfunktion auch eine Proteinurie mit nachfolgender Anasarka, Herzversagen, ausgeprägter Müdigkeit und Niereninsuffizienz auslösen [3,4]. Eine autonome Neuropathie würde auch Symptome wie die posturale Hypotonie, die Palpitationen und den häufigen weichen Stuhlgang bei diesem Patienten erklären.

Aber: Seine Neigung zu blauen Flecken, die rezidivierenden Herzrhythmusstörungen, die Niedervoltage im EKG und die Makroglossie lassen sich nicht als Diabetesfolgen erklären.

Bei der exsudativen Enteropathie kommt es zu einem übermäßigen Eiweißverlust im Gastrointestinaltrakt. Als Ursache kommen Dutzende Erkrankungen infrage, wozu nicht zuletzt fast alle gastrointestinalen Erkrankungen gehören. Der Verdacht kann bei niedrigen Serum-Eiweißwerten aufkommen, wenn andere Ursachen der Hypoproteinämie ausgeschlossen wurden [5].

Die registrierten Ödeme an den Beinen und periorbital lassen sich zusammen mit den niedrigen Serumproteinwerten durch eine exsudative Enteropathie ebenfalls erklären. Sehr weicher Stuhl kann auf eine zugrunde liegende gastrointestinale Erkrankung hindeuten. Palpitationen sind bei einer Herzinsuffizienz mit schwerer Hypoproteinämie gut möglich.

Aber: Die Blutergüsse, die Makroglossie und die Herzrhythmusstörungen des Patienten sind mit einer exsudativen Enteropathie nicht in Einklang zu bringen.

Bindegewebserkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes können auch die Nieren befallen. Bei der Lupus-Nephritis schädigt die Autoimmunreaktion die Nierentubuli. Eine Proteinurie entwickelt sich bei fast allen Betroffenen und erreicht bei fast 50% der Patienten nephrotische Ausmaße [6]. Der Verlust von Serumproteinen im Urin kann zu Anasarka, Herzinsuffizienz, ausgeprägter Müdigkeit und Nierenversagen führen. Bluthochdruck, Hämaturie und granulierte Zylinder sind Symptome bei der Mehrzahl der Patienten mit Lupus-Nephritis.

Aber: Diese Befunde fehlen bei diesem Patienten. Zudem lassen sich darüber die anderen Symptome des Patienten wie die Makroglossie, die Neigung zu Blutergüssen, der häufige Durchfall und die posturale Hypotonie nicht erklären.

Ganz ähnlich ist es beim nephrotischen Syndrom: Es kann vielfältige Ursachen haben und zu Anasarka, Herzinsuffizienz, starker Müdigkeit und Nierenversagen führen.

Aber: Es verursacht keine Arrhythmie, keine Makroglossie und kann auch nicht zur Begründung der Hämatomneigung, der häufigen Durchfälle und der posturalen Hypotonie des Patienten herangezogen werden.

Das Vorgehen bei der systemischen Amyloidose bzw. einem entsprechenden Verdacht besteht aus diesen Schritten [1]:

  • Bestätigung der Diagnose

  • Klassifizierung der Amyloidose

  • Beurteilung der Endorganschäden.

Die Diagnose wird durch Biopsie eines der betroffenen Organe (z.B. Haut, Niere, Bauchfett oder Knochenmarkstanze) gesichert. Das Amyloid wird mit Kongorot angefärbt (s. Abb. 1) und zeigt unter dem Polarisationsmikroskop eine charakteristische apfelgrüne Doppelbrechung (s. Abb. 2). Dieser Befund bestätigt das Amyloid und gilt allgemein als praktisch beweisend für die Diagnose Amyloidose [7].

Die Klassifizierung der AL-Amyloidose umfasst folgende Untersuchungen:

  • Immunofixationselektrophorese

  • Bestimmung freier Leichtketten im Serum

  • Knochenmarkpunktion und Biopsie

  • Ganzkörper-PET/CT-Scan.

Eine AA-Amyloidose wird über folgende diagnostische Maßnahmen diagnostiziert:

  • Bestimmung von CRP, BSG und Ferritin

  • Bestimmung der Rheumafaktoren

  • Ausschluss einer Tuberkulose.

Endorgan-Schädigungen werden mithilfe der folgenden apparativen oder Laboruntersuchungen ermittelt:

  • Kreatinin i.S., eGFR (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate), Eiweiß im 24-Stunden-Sammelurin

  • großes Blutbild, Prothrombinzeit und partielle Thromboplastinzeit

  • Leberwerte

  • EKG

  • NT-proBNP- und Troponin-T/-I-Werte

  • Test auf okkultes Blut im Stuhl

Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit.

Kommentar

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